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Ein faszinierender Fund wirft neues Licht auf die vorchristliche Religion in Skandinavien und das Vordringen des frühen Christentums nach Norwegen. In der norwegischen Presse findet der Fund sehr große Beachtung, z. B. in der Osloer Aftenposten Fant hedensk helligdom uten sidestykke. Besonders hervorgehoben wird, dass der Tempel offenbar absichtlich vor den vordringenden Christen verborgen wurde.

Bei Ausgrabungen von Gebäudefundamenten in Ranheim in der Nähe von Trondheim wurden Überreste eines kleinen “gudehovet” (Tempel), wie er in vorchristlicher Zeit verwendet wurde, entdeckt. Benutzt wurden die Stätte ab etwa dem achten oder neunten Jahrhundert v. u. Z. bis ins 10. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung. Sie ist so gut erhalten, da sie mit einer dicken Torfschicht bedeckt wurde, offenbar, um es vor marodierenden Christen zu schützen. Es wird vermutet, dass Einheimischen vor christlichen Invasoren flohen.
Das Verbergen der Stätte fällt zeitlich mit einer Flucht zusammen, von der in altisländischen Quellen berichtet wird. Etwa 40 Menschen aus Trøndelag flohen vor der gewaltsamen Christanisierung zur Zeit des ersten norwegische Königs Harald Schönhaar (872-930) nach Island.

Der kleine Tempel selbst wurde vermutlich um das Jahr 400 erbaut und war also jahrhundertelang im Gebrauch, bis die Verehrer der Götter auswanderten, um der Zwangschristanisierung (die im Falle König Haralds mit der Einführung eines autoritär regierten Staatswesens mit feudalen Zügen verbunden war) zu entkommen.
Er bestand aus einem aus Steinen errichteten Opferaltar im Freien und einem in Stabbauweise errichteten Gebäude.

Zu dieser Entdeckung bei Ranheim bemerkte der Chefarchäolge des wissenschaftlichen Museums an der Universität Trondheim, Preben Rønne:
“Es gibt Anzeichen dafür, dass die Leute, die absichtlich den Tempel in Ranheim verbargen, auch die Pfosten des in Stabbauweise errichteten Gebäudes und Erde von Altar zu dem Ort mitnahmen, an dem sich sich ansiedelten und einen neuen Tempel errichteten. Weil unsere Ergebnisse und die nordischen Quellen gut zusammenpassen, sind die Quellen möglicherweise zuverlässiger als viele Wissenschaftler glaubten. ”

Einzigartig ist der eher unscheinbare Tempel auch, da bisher keine größeren vorchristlichen Kultstätten in Norwegen gefunden wurden. Aus anderen Teilen Nordeuropas, vor allem aus Mittel- und Südschweden und Dänemark sind heidnische Kultstätten bekannt, die oft recht große Anlagen mit einer großen zentralen Halle waren.

Unique pagan temple unearthed in Norway (News Network Archeology)

In den Überresten der Tempelgebäudes wurden Idolresten gefunden, die als Überreste von Kultbildern von Freyja, Frey, Odin und Thor gedeutet werden könnten, außerdem Überreste von Ahnenfiguren, die ebenfalls verehrt wurden. Die Archäologen legten außerdem eine Prozessionsstrasse frei, die von Steinblöcken flankiert wurde. Der Altar, bei dem starke Tierblutspuren gefunden wurden, besteht aus einer kreisförmigen Steinsetzung von 15 m Durchmessern und 1 m Höhe. Das im Vergleich kleine hölzerne Tempelgebäude maß 4,5 mal 5,3 Meter und bestand u.a. aus 12 Stäben, die jeweils auf einem Steinfundament ruhten. (Genau die selbe Bauweise, die später bei den Stabkirchen verwendet wurde.)

Eine profane Nutzung des Gebäudes ist ausgeschlossen, da man z.B. Löcher für die Götterfiguren, aber keine Feuerstelle vorfand. Als Opfergaben wurden zwei Glasperlen und Knochen, darunter auch menschliche Schädelknochen und Zähne, gefunden.

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