Indianermärchen
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02 Okt 2018 19:52 #14815
von Mountain Dreamer
Indianermärchen wurde erstellt von Mountain Dreamer
Karl Knortz
Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas
Jena 1871
Einleitung
Ich weiß nicht, ob es gerade ein lohnendes
Unternehmen ist, die Märchen, Sagen und Fabeln der wilden Rothäute
der nordamerikanischen Urwälder und Prärien zusammenzustellen;
äußerst mühevoll ist es sicher, das so weitläufig
zerstreute Material aus den vielen englischen und französischen Büchern
und mündlichen Berichten der Missionare, Dolmetscher, Reisenden und
Indianeragenten zu kollektieren, zu ordnen und umzuschreiben. Doch glaube
ich, daß es jedenfalls eine interessante Aufgabe ist, der ich mich
hier unterzogen habe, denn statt der Anzahl der bisherigen stereotypen
Skalpgeschichten hält uns eine solche Sammlung einen klaren Spiegel
indianischen Gemütslebens vor, bestehend in uroriginellen, wild aufgeschossenen,
zwischen Blumen, Gras und Wigwamstangen gekeimten Phantasien, mit denen
sich der alte Medizinmann schon mehr als tausendundeinmal ein "heiligeres"
Ansehen gegeben und der vom rauhen Kabibonokko in den Wigwam gebannte
Familienvater seinen Kindern schon ebensooft Hunger wie Langeweile vertrieben
hat.
Nur im Winter hat der Indianer zu solcher Unterhaltung Zeit und Muße,
denn im Sommer, wenn "die Wildnis blüht wie eine Rose"
und ihn die Strahlen der Sonne aus der engen Hütte jagen, verbieten
ihm sein Gewissen und seine Sicherheit jene Phantastereien, denn es würden
ihm dann zur Strafe, wie die alten Propheten lehren, Kröten und Klapperschlangen
die nächtliche Ruhe rauben.
Ruhig sitzt er dann neben seinem glimmenden Baumstamm, raucht gelassen
seine Pfeife und läßt sich dabei, wenn er gerade sprechselig
und nicht allzu hungrig ist, ob seiner merkwürdig verschlungenen
Geschichten bewundern, wie er sie fand:
In des Waldes Vogelnestern,
In dem Hüttenbau des Bibers,
In des Büffelochsen Hufspur,
In dem Felsenhorst des Adlers.
Da erzählt er seine haarsträubenden Sagen von himmelhohen Riesen,
deren Mäntel aus Skalpen und deren Trinkgeschirre aus Schädeln
ihrer Feinde bestanden; von Mammutbüffeln, die so große Füße
hatten, daß sie mit einem allein den größten Wald niedertreten
konnten; von baumstarken Manitus, deren Anzahl sich wie die Götter
der Hindus nur nach Millionen berechnen läßt, oder von leichtfüßigen
Elfen, die wie die Virgilsche Camilla über die Flüsse liefen,
ohne sich die Füße zu benetzen, oder über einen Kornacker,
ohne eine Ähre zu knicken - und das Echo dieser Erzählungen
tönt doch sicherlich viel angenehmer und lieblicher als das jener
vielen absichtlich entstellten, von müßigen Köpfen dem
Geschmack des ungebildeten Publikums angepaßten Greuelgeschichten,
die sich von zahlreichen "zivilisierten" Völkern in
noch bedeutend grelleren Farben aufzeichnen ließen, wenn den Lesern
nur damit gedient wäre. Aber die arme Rothaut ist einmal vor der
öffentlichen Meinung in Ungnade gefallen, und sie ist bereits auch
zu alt und zu schwach geworden, um vielleicht noch die Zeit eines günstigen
Umschwungs erleben zu können, und es wird auch nicht mehr lange dauern,
daß ihre Geschichte, die ja bis jetzt nur von ihrem Untergang handelte,
wie ein aus uralten Zeiten überliefertes Märchen klingen wird;
denn die Beherrscherin der Welt, die Zivilisation, hat jene traurigen
Gestalten längst für überflüssig erklärt und
ihnen schon seit geraumer Zeit im Urwald die dickste Eiche umgebogen,
die ihnen den Weg zum nahen Grab zeigt.
"Das Geschlecht der Kornsäer ist mächtiger als das der
Fleischfresser."
Die Zivilisation ist eben mit einem wohlgepflegten Garten zu vergleichen,
dessen Hüter hauptsächlich darauf angewiesen ist, die wilden
Tiere davon fernzuhalten.
So ist's mit dem Indianer. Als sich herausstellte, daß ihm das
Wort "Fortschritt" ein unbekannter Begriff war, der weder in
seinem Kopf noch in sein ganzes Leben paßte, sahen sich die Blaßgesichter
gezwungen, ihm seinen besonderen Boden anzuweisen, wo er mit seinem Freund,
dem Büffel, in gleicher Kategorie stand und nur noch insofern als
höheres Geschöpf betrachtet wurde, als er ständig das willfährige
Werkzeug zu den nichtswürdigsten Spekulationen abgab.
Zwar wurden für ihn die mildesten und humansten Gesetze und Bestimmungen
erlassen, und sein Land wurde ihm so teuer bezahlt, wie man es einem Weißen
hätte bezahlen müssen, aber er erhielt doch so gut wie gar nichts
dafür. Seine Annuitäten werden gegen die wertlosesten Sachen
umgetauscht. Senator Neshmith von Oregon sagte einst in einer Rede, daß
er Augenzeuge gewesen sei, wie einem Stamm anstatt des bestimmten Geldes
und der wollenen Decken vierzig Dutzend Paare elastischer Strumpfbänder
geschickt wurden, trotzdem keiner jener Indianer je vorher nur einen Strumpf
gesehen hatte.
So haben sie also ihre angestammte Heimat verloren, und das bißchen
Wild, das sich noch auf den für sie reservierten Strecken herumtreibt,
wird auch tagtäglich seltener, denn der verwegene Trapper achtet
keine Grenze, sondern geht hin, wo es ihm gefällt, bestraft aber
jede unglückliche Rothaut, die sich desselben Verbrechens schuldig
macht, unbarmherzig mit dem Tod oder mit Grausamkeiten, die die der roten
Rasse bei weitem in den Schatten stellen. Denn jene verwegenen Gesellen,
die sich dem unsteten Trapperleben, das tagtäglich von allen erdenklichen
Gefahren umgeben ist, widmen, schlagen ihr Leben äußerst gering
an und das ihrer roten Brüder natürlich noch viel geringer.
Alle Indianer stimmen darin überein, daß es, seit sie mit
den Weißen Umgang gepflogen hätten, bedeutend mehr Diebe, Mörder
und sonstige schlechte Kerle unter ihnen gäbe.
Der Prophet Tecumseh sagte einst in einer Rede: "Als der weiße
Mann seinen Fuß auf unser Land setzte, war er hungrig und schwach
und hatte keinen Platz, wohin er seine Decke legen, und kein Feuer, an
dem er sie trocknen konnte. Unsere Väter teilten alles mit ihm; wenn
er Hunger hatte, speisten sie ihn, wenn er krank war, brachten sie ihm
Medizin, und wenn es kalt war, wärmende Felle. Aber der weiße
Mann ist wie die halberfrorene Schlange, die ihren Wohltäter, der
sie in seinem warmen Wigwam aufnahm, heimlich mit ihrem Gift tötete.
Der weiße Mann macht jetzt Jagd auf uns und verschont weder unsere
Kinder noch unsere Frauen, noch unsere alten, hilflosen Leute. Gott hat
ihm ein großes Land hinter dem Wasser gegeben, aber er ist mit nichts
zufrieden, und nun sucht er uns aus unserer Heimat zu vertreiben!"
Letzteres ist's denn, was den roten Mann zur Verzweiflung treibt und
was ihn lehrt, sich zuweilen ähnlicher Waffen zur Verteidigung zu
bedienen. Ein jeder Weißer aber, der es mit ihm ehrlich, aufrichtig
und human meint, ist mit einem Edelmut, einer Liebe und einer Aufopferung
belohnt worden, die bei den zivilisierten Völkern zu großer
Seltenheit gerechnet werden müssen. Ich erinnere da nur z.B. an William
Penn oder an den Franzosen Dubuque, Gründer der gleichnamigen Stadt
in Iowa, zu dessen Ehren lange Jahre nach seinem Tod ein heiliges Feuer
unterhalten wurde; dann an den Pelzjäger Henry, den zur Zeit des
Krieges Pontiacs gegen die Engländer ein Indianer schnell an Bruders
Statt annahm und dann seinen Häuptling durch reiche Geschenke bewog,
ihn als solchen anzuerkennen und ihm das Leben zu schenken. Dann erinnere
ich noch an den Missionar Dean, dessen Geschichte ein Pendant zur Pocahontas-Affäre
bildet. Es war nämlich beschlossen worden, ihn zur Sühnung eines
durch ein Bleichgesicht getöteten Indianers hinzurichten, als plötzlich
alle Weiber des ganzen Dorfes herbeisprangen und einstimmig erklärten,
daß, wenn nur eine rote Hand den Kopf des weißen Mannes berühre,
sie sich augenblicklich ermorden würden. Dabei zog jede ein verborgen
gehaltenes Messer hervor.
Auch erinnere ich noch an Washington, den die Irokesen Hänodägänears
oder den "Städtezerstörer" nennen. Als die indianische
Medizin oder Religion ihren Himmel schuf, dachte sie natürlich nicht
an das Bleichgesicht und reservierte ihm daher auch keinen Sitz; sie fand
übrigens auch später, daß es keines solchen würdig
war. Als aber die wilden Söhne die Gerechtigkeit und die Humanität
Washingtons - des Mannes, den sie schon seit der Schlacht von Monongahela
von einem mächtigen Manitu beschützt glaubten - kennenlernten,
da wurde es ihnen doch bang ums Herz, wenn sie dachten, daß dieser
gute Mann wohl die ganze Ewigkeit am großen, mit faulen Fröschen
und Eidechsen gefüllten Stinkfluß zubringen müsse, und
ihre Medizinmänner sahen daher schnell nach und fanden dicht am Eingang
des Paradieses einen wunderschönen Hügel voll schattiger Bäume
und duftender Blumen, und darauf bauten sie seiner Seele eine trauliche
Heimat, die jeder Indianer beim Eintritt in den Himmel passiert und freundlich
begrüßt.
Zur Kälte der Hölle jedoch ist noch kein Weißer ausdrücklich
verdammt worden, trotzdem die Gründe dafür wohl tausendfach
auf der Hand liegen.
In der eigentlichen Zivilisation der roten Rasse auf praktischem Weg
ist in Nordamerika noch soviel wie gar nichts geleistet worden. Die sich
aufopfernden Missionare mit ihren unzähligen Bibeln in den Händen
und den edelsten Gedanken in den Köpfen, die vor keiner Mühe
noch Gefahr, noch vor der sprachlichen Herkulesarbeit zurückschreckten,
haben aus vielfachen Gründen auch nicht viel Solides wirken können;
denn abgesehen davon, daß mehrere von ihnen äußerst borniert
und andere wieder sehr spekulativer Natur waren und mehr Schnapsfässer
als heilsame Ideen einführten, so ist das Christentum wie eine jede
andere europäische oder asiatische Religionsform das alleruntauglichste
Vehikel, eine wilde Menschenrasse zu veredeln, und das hat sich, denke
ich, an den Indianern am deutlichsten gezeigt.
Das Christentum hat sich einmal überlebt; der zweitausend Jahre
alte Ideengang eines fremden Volkes, der fremden Verhältnissen, Gesetzen,
politischen und sozialen Umständen entwurzelt ist, wirkt auf eine
unter ganz anderen Ansichten groß gewordene Nation wie die Temperatur
der arktischen Zone auf ein Tropengewächs.
Sowenig dem Indianer eine fein gebügelte Hose, eine künstlich
gestickte Weste oder ein kostbarer Biberhut von Wert sein kann und sowenig
feine Möbel, Sofas und Pianos in seinen Wigwam passen, so wenig passen
die biblischen Absurditäten in seinen Kopf. Wie er seine eigenen
Kleider hat, so hat er auch seine eigene Religion, seine religiösen
Feste, seine Gebete, seine Sintflut, seine Manitus und seine Götter,
die er sich so leicht nicht nehmen läßt. Eine christliche Gottesanschauung
ist ihm noch lächerlicher wie uns die seinige.
Auch ist seine Brust voll des begründeten Erbhasses, der ihn lehrt,
alles von den Weißen Kommende mit der größten Vorsicht
und Bedachtsamkeit zu erwägen, ehe er sich entschließt, sich
etwas davon zu eigen zu machen. "Denn", sagte einst ein Häuptling,
"der weiße Mann ist nicht mit guten Absichten in unser Land
gereist, und das Buch, das er mitgebracht hat und von dem er sagt, es
enthalte Gottes Wort, ist nicht für die Indianer gemacht. Gott hat
uns seine Gebote in den Kopf geschrieben und unseren Vorvätern gesagt,
wie wir ihn ehren sollen, damit er uns immer Wild schicke. Wenn wir aber
dem weißen Mann und seinem Buch folgen und unsere alten Sitten vergessen,
so werden wir, wie die Erfahrung zeigt, elend und arm, und unsere Schutzgeister
werden uns weinend den Rücken kehren. Dann werden wir immer tiefer
und tiefer sinken und zuletzt wie er mühsam Kühe melken und
Korn pflanzen müssen!"
Eine andere Unterhaltung, die uns Conrad Weiser, ehemals Dolmetscher
bei den sechs Nationen, mitteilt, liefert uns ebenfalls eine treffende
Charakteristik des allgemeinen Argwohns, mit dem der Indianer die christliche
Kirche ansieht.
Conrad Weiser hatte einst eine Botschaft nach Onondaga im Staat New York
zu bringen und traf dabei unterwegs eine ihm befreundete Rothaut, mit
der er sich einige Stunden unterhielt. "Conrad", sagte der Indianer,
"du hast lange unter den Weißen gelebt und kennst auch ihre
Sitten. Ich habe, wie du weißt, mich häufig längere Zeit
in Albany aufgehalten und dort bemerkt, daß sie sich regelmäßig
alle sieben Tage einmal in einem großen Haus versammeln; kannst
du mir nicht erklären, was sie darin tun?"
"O ja", erwiderte Weiser; "sie versammeln sich dort, um
gute Dinge zu hören und ihrem Gott zu danken und zu dienen."
"Ich zweifle nicht daran, Conrad, daß sie dir das gesagt haben,
denn sie haben mir dasselbe gesagt; aber ich bezweifle dessen Wahrheit
und will dir nun meine Gründe mitteilen. Ich war kürzlich wieder
einmal in Albany, um meine Häute zu verkaufen und Messer, Decken
usw. dafür einzutauschen. Du kennst doch Hans Hanson dort; zu dem
ging ich und fragte ihn, wieviel er für das Pfund Biber geben könne.
‚Vier Schilling' erwiderte er und fügte hinzu, daß er
aber jetzt keine Geschäfte machen könne, da er in die Kirche
gehen müsse.
Nun, dachte ich bei mir selbst, wenn du jetzt keine Geschäfte machen
kannst, so gehst du einmal mit ihm; und ich tat es denn auch. In der Mitte
des Hauses stand ein kohlschwarz angezogener Mann, der schien von sehr
wichtigen Dingen zu reden, wobei er stets auf mich blickte. Da ich mir
einbildete, er ärgere sich, mich hier zu sehen, so ging ich hinaus
und setzte mich vor die Tür und zündete meine Pfeife an. Darauf
hörte ich ganz deutlich, wie jener Mann ständig von einem Biber
sprach. Als die Kirche aus war und die Leute wieder nach Hause gingen,
fragte ich Hans, ob er mir nicht mehr als vier Schilling geben könne.
‚Nein', antwortete er barsch, ‚ich hab's mir überlegt
und kann nur dreieinhalb bezahlen.'
Alle anderen Kaufleute, die ich darauf fragte, gaben mir dieselbe Antwort,
und nun liegt es doch klar auf der Hand, daß sich die Weißen
nur deshalb versammelten, um mir schlechte Preise für meine Biber
zu zahlen. Denk nur nach, Conrad, und es wird dir einleuchten. Wenn sich
die Weißen so oft versammeln, um Gutes zu hören, so sollten
sie doch auch etwas Gutes wissen; aber sie wissen rein gar nichts. Wenn
ein Weißer in unser Land kommt und hungrig ist, so geben wir ihm
Speise und Trank und verlangen nichts dafür; kommt aber eine Rothaut
in ihre Häuser, um etwas zu essen, so heißt's zuerst: ‚Wo
ist dein Geld?' Und hat nun der Arme keins, so wird er vor die Tür
geworfen.
Solche gute Sachen lehren sie nicht in jenen Versammlungen. Uns sind
sie von unseren Müttern gelehrt worden, als wir noch Kinder waren,
und wir haben uns deshalb nicht mehr als Männer zu versammeln brauchen.
Aber die Weißen gehen nur aus dem einfachen Grund in jenes große
Haus, damit sie sich einigen, wie sie uns am billigsten um unsere Felle
beschwindeln!" -
Wir haben vorhin beiläufig erwähnt, daß außer dem
allgemeinen psychologischen Grund auch noch die Dummheit verschiedener
Missionare eine Teilschuld an ihrer Erfolglosigkeit trägt, und wir
führen dazu nur ein Beispiel an, nämlich Stellen aus dem Religionsbuch
eines französischen Geistlichen, dessen Manuskript zufällig
Dr. Mather in die Hände fiel.
Frage: "Wie ist der Boden im Himmel?"
Antwort: "Sehr eben. Man braucht weder Fleisch noch Kleider dort;
man wünscht es sich nur, und man hat es." . ...
Fr.: "Müssen die Leute im Himmel arbeiten?"
Antw.: "Nein, sie tun nichts. Die Felder bringen ohne besondere
Mühe Korn, Bohnen und Kürbisse hervor."
Fr.: "Wie ist der Boden in der Hölle?"
Antw.: "Sehr uneben und zerrissen; sie ist ein feuriger Pfuhl in
der Mitte der Erde."
Fr.: "Hat man Licht in der Hölle?"
Antw.: "Nein, es ist immer dunkel, und man kann nichts als Teufel
sehen."
Fr.: "Wie sehen die Teufel aus?"
Antw.: "Sehr kränklich. Sie haben Larven vor, mit denen sie
die Leute erschrecken."
Fr.: "Was wird in der Hölle gegessen?"
Antw.: "Die Leute sind immer hungrig. Die Verdammten leben von heißer
Asche und von giftigen Schlangen."
Fr.: "Welches Wasser haben sie zu trinken?"
Antw.: "Schreckliches Wasser. Nichts als geschmolzenes Blei."
Fr.: "Sterben sie in der Hölle?"
Antw.: "Nein. Einer frißt den anderen auf; aber Gott erweckt
jeden Morgen die Gefressenen wieder."
Mit dieser Probe wird wohl der Leser genug haben. Sehen wir uns nun einmal
das religiöse Leben der Indianer etwas näher an, von dem uns
nichts einen besseren Begriff liefern kann als eben ihre primitiven Märchen
und Legenden.
Wie bei den Griechen, so wimmelt auch bei jenen die ganze Natur von Göttern,
und wie erstere die Stufe zwischen Mensch und Gott durch ihr mächtiges
Heroengeschlecht ausfüllten, so haben letztere dafür zweideutige
Manitus erfunden. Bäche, Felsen, Bäume und Sträucher sind
von diesen Geistern bewohnt; Regenbogen, Nordlichter und Sternschnuppen
sind Geister, und die Milchstraße ist deren Weg.
Der hauptsächlichste religiöse Kultus der Irokesen besteht
in der Verehrung der heiligen drei Geschwister; diese sind der Geist des
Korns, der Geist der Bohne und der Geist des Kürbisses. Jene Pflanzen
sind nämlich die wichtigsten Gaben des Großen Geistes und daher
besonderen Schutzengeln anvertraut worden, unter denen man sich drei schöne
Frauen vorstellt, die einen großen Wigwam bewohnen und unter dem
Namen Deohako bekannt sind.
Die guten Geister offenbaren sich gewöhnlich durch Träume;
denn Träume, sagen die Indianer mit Homer, kommen von Gott und haben
folglich auch etwas zu bedeuten.
Wie nun der Große Geist seine zahlreichen Unterbeamten und Vasallen
hat, so hat auch sein später entstandener Antagonist, der Teufel,
eine Masse dienstbarer Trabanten, die Pestilenz, Krankheit und Hungersnot
verschulden und allerlei Schwarzkünstler und Hexen unter die Leute
schicken. Besonders großartig organisiert sind die irokesischen
Teufel; sie halten sogar jährlich ihre regelmäßigen Versammlungen
ab, zu denen jedem der Skalp seines besten Freundes als Einlaßzettel
dient.
Jene Teufel sollen auch dem edlen Korn seine ursprüngliche Nahrhaftigkeit
genommen und verursacht haben, daß dessen Pflanzung jetzt mit soviel
Mühe verbunden ist und die roten Leute dabei ihre liebe Mutter, die
Erde, so sehr quälen müssen. Wenn ' der Wind durch die Ähren
streift, so hört man auch ganz deutlich das Jammern und Wehklagen
des Korngeistes ob der Schändung des göttlichen Kleinods, das
der Sage nach dem Busen der Mutter des Großen Geistes entsprungen
sein soll.
Die zwei obersten geistigen Gewalten haben natürlich bei jedem Stamm
ihre besonderen Namen, Beschäftigungen, Attribute und eigentümlichen
Charaktere. Bei den Odjibwas heißt der Große Geist Gitschi
Manitu, bei den Irokesen Häwenneyu; andere Namen für ihn sind
Mingo Minnato, Monätowa, Atahon, Oki, Mitschabu usw. Einer seiner
Hauptbeamten war, wie die Irokesen erzählen, Heno, der Gott des Donners,
gewöhnlich nur der "Großvater" genannt, der unter
dem Niagarafall wohnte, Wolken, Regen und Gewitterstürme schuf und
stets rächende Blitze für die Hexen und Gotteslästerer
bereithielt. Sein Kopf war mit glänzenden Federn geschmückt,
die ihn gegen alle Attacken des Teufels sicherten, und wenn er ausging,
hängte er sich gewöhnlich einen großen, mit scharfkantigen
Felsen gefüllten Ranzen um, die er gelegentlich miserablen Subjekten
auf die Köpfe warf.
Am einfachsten in theologischen Dingen ist wohl der Apache-Indianer in
Sonora; er hat nur einen Häuptling des Himmels, Yastasitanne, angestellt,
ihm aber weiter keine Eigenschaften - weder gute noch schlechte - beigelegt,
weil man seiner großen Entfernung wegen darüber nichts zu sagen
wisse. Daher weiß er auch nicht, ob es eine Belohnung und eine Bestrafung
seiner Taten gibt, und an ein Fortleben nach dem Tod zu glauben, geht
nun ganz und gar über seinen Horizont.
Auch die Chickasaws wissen nichts von einer ewigen Verdammnis.
Der Große Geist hat so viele verschiedene Wohnungen, wie es Rothäute
gibt. Nach dem allgemeinen indianischen Sprichwort soll er auf "der
Prärie" weilen; die Komantschen sagen, sie wüßten
es nicht, aber die Sonne wüßte es sicher, da sie ihn ja täglich
besuche, weshalb man sie auch verehren solle. Andere sagen wieder, er
wohne in Carver's Cave, einer mit Hieroglyphen beschriebenen Höhle
bei St. Paul in Minnesota, die von den Indianern Wakantipe genannt wird,
usw.
Gitschi Manitu tritt in allen möglichen Gestalten auf: als Schildkröte,
als rote Sandsteinpfeife, als Bär usw. Er kann sich sehr schnell
verwandeln und tut das auch häufig. Den Odjibwas erschien er einst
als 64 Fuß (?) großer Riese; bei den Huronen hatte er sich
mit Schellen, Korallen und Muscheln behängt, und als ihm Hiawatha
seine Tochter opferte, kam er in Gestalt eines Vogels herunter. Früher,
als er noch als Mensch unter den Indianern lebte, hatte er sich den Namen
Manobozho, Hiawatha oder Tarenyawagon beigelegt, Namen, die ein sehr reichhaltiger
poetischer Sagenkreis umgibt. Seine Riesenarbeiten, die er in jener Gestalt
verrichtete, erinnern an die eines Herkules, eines Thor oder eines Vischnu.
Der indianische Hiawatha ist der mexikanische Quetzalcoatl; er lehrte
wie jener Ackerbau und Religion, zerstörte aber nicht wie der später
durch einen an einem Spinnengewebe vom Himmel gekommenen Zaubertrank verrückt
gemachte Azteke seine Werke wieder, sondern ließ sie für alle
Ewigkeit bestehen.
Hiawatha heiratete auch, aber er machte es nicht wie sein göttlicher
Kollege Vischnu, jener flötenblasende Mädchenjäger, der
sich 16000 Weiber anschaffte, oder wie der geile Zeus, der sogar seine
Schwester zur Frau nahm, sondern er war genügsam und nahm sich nur
eine Frau, um seiner Nation ein würdiges Beispiel zu geben, nach
dem sich aber seine "heiligen Nachfolger, die Herren Medizinmänner,
nicht gerne richten, denn sie glauben ebensogut wie die Chiefs das Privilegium
zu haben, Polygamie treiben zu dürfen.
Wie Zeus durch das Rauschen der Eiche zu Dodona seinen Willen kundgab,
so macht sich Gitschi Manitu durch das Rauschen der Blätter oder
durch die Gestalt hinziehender Wolken oder den Flug der Raubvögel
verständlich. Auch geben die Medizinmänner vor, mit ihm in direkter
Verbindung zu stehen, aber ihre Mitteilungen darüber sind bereits
seit geraumer Zeit so sehr in Mißkredit geraten, daß kein
Indianer mehr großen Wert darauf legt. Doch sind diese mitunter
so origineller und zuweilen auch so poetischer Natur, daß wir uns
erlauben, einige Worte darüber mitzuteilen.
Ungefähr im Jahre 1800 kam ein solcher Medizinmann zu den Irokesen,
der gab vor, großartige Offenbarungen vom Großen Geist zu
haben und auch von ihm mit der Aufgabe beehrt zu sein, seinen Willen zu
predigen. Er hieß Gäneodigo oder Schöner See und gehörte
zum Schildkrötentotem der Senecas. Seine Jugend hatte er, wie er
selbst erzählte, verfaulenzt, verbummelt und verliederlicht und dabei
seinen Körper so ruiniert, daß er stündlich seinen Tod
erwartete. Statt dessen erschien aber ein Abgesandter des Großen
Geistes bei ihm und brachte ihm einen Strauch mit Stachelbeeren, die er
essen mußte, worauf er wieder genas. Dann erteilte ihm der Bote
die priesterliche Weihe und zeigte ihm den Schreckensort der Missetäter
und das Paradies der Guten, damit er späterhin genaue Auskunft darüber
geben könne. Darauf trat Gäneodigo sein neues Amt an und predigte
über dreißig Jahre lang.
Er und Sosehawä, sein Neffe und Nachfolger, wüteten hauptsächlich
gegen das Feuerwasser, das kein anderer als der Teufel den Bleichgesichtern
in die Hände gegeben habe. Der Weiße gebe es auch nur deshalb
den Indianern, um bequem Zank und Streit unter ihnen zu stiften und sie
in ihre Zuchthäuser bringen zu können. Keiner, der auch nur
Feuerwasser trüge, komme in den Himmel. Wenn die Trinker am großen
Scheideweg anlangen, wo Gott und Teufel über sie zu Gericht sitzen
und über ihre Zukunft entscheiden, wird sie der Teufel gleich beim
Namen nennen und ihnen eine dickleibige Schnapsflasche kredenzen, deren
Inhalt ihnen wie ein feuriger Strom aus dem Mund fließen wird, wobei
sie vergeblich um Hilfe schreien. Frauen, die den Rothäuten Schnaps
verkauft haben, verlieren in der Ewigkeit Fleisch und Blut und müssen
als schreckliche Knochengestalten umherlaufen.
Ähnlich wütete auch Tecumseh, der Prophet, der die Sonne unter
seine Füße bringen konnte, gegen das Feuerwasser und teilte
mit, daß er bei seinen häufigen Reisen in die Wolken jedesmal
zuerst die Wohnung des Teufels erblickte, die von Säufern angefüllt
sei, denen ewig brennende Flammen aus den Mäulern leuchteten.
Schlechten Weibern und zanksüchtigen Männern wachsen nach dem
Tod die Zungen und die Augen so weit heraus, daß sie weder sprechen
noch sehen können; faule Frauen müssen ewig Korn schneiden,
das gleich wieder nachwächst. Weiberprügler müssen ständig
auf weißglühende Frauen schlagen, daß ihnen die Funken
Arme und Beine verbrennen. Die Hexen werden in einen Kessel mit kochendem
Wasser geworfen, und ihr teuflischer Freund wird ihnen trotz inbrünstigster
Bitten keinen kalten Platz anweisen. Die Landverkäufer müssen
große Sandberge abtragen, die aber nächtlich immer wieder nachwachsen,
usw.
So wie allmählich das Ansehen der Medizinmänner schwand und
der Bogen mit der Flinte vertauscht wurde, so schwanden auch die alten
"medizinenen" Sitten und Bräuche und die Heilighaltung
und Verehrung der Götter. Sogar der Medizinsack, das Heiligste, was
die Rothaut des Nordwestens je besessen hat und das kein Bleichgesicht
anrühren durfte, ohne mit dem Leben dafür zu büßen,
haben die meisten als nutzloses Anhängsel abgeworfen und, wo es ging,
mit der lieben Whiskyflasche vertauscht. Die indianischen Götter
müssen sich nun kümmerlich von stinkendem Tabaksrauch nähren,
und wenn ihnen zuweilen noch ein Pfeil, ein Stück Fleisch oder wohl
gar ein Hund geopfert wird, so sind diese Dinge sicherlich für jeden
anderen Gebrauch total wertlos. Höchstens wird vielleicht dann eine
Ausnahme gemacht, wenn irgendein großes Unglück über einen
Stamm gekommen ist und sich dieser wieder mit seinen Göttern versöhnen
will - also aus Gründen der Spekulation.
Der Indianer verehrt wie der Perser, der Araber, der Mexikaner und der
Peruaner hauptsächlich die Elemente, bringt diesen aber nicht wie
letztere Menschenopfer dar (Montezuma ließ ja bekanntlich deshalb
die Unabhängigkeit der Republik Tlascala bestehen, damit er immer
einen Feind hatte, der ihm Gefangene zum Opfern lieferte), wenigstens
geschah dies früher äußerst selten. So erschoß einst
ein Dakota, als es furchtbar donnerte und blitzte, seinen Sohn, um den
Donnergott zu bewegen aufzuhören. Auch stellten einst die Indianer
am Missouri, um sich einer gesegneten Ernte zu vergewissern, eine nackte
Jungfrau auf einen brennenden Holzhaufen und rissen ihr, als sie halb
verbrannt war, das Fleisch von den Knochen und streuten es über die
Kornfelder.
Die Hauptverehrung der Götter geschieht durch Tänze, deren
der Indianer beinahe so viele zählt, als er Haare in der Skalplocke
hat. Der Tanz bildet einen Teil seiner nationalen Existenz, und viele
behaupten, daß, sowie sie ihre Tänze aufgeben, ihre ganze Rasse,
dem Untergang nahe sei. Da haben sie denn in erster Reihe den religiösen
Federtanz und den patriotischen Kriegstanz, bei welch letzterem die hochzeitlichsten
Mokassins, Giseha und Gägetä angezogen werden und Tomahawk und
Skalpiermesser so blank geputzt sind, daß sie strahlen wie die Mittagssonne,
und bei dem die Mäuler in jenem grauenhaften Kriegsruf noch einmal
so weit wie gewöhnlich aufgerissen werden. Dann haben sie den Fischtanz
und den Büffeltanz, der jene Tiere herbeilocken soll; dann den Rasseltanz,
den Ententanz, den Skalptanz, den Bärentanz, den Schildkrötentanz,
den Hundetanz, den Donnertanz, den Totentanz usw.
Außerdem haben auch noch einige Stämme ein jährliches
Fest zur Erinnerung an die verheerende Sintflut, mit der sie einst der
Große Geist infolge ihrer Schlechtigkeit heimsuchte. Eine solche
Sintflut scheint jedoch den Winnebagos unbegreiflich, denn sie sagen,
Gitschi Manitu müsse ein großer Narr gewesen sein, wenn er
seine mühsam fabrizierte Welt mit allem, was darauf kroch und flog,
wieder so leichtsinnig zerstört habe.
Als nach einer mexikanischen Erzählung die Erde durch den Wassergott
Tlalok unterging - eine Episode, die das sogenannte "vierte Weltalter"
bildet -, entging nur der alte Fischgott Coxox mit seiner besseren oder
schlechteren Hälfte den Fluten, und ein Kolibri zeigte ihnen später
durch einige mitgebrachte Zweige an, daß sich die Erde wieder reorganisiere.
Das bei den Karaiben gerettete Menschenpaar bevölkerte die Erde wieder
dadurch, daß es Steine hinter sich warf, die sich augenblicklich
in Menschen verwandelten (s. Deukalion und Pyrrha).
Bei den Muyscas, die die Terra firma bewohnen, wurde die Sintflut durch
ein böses Weib verschuldet, und wenn ihr dreihäuptiger Mann
nicht schnell den Wasserfall von Tequendana geschaffen hätte, so
daß das Wasser abfließen konnte, so wären sicherlich
alle Menschen ertrunken. Die Komantschen in Texas glauben, sie seien deshalb
dem Ertrinken entronnen, weil sie der Große Geist noch zur rechten
Zeit in weiße Vögel verwandelt habe.
Bei einigen Indianerstämmen herrscht der Glaube, daß die Welt
das nächstemal durch Feuer untergehen werde, ein Malheur, das die
Brasilianer und die Mexikaner bereits glücklich überstanden
haben.
Große Aufregung herrscht jedesmal bei einer Sonnen- oder einer
Mondfinsternis, denn einige glauben, der betreffende Körper sei krank
und wolle sterben. Einige glauben auch wie die Chinesen, ein böser
Geist wolle ihn verschlingen, weshalb sie einen fürchterlichen Lärm
machen, um diesen zu verscheuchen. Hunde werden losgebunden und geprügelt
und alle Donnerbüchsen abgeschossen. Plutarch erzählt, daß
auch die Römer bei ähnlichen Gelegenheiten zu demselben Zweck
eherne Gefäße gegeneinander schlugen.
Kurios sind die Ansichten einiger Indianerstämme hinsichtlich ihres
Lebens nach dem Tod. Sie stimmen nur in dem Punkt überein, daß
die Hauptseele des Guten ein prächtiges, sonniges Land voll des fettesten
Wildes erwartet; der Weg dahin führt teils über die Milchstraße,
teils über die große "medizinene" Prärie. Wir
sagten eben die Hauptseele, und das mit Absicht, denn manche Indianerstämme
schreiben sich mehrere Seelen zu. Die Dakotas glauben deren vier zu haben,
wovon die erste ins Reich der Geister oder ins Paradies gehe und die zweite
die Luft bewohne; die dritte müsse den Kadaver bewachen und die vierte
ständig ihr heimatliches Dorf umschweben.
Bei den Stämmen der Algonkin-Familie begnügt sich jeder Indianer
mit zwei Seelen: einer körperlichen und einer geistigen; sie nageln
deshalb auch nie ihre Särge zu, so daß die eine immer bequem
aus und ein gehen und der anderen Nahrung bringen kann. Daß überhaupt
jeder Mensch zwei Seelen habe, suchte ein alter Indianer einst am Träumen
zu beweisen; während nämlich die eine Seele durch Feld und Wald
streife, bleibe die andere ruhig beim Körper zurück, denn sonst
würde der ja während dieser Zeit sterben.
Der meisten Seelen rühmen sich die Karaiben: jeder Pulsschlag ist
nämlich eine. Sie haben Seelen der Augen, der Nase, der Füße,
der Hände usw., von denen aber nicht alle selig werden.
In der alten Tragödie "Pontiac", wahrscheinlich von William
Rogers verfaßt, gibt es zwei Trapper, von denen der eine dem Indianer
gar keine Seele zuspricht:
ORSBOURN: I fear their ghosts will haunt us in the dark.
HONNYMAN:
It's no more murder than to crack a louse,
That is, if you 've the wit to keep it private.
And as to haunting Indians have no ghosts,
But as they live like beasts, like beasts they die.
I've killed a dozen in this selfsame way,
And never yet was troubled with their ghosts.
ORSBOURN: Then I'm content, my scroupels are removed.
Für die Seelen sorgen einige Indianer recht ängstlich. Die
Dakotas hängen rings um den Leichnam Speise auf und lassen mehrere
Tage lang ein Feuer dabei brennen, damit jene weder frieren noch Hunger
leiden. Kindern wird ihr Spielzeug beigegeben, und die Verwandten kommen
häufig zum Totengerüst, um sich mit der dabei zurückgebliebenen
Seele zu unterhalten.
Die Algonkins fangen, wenn einer von ihnen gestorben ist, einen Vogel,
der dessen Seele in den Himmel tragen muß.
An die sogenannte "Seelenwanderung" glauben nicht alle Stämme.
Die Algonkins behaupten, vor ihrer Geburt Tiere bewohnt zu haben, weshalb
sie diese auch für vernünftig und verständig halten. Einige
Odjibwas geben vor, einem Hundefell entsprungen zu sein, und die Bucros
hoffen nach dem Tod in Affen verwandelt zu werden. Gewisse Stämme
in Kalifornien essen nie Fleisch von großen Tieren, da sie befürchten,
es enthielte den Geist irgendeines Menschen. Viele essen von Tieren, die
sie aus dem genannten Grund in Ehrfurcht halten, nicht von der rechten
Seite oder nicht vom Kopf oder nicht die Leber
usw.
Zum weiteren Seelenleben der Indianer gehören auch noch die "Ahnungen".
Der Aberglaube eines jeden Volkes und eines jeden Landes denkt überall
jedes bedeutende soziale wie politische Ereignis in irgendeiner Weise
vorausgesehen zu haben. Hat ein altes Weib einen außergewöhnlichen
Traum gehabt; hat ein grimmiger Köter eine ganze Nacht hindurch ohne
bekannte Ursache gebellt; ist ein Nordlicht erschienen oder hat sich sonst
ein gerade nicht alltägliches physikalisches Phänomen blicken
lassen, und das philiströse Stilleben wird plötzlich mit Krieg,
Hungersnot oder Pestilenz heimgesucht, so unterliegt es natürlich
keinem Zweifel, daß die vorhergegangenen Zufälligkeiten die
untrüglichsten Vorboten jener Kalamitäten waren. So haben die
Indianer geradesogut ihre schlimmen Omina vom Untergang ihrer Nation wie
zu ihrer Zeit die Etrusker, die Römer und die Türken.
Im Oktober 1762 - also kurz vor Beginn des blutigen Pontiacschen Krieges
- will man über Detroit mehrere kohlschwarze Wolken gesehen haben,
deren Regen nach Schwefel roch und eine tintenartige Farbe hatte, so daß
die Leute damit schreiben konnten. Ehe der sogenannte "König-Philipps-Krieg"
(King Philipp's war) anfing, hörte man in der Plymouth-Kolonie häufig
schweres Kanonengerassel in der Luft, hörte Flinten abfeuern und
den Lärm der Trommeln, ohne jedoch etwas zu sehen. Bei den Indianern
zu Columbus' Zeiten deuteten alle derartigen Vorzeichen auf die Ankunft
der Spanier hin.
Das Sterben soll bei einigen Indianerstämmen wie bei den Griechen
durch die Ungehorsamkeit der Weiber eingeführt worden sein, wie denn
überhaupt diese als die Quelle allen Elends gelten müssen, das
die Rothaut das Leben hindurch verfolgt. Kein Wunder also, daß die
Vergrößerung einer Familie durch ein Mädchen quasi als
ein Unglück gilt, wenn der Indianer auch nicht so inhuman damit verfährt
wie der Hindu, der es auf den Markt trägt und mit der einen Hand
feilbietet und in der anderen ein Messer hält, um es für den
Fall, daß sich kein Liebhaber dafür findet, gleich erstechen
zu können.
Viele Kinder zu besitzen ist der indianischen Squaw unangenehm, und das
aus sehr triftigen Gründen: Bei ihrem ständigen Wanderleben
ist sie der alleinige Packesel, der sie mühsam mitschleppen muß,
da es der Mann ebensosehr unter seiner Würde hält, Kinder zu
tragen wie Mais zu pflanzen. Doch da wissen sich einige Squaws genausogut
zu helfen wie die amerikanischen Ladies seit der Zeit, wo bei ihnen der
nationale Grundsatz, unter keinen Umständen mehr als höchstens
zwei Kinder zu besitzen, zur allgemein befolgten Regel geworden ist. Aber
weder die Faulheit noch die Furcht vor Mutterpflichten treibt sie zu jenem
teuflischen Verbrechen; auch nicht die Bequemlichkeit oder die allmächtige
Mode mit ihren mannigfachen Ansprüchen; auch nicht gesellschaftliche
Rücksichten wie Bälle, Teevisiten usw., die doch unter keinen
Umständen vernachlässigt werden dürfen - nein, was die
rote Frau dazu treibt, sind die Not, die pure Not, und ihr gesamtes nationales
Unglück, das ihr Kind der genügenden Kleidung, Nahrung, Pflege
und Ruhe beraubt.
Wer hilflos ist, ist überflüssig in der Welt, und in diese
Kategorie gehören bei den Indianern außerdem auch noch die
Greise. Einem bejahrten Dakota gaben einst seine Kinder eine Flinte in
die Hand, damit er sich gegen sie verteidigen könne, damit sie, wie
sie sagten, ihn in ehrenhafter Weise loswürden - dieselbe Methode
also, die jetzt die Zivilisation gegen die ganze Rasse anwendet und wobei
jene auch ihren sicheren Untergang finden wird. Es wird wahrhaftig kein
Jahrhundert mehr dauern, so wird der mächtige amerikanische Adler
die Seele der letzten Rothaut zwar nicht in die Höhe zum Großen
Geist, wohl aber ins Reich der gänzlichen Vergessenheit getragen
haben.
www.sagen.at/texte/maerchen/maerchen_usa/einleitung.html
www.sagen.at
www.momanda.de/group/789
Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas
Jena 1871
Einleitung
Ich weiß nicht, ob es gerade ein lohnendes
Unternehmen ist, die Märchen, Sagen und Fabeln der wilden Rothäute
der nordamerikanischen Urwälder und Prärien zusammenzustellen;
äußerst mühevoll ist es sicher, das so weitläufig
zerstreute Material aus den vielen englischen und französischen Büchern
und mündlichen Berichten der Missionare, Dolmetscher, Reisenden und
Indianeragenten zu kollektieren, zu ordnen und umzuschreiben. Doch glaube
ich, daß es jedenfalls eine interessante Aufgabe ist, der ich mich
hier unterzogen habe, denn statt der Anzahl der bisherigen stereotypen
Skalpgeschichten hält uns eine solche Sammlung einen klaren Spiegel
indianischen Gemütslebens vor, bestehend in uroriginellen, wild aufgeschossenen,
zwischen Blumen, Gras und Wigwamstangen gekeimten Phantasien, mit denen
sich der alte Medizinmann schon mehr als tausendundeinmal ein "heiligeres"
Ansehen gegeben und der vom rauhen Kabibonokko in den Wigwam gebannte
Familienvater seinen Kindern schon ebensooft Hunger wie Langeweile vertrieben
hat.
Nur im Winter hat der Indianer zu solcher Unterhaltung Zeit und Muße,
denn im Sommer, wenn "die Wildnis blüht wie eine Rose"
und ihn die Strahlen der Sonne aus der engen Hütte jagen, verbieten
ihm sein Gewissen und seine Sicherheit jene Phantastereien, denn es würden
ihm dann zur Strafe, wie die alten Propheten lehren, Kröten und Klapperschlangen
die nächtliche Ruhe rauben.
Ruhig sitzt er dann neben seinem glimmenden Baumstamm, raucht gelassen
seine Pfeife und läßt sich dabei, wenn er gerade sprechselig
und nicht allzu hungrig ist, ob seiner merkwürdig verschlungenen
Geschichten bewundern, wie er sie fand:
In des Waldes Vogelnestern,
In dem Hüttenbau des Bibers,
In des Büffelochsen Hufspur,
In dem Felsenhorst des Adlers.
Da erzählt er seine haarsträubenden Sagen von himmelhohen Riesen,
deren Mäntel aus Skalpen und deren Trinkgeschirre aus Schädeln
ihrer Feinde bestanden; von Mammutbüffeln, die so große Füße
hatten, daß sie mit einem allein den größten Wald niedertreten
konnten; von baumstarken Manitus, deren Anzahl sich wie die Götter
der Hindus nur nach Millionen berechnen läßt, oder von leichtfüßigen
Elfen, die wie die Virgilsche Camilla über die Flüsse liefen,
ohne sich die Füße zu benetzen, oder über einen Kornacker,
ohne eine Ähre zu knicken - und das Echo dieser Erzählungen
tönt doch sicherlich viel angenehmer und lieblicher als das jener
vielen absichtlich entstellten, von müßigen Köpfen dem
Geschmack des ungebildeten Publikums angepaßten Greuelgeschichten,
die sich von zahlreichen "zivilisierten" Völkern in
noch bedeutend grelleren Farben aufzeichnen ließen, wenn den Lesern
nur damit gedient wäre. Aber die arme Rothaut ist einmal vor der
öffentlichen Meinung in Ungnade gefallen, und sie ist bereits auch
zu alt und zu schwach geworden, um vielleicht noch die Zeit eines günstigen
Umschwungs erleben zu können, und es wird auch nicht mehr lange dauern,
daß ihre Geschichte, die ja bis jetzt nur von ihrem Untergang handelte,
wie ein aus uralten Zeiten überliefertes Märchen klingen wird;
denn die Beherrscherin der Welt, die Zivilisation, hat jene traurigen
Gestalten längst für überflüssig erklärt und
ihnen schon seit geraumer Zeit im Urwald die dickste Eiche umgebogen,
die ihnen den Weg zum nahen Grab zeigt.
"Das Geschlecht der Kornsäer ist mächtiger als das der
Fleischfresser."
Die Zivilisation ist eben mit einem wohlgepflegten Garten zu vergleichen,
dessen Hüter hauptsächlich darauf angewiesen ist, die wilden
Tiere davon fernzuhalten.
So ist's mit dem Indianer. Als sich herausstellte, daß ihm das
Wort "Fortschritt" ein unbekannter Begriff war, der weder in
seinem Kopf noch in sein ganzes Leben paßte, sahen sich die Blaßgesichter
gezwungen, ihm seinen besonderen Boden anzuweisen, wo er mit seinem Freund,
dem Büffel, in gleicher Kategorie stand und nur noch insofern als
höheres Geschöpf betrachtet wurde, als er ständig das willfährige
Werkzeug zu den nichtswürdigsten Spekulationen abgab.
Zwar wurden für ihn die mildesten und humansten Gesetze und Bestimmungen
erlassen, und sein Land wurde ihm so teuer bezahlt, wie man es einem Weißen
hätte bezahlen müssen, aber er erhielt doch so gut wie gar nichts
dafür. Seine Annuitäten werden gegen die wertlosesten Sachen
umgetauscht. Senator Neshmith von Oregon sagte einst in einer Rede, daß
er Augenzeuge gewesen sei, wie einem Stamm anstatt des bestimmten Geldes
und der wollenen Decken vierzig Dutzend Paare elastischer Strumpfbänder
geschickt wurden, trotzdem keiner jener Indianer je vorher nur einen Strumpf
gesehen hatte.
So haben sie also ihre angestammte Heimat verloren, und das bißchen
Wild, das sich noch auf den für sie reservierten Strecken herumtreibt,
wird auch tagtäglich seltener, denn der verwegene Trapper achtet
keine Grenze, sondern geht hin, wo es ihm gefällt, bestraft aber
jede unglückliche Rothaut, die sich desselben Verbrechens schuldig
macht, unbarmherzig mit dem Tod oder mit Grausamkeiten, die die der roten
Rasse bei weitem in den Schatten stellen. Denn jene verwegenen Gesellen,
die sich dem unsteten Trapperleben, das tagtäglich von allen erdenklichen
Gefahren umgeben ist, widmen, schlagen ihr Leben äußerst gering
an und das ihrer roten Brüder natürlich noch viel geringer.
Alle Indianer stimmen darin überein, daß es, seit sie mit
den Weißen Umgang gepflogen hätten, bedeutend mehr Diebe, Mörder
und sonstige schlechte Kerle unter ihnen gäbe.
Der Prophet Tecumseh sagte einst in einer Rede: "Als der weiße
Mann seinen Fuß auf unser Land setzte, war er hungrig und schwach
und hatte keinen Platz, wohin er seine Decke legen, und kein Feuer, an
dem er sie trocknen konnte. Unsere Väter teilten alles mit ihm; wenn
er Hunger hatte, speisten sie ihn, wenn er krank war, brachten sie ihm
Medizin, und wenn es kalt war, wärmende Felle. Aber der weiße
Mann ist wie die halberfrorene Schlange, die ihren Wohltäter, der
sie in seinem warmen Wigwam aufnahm, heimlich mit ihrem Gift tötete.
Der weiße Mann macht jetzt Jagd auf uns und verschont weder unsere
Kinder noch unsere Frauen, noch unsere alten, hilflosen Leute. Gott hat
ihm ein großes Land hinter dem Wasser gegeben, aber er ist mit nichts
zufrieden, und nun sucht er uns aus unserer Heimat zu vertreiben!"
Letzteres ist's denn, was den roten Mann zur Verzweiflung treibt und
was ihn lehrt, sich zuweilen ähnlicher Waffen zur Verteidigung zu
bedienen. Ein jeder Weißer aber, der es mit ihm ehrlich, aufrichtig
und human meint, ist mit einem Edelmut, einer Liebe und einer Aufopferung
belohnt worden, die bei den zivilisierten Völkern zu großer
Seltenheit gerechnet werden müssen. Ich erinnere da nur z.B. an William
Penn oder an den Franzosen Dubuque, Gründer der gleichnamigen Stadt
in Iowa, zu dessen Ehren lange Jahre nach seinem Tod ein heiliges Feuer
unterhalten wurde; dann an den Pelzjäger Henry, den zur Zeit des
Krieges Pontiacs gegen die Engländer ein Indianer schnell an Bruders
Statt annahm und dann seinen Häuptling durch reiche Geschenke bewog,
ihn als solchen anzuerkennen und ihm das Leben zu schenken. Dann erinnere
ich noch an den Missionar Dean, dessen Geschichte ein Pendant zur Pocahontas-Affäre
bildet. Es war nämlich beschlossen worden, ihn zur Sühnung eines
durch ein Bleichgesicht getöteten Indianers hinzurichten, als plötzlich
alle Weiber des ganzen Dorfes herbeisprangen und einstimmig erklärten,
daß, wenn nur eine rote Hand den Kopf des weißen Mannes berühre,
sie sich augenblicklich ermorden würden. Dabei zog jede ein verborgen
gehaltenes Messer hervor.
Auch erinnere ich noch an Washington, den die Irokesen Hänodägänears
oder den "Städtezerstörer" nennen. Als die indianische
Medizin oder Religion ihren Himmel schuf, dachte sie natürlich nicht
an das Bleichgesicht und reservierte ihm daher auch keinen Sitz; sie fand
übrigens auch später, daß es keines solchen würdig
war. Als aber die wilden Söhne die Gerechtigkeit und die Humanität
Washingtons - des Mannes, den sie schon seit der Schlacht von Monongahela
von einem mächtigen Manitu beschützt glaubten - kennenlernten,
da wurde es ihnen doch bang ums Herz, wenn sie dachten, daß dieser
gute Mann wohl die ganze Ewigkeit am großen, mit faulen Fröschen
und Eidechsen gefüllten Stinkfluß zubringen müsse, und
ihre Medizinmänner sahen daher schnell nach und fanden dicht am Eingang
des Paradieses einen wunderschönen Hügel voll schattiger Bäume
und duftender Blumen, und darauf bauten sie seiner Seele eine trauliche
Heimat, die jeder Indianer beim Eintritt in den Himmel passiert und freundlich
begrüßt.
Zur Kälte der Hölle jedoch ist noch kein Weißer ausdrücklich
verdammt worden, trotzdem die Gründe dafür wohl tausendfach
auf der Hand liegen.
In der eigentlichen Zivilisation der roten Rasse auf praktischem Weg
ist in Nordamerika noch soviel wie gar nichts geleistet worden. Die sich
aufopfernden Missionare mit ihren unzähligen Bibeln in den Händen
und den edelsten Gedanken in den Köpfen, die vor keiner Mühe
noch Gefahr, noch vor der sprachlichen Herkulesarbeit zurückschreckten,
haben aus vielfachen Gründen auch nicht viel Solides wirken können;
denn abgesehen davon, daß mehrere von ihnen äußerst borniert
und andere wieder sehr spekulativer Natur waren und mehr Schnapsfässer
als heilsame Ideen einführten, so ist das Christentum wie eine jede
andere europäische oder asiatische Religionsform das alleruntauglichste
Vehikel, eine wilde Menschenrasse zu veredeln, und das hat sich, denke
ich, an den Indianern am deutlichsten gezeigt.
Das Christentum hat sich einmal überlebt; der zweitausend Jahre
alte Ideengang eines fremden Volkes, der fremden Verhältnissen, Gesetzen,
politischen und sozialen Umständen entwurzelt ist, wirkt auf eine
unter ganz anderen Ansichten groß gewordene Nation wie die Temperatur
der arktischen Zone auf ein Tropengewächs.
Sowenig dem Indianer eine fein gebügelte Hose, eine künstlich
gestickte Weste oder ein kostbarer Biberhut von Wert sein kann und sowenig
feine Möbel, Sofas und Pianos in seinen Wigwam passen, so wenig passen
die biblischen Absurditäten in seinen Kopf. Wie er seine eigenen
Kleider hat, so hat er auch seine eigene Religion, seine religiösen
Feste, seine Gebete, seine Sintflut, seine Manitus und seine Götter,
die er sich so leicht nicht nehmen läßt. Eine christliche Gottesanschauung
ist ihm noch lächerlicher wie uns die seinige.
Auch ist seine Brust voll des begründeten Erbhasses, der ihn lehrt,
alles von den Weißen Kommende mit der größten Vorsicht
und Bedachtsamkeit zu erwägen, ehe er sich entschließt, sich
etwas davon zu eigen zu machen. "Denn", sagte einst ein Häuptling,
"der weiße Mann ist nicht mit guten Absichten in unser Land
gereist, und das Buch, das er mitgebracht hat und von dem er sagt, es
enthalte Gottes Wort, ist nicht für die Indianer gemacht. Gott hat
uns seine Gebote in den Kopf geschrieben und unseren Vorvätern gesagt,
wie wir ihn ehren sollen, damit er uns immer Wild schicke. Wenn wir aber
dem weißen Mann und seinem Buch folgen und unsere alten Sitten vergessen,
so werden wir, wie die Erfahrung zeigt, elend und arm, und unsere Schutzgeister
werden uns weinend den Rücken kehren. Dann werden wir immer tiefer
und tiefer sinken und zuletzt wie er mühsam Kühe melken und
Korn pflanzen müssen!"
Eine andere Unterhaltung, die uns Conrad Weiser, ehemals Dolmetscher
bei den sechs Nationen, mitteilt, liefert uns ebenfalls eine treffende
Charakteristik des allgemeinen Argwohns, mit dem der Indianer die christliche
Kirche ansieht.
Conrad Weiser hatte einst eine Botschaft nach Onondaga im Staat New York
zu bringen und traf dabei unterwegs eine ihm befreundete Rothaut, mit
der er sich einige Stunden unterhielt. "Conrad", sagte der Indianer,
"du hast lange unter den Weißen gelebt und kennst auch ihre
Sitten. Ich habe, wie du weißt, mich häufig längere Zeit
in Albany aufgehalten und dort bemerkt, daß sie sich regelmäßig
alle sieben Tage einmal in einem großen Haus versammeln; kannst
du mir nicht erklären, was sie darin tun?"
"O ja", erwiderte Weiser; "sie versammeln sich dort, um
gute Dinge zu hören und ihrem Gott zu danken und zu dienen."
"Ich zweifle nicht daran, Conrad, daß sie dir das gesagt haben,
denn sie haben mir dasselbe gesagt; aber ich bezweifle dessen Wahrheit
und will dir nun meine Gründe mitteilen. Ich war kürzlich wieder
einmal in Albany, um meine Häute zu verkaufen und Messer, Decken
usw. dafür einzutauschen. Du kennst doch Hans Hanson dort; zu dem
ging ich und fragte ihn, wieviel er für das Pfund Biber geben könne.
‚Vier Schilling' erwiderte er und fügte hinzu, daß er
aber jetzt keine Geschäfte machen könne, da er in die Kirche
gehen müsse.
Nun, dachte ich bei mir selbst, wenn du jetzt keine Geschäfte machen
kannst, so gehst du einmal mit ihm; und ich tat es denn auch. In der Mitte
des Hauses stand ein kohlschwarz angezogener Mann, der schien von sehr
wichtigen Dingen zu reden, wobei er stets auf mich blickte. Da ich mir
einbildete, er ärgere sich, mich hier zu sehen, so ging ich hinaus
und setzte mich vor die Tür und zündete meine Pfeife an. Darauf
hörte ich ganz deutlich, wie jener Mann ständig von einem Biber
sprach. Als die Kirche aus war und die Leute wieder nach Hause gingen,
fragte ich Hans, ob er mir nicht mehr als vier Schilling geben könne.
‚Nein', antwortete er barsch, ‚ich hab's mir überlegt
und kann nur dreieinhalb bezahlen.'
Alle anderen Kaufleute, die ich darauf fragte, gaben mir dieselbe Antwort,
und nun liegt es doch klar auf der Hand, daß sich die Weißen
nur deshalb versammelten, um mir schlechte Preise für meine Biber
zu zahlen. Denk nur nach, Conrad, und es wird dir einleuchten. Wenn sich
die Weißen so oft versammeln, um Gutes zu hören, so sollten
sie doch auch etwas Gutes wissen; aber sie wissen rein gar nichts. Wenn
ein Weißer in unser Land kommt und hungrig ist, so geben wir ihm
Speise und Trank und verlangen nichts dafür; kommt aber eine Rothaut
in ihre Häuser, um etwas zu essen, so heißt's zuerst: ‚Wo
ist dein Geld?' Und hat nun der Arme keins, so wird er vor die Tür
geworfen.
Solche gute Sachen lehren sie nicht in jenen Versammlungen. Uns sind
sie von unseren Müttern gelehrt worden, als wir noch Kinder waren,
und wir haben uns deshalb nicht mehr als Männer zu versammeln brauchen.
Aber die Weißen gehen nur aus dem einfachen Grund in jenes große
Haus, damit sie sich einigen, wie sie uns am billigsten um unsere Felle
beschwindeln!" -
Wir haben vorhin beiläufig erwähnt, daß außer dem
allgemeinen psychologischen Grund auch noch die Dummheit verschiedener
Missionare eine Teilschuld an ihrer Erfolglosigkeit trägt, und wir
führen dazu nur ein Beispiel an, nämlich Stellen aus dem Religionsbuch
eines französischen Geistlichen, dessen Manuskript zufällig
Dr. Mather in die Hände fiel.
Frage: "Wie ist der Boden im Himmel?"
Antwort: "Sehr eben. Man braucht weder Fleisch noch Kleider dort;
man wünscht es sich nur, und man hat es." . ...
Fr.: "Müssen die Leute im Himmel arbeiten?"
Antw.: "Nein, sie tun nichts. Die Felder bringen ohne besondere
Mühe Korn, Bohnen und Kürbisse hervor."
Fr.: "Wie ist der Boden in der Hölle?"
Antw.: "Sehr uneben und zerrissen; sie ist ein feuriger Pfuhl in
der Mitte der Erde."
Fr.: "Hat man Licht in der Hölle?"
Antw.: "Nein, es ist immer dunkel, und man kann nichts als Teufel
sehen."
Fr.: "Wie sehen die Teufel aus?"
Antw.: "Sehr kränklich. Sie haben Larven vor, mit denen sie
die Leute erschrecken."
Fr.: "Was wird in der Hölle gegessen?"
Antw.: "Die Leute sind immer hungrig. Die Verdammten leben von heißer
Asche und von giftigen Schlangen."
Fr.: "Welches Wasser haben sie zu trinken?"
Antw.: "Schreckliches Wasser. Nichts als geschmolzenes Blei."
Fr.: "Sterben sie in der Hölle?"
Antw.: "Nein. Einer frißt den anderen auf; aber Gott erweckt
jeden Morgen die Gefressenen wieder."
Mit dieser Probe wird wohl der Leser genug haben. Sehen wir uns nun einmal
das religiöse Leben der Indianer etwas näher an, von dem uns
nichts einen besseren Begriff liefern kann als eben ihre primitiven Märchen
und Legenden.
Wie bei den Griechen, so wimmelt auch bei jenen die ganze Natur von Göttern,
und wie erstere die Stufe zwischen Mensch und Gott durch ihr mächtiges
Heroengeschlecht ausfüllten, so haben letztere dafür zweideutige
Manitus erfunden. Bäche, Felsen, Bäume und Sträucher sind
von diesen Geistern bewohnt; Regenbogen, Nordlichter und Sternschnuppen
sind Geister, und die Milchstraße ist deren Weg.
Der hauptsächlichste religiöse Kultus der Irokesen besteht
in der Verehrung der heiligen drei Geschwister; diese sind der Geist des
Korns, der Geist der Bohne und der Geist des Kürbisses. Jene Pflanzen
sind nämlich die wichtigsten Gaben des Großen Geistes und daher
besonderen Schutzengeln anvertraut worden, unter denen man sich drei schöne
Frauen vorstellt, die einen großen Wigwam bewohnen und unter dem
Namen Deohako bekannt sind.
Die guten Geister offenbaren sich gewöhnlich durch Träume;
denn Träume, sagen die Indianer mit Homer, kommen von Gott und haben
folglich auch etwas zu bedeuten.
Wie nun der Große Geist seine zahlreichen Unterbeamten und Vasallen
hat, so hat auch sein später entstandener Antagonist, der Teufel,
eine Masse dienstbarer Trabanten, die Pestilenz, Krankheit und Hungersnot
verschulden und allerlei Schwarzkünstler und Hexen unter die Leute
schicken. Besonders großartig organisiert sind die irokesischen
Teufel; sie halten sogar jährlich ihre regelmäßigen Versammlungen
ab, zu denen jedem der Skalp seines besten Freundes als Einlaßzettel
dient.
Jene Teufel sollen auch dem edlen Korn seine ursprüngliche Nahrhaftigkeit
genommen und verursacht haben, daß dessen Pflanzung jetzt mit soviel
Mühe verbunden ist und die roten Leute dabei ihre liebe Mutter, die
Erde, so sehr quälen müssen. Wenn ' der Wind durch die Ähren
streift, so hört man auch ganz deutlich das Jammern und Wehklagen
des Korngeistes ob der Schändung des göttlichen Kleinods, das
der Sage nach dem Busen der Mutter des Großen Geistes entsprungen
sein soll.
Die zwei obersten geistigen Gewalten haben natürlich bei jedem Stamm
ihre besonderen Namen, Beschäftigungen, Attribute und eigentümlichen
Charaktere. Bei den Odjibwas heißt der Große Geist Gitschi
Manitu, bei den Irokesen Häwenneyu; andere Namen für ihn sind
Mingo Minnato, Monätowa, Atahon, Oki, Mitschabu usw. Einer seiner
Hauptbeamten war, wie die Irokesen erzählen, Heno, der Gott des Donners,
gewöhnlich nur der "Großvater" genannt, der unter
dem Niagarafall wohnte, Wolken, Regen und Gewitterstürme schuf und
stets rächende Blitze für die Hexen und Gotteslästerer
bereithielt. Sein Kopf war mit glänzenden Federn geschmückt,
die ihn gegen alle Attacken des Teufels sicherten, und wenn er ausging,
hängte er sich gewöhnlich einen großen, mit scharfkantigen
Felsen gefüllten Ranzen um, die er gelegentlich miserablen Subjekten
auf die Köpfe warf.
Am einfachsten in theologischen Dingen ist wohl der Apache-Indianer in
Sonora; er hat nur einen Häuptling des Himmels, Yastasitanne, angestellt,
ihm aber weiter keine Eigenschaften - weder gute noch schlechte - beigelegt,
weil man seiner großen Entfernung wegen darüber nichts zu sagen
wisse. Daher weiß er auch nicht, ob es eine Belohnung und eine Bestrafung
seiner Taten gibt, und an ein Fortleben nach dem Tod zu glauben, geht
nun ganz und gar über seinen Horizont.
Auch die Chickasaws wissen nichts von einer ewigen Verdammnis.
Der Große Geist hat so viele verschiedene Wohnungen, wie es Rothäute
gibt. Nach dem allgemeinen indianischen Sprichwort soll er auf "der
Prärie" weilen; die Komantschen sagen, sie wüßten
es nicht, aber die Sonne wüßte es sicher, da sie ihn ja täglich
besuche, weshalb man sie auch verehren solle. Andere sagen wieder, er
wohne in Carver's Cave, einer mit Hieroglyphen beschriebenen Höhle
bei St. Paul in Minnesota, die von den Indianern Wakantipe genannt wird,
usw.
Gitschi Manitu tritt in allen möglichen Gestalten auf: als Schildkröte,
als rote Sandsteinpfeife, als Bär usw. Er kann sich sehr schnell
verwandeln und tut das auch häufig. Den Odjibwas erschien er einst
als 64 Fuß (?) großer Riese; bei den Huronen hatte er sich
mit Schellen, Korallen und Muscheln behängt, und als ihm Hiawatha
seine Tochter opferte, kam er in Gestalt eines Vogels herunter. Früher,
als er noch als Mensch unter den Indianern lebte, hatte er sich den Namen
Manobozho, Hiawatha oder Tarenyawagon beigelegt, Namen, die ein sehr reichhaltiger
poetischer Sagenkreis umgibt. Seine Riesenarbeiten, die er in jener Gestalt
verrichtete, erinnern an die eines Herkules, eines Thor oder eines Vischnu.
Der indianische Hiawatha ist der mexikanische Quetzalcoatl; er lehrte
wie jener Ackerbau und Religion, zerstörte aber nicht wie der später
durch einen an einem Spinnengewebe vom Himmel gekommenen Zaubertrank verrückt
gemachte Azteke seine Werke wieder, sondern ließ sie für alle
Ewigkeit bestehen.
Hiawatha heiratete auch, aber er machte es nicht wie sein göttlicher
Kollege Vischnu, jener flötenblasende Mädchenjäger, der
sich 16000 Weiber anschaffte, oder wie der geile Zeus, der sogar seine
Schwester zur Frau nahm, sondern er war genügsam und nahm sich nur
eine Frau, um seiner Nation ein würdiges Beispiel zu geben, nach
dem sich aber seine "heiligen Nachfolger, die Herren Medizinmänner,
nicht gerne richten, denn sie glauben ebensogut wie die Chiefs das Privilegium
zu haben, Polygamie treiben zu dürfen.
Wie Zeus durch das Rauschen der Eiche zu Dodona seinen Willen kundgab,
so macht sich Gitschi Manitu durch das Rauschen der Blätter oder
durch die Gestalt hinziehender Wolken oder den Flug der Raubvögel
verständlich. Auch geben die Medizinmänner vor, mit ihm in direkter
Verbindung zu stehen, aber ihre Mitteilungen darüber sind bereits
seit geraumer Zeit so sehr in Mißkredit geraten, daß kein
Indianer mehr großen Wert darauf legt. Doch sind diese mitunter
so origineller und zuweilen auch so poetischer Natur, daß wir uns
erlauben, einige Worte darüber mitzuteilen.
Ungefähr im Jahre 1800 kam ein solcher Medizinmann zu den Irokesen,
der gab vor, großartige Offenbarungen vom Großen Geist zu
haben und auch von ihm mit der Aufgabe beehrt zu sein, seinen Willen zu
predigen. Er hieß Gäneodigo oder Schöner See und gehörte
zum Schildkrötentotem der Senecas. Seine Jugend hatte er, wie er
selbst erzählte, verfaulenzt, verbummelt und verliederlicht und dabei
seinen Körper so ruiniert, daß er stündlich seinen Tod
erwartete. Statt dessen erschien aber ein Abgesandter des Großen
Geistes bei ihm und brachte ihm einen Strauch mit Stachelbeeren, die er
essen mußte, worauf er wieder genas. Dann erteilte ihm der Bote
die priesterliche Weihe und zeigte ihm den Schreckensort der Missetäter
und das Paradies der Guten, damit er späterhin genaue Auskunft darüber
geben könne. Darauf trat Gäneodigo sein neues Amt an und predigte
über dreißig Jahre lang.
Er und Sosehawä, sein Neffe und Nachfolger, wüteten hauptsächlich
gegen das Feuerwasser, das kein anderer als der Teufel den Bleichgesichtern
in die Hände gegeben habe. Der Weiße gebe es auch nur deshalb
den Indianern, um bequem Zank und Streit unter ihnen zu stiften und sie
in ihre Zuchthäuser bringen zu können. Keiner, der auch nur
Feuerwasser trüge, komme in den Himmel. Wenn die Trinker am großen
Scheideweg anlangen, wo Gott und Teufel über sie zu Gericht sitzen
und über ihre Zukunft entscheiden, wird sie der Teufel gleich beim
Namen nennen und ihnen eine dickleibige Schnapsflasche kredenzen, deren
Inhalt ihnen wie ein feuriger Strom aus dem Mund fließen wird, wobei
sie vergeblich um Hilfe schreien. Frauen, die den Rothäuten Schnaps
verkauft haben, verlieren in der Ewigkeit Fleisch und Blut und müssen
als schreckliche Knochengestalten umherlaufen.
Ähnlich wütete auch Tecumseh, der Prophet, der die Sonne unter
seine Füße bringen konnte, gegen das Feuerwasser und teilte
mit, daß er bei seinen häufigen Reisen in die Wolken jedesmal
zuerst die Wohnung des Teufels erblickte, die von Säufern angefüllt
sei, denen ewig brennende Flammen aus den Mäulern leuchteten.
Schlechten Weibern und zanksüchtigen Männern wachsen nach dem
Tod die Zungen und die Augen so weit heraus, daß sie weder sprechen
noch sehen können; faule Frauen müssen ewig Korn schneiden,
das gleich wieder nachwächst. Weiberprügler müssen ständig
auf weißglühende Frauen schlagen, daß ihnen die Funken
Arme und Beine verbrennen. Die Hexen werden in einen Kessel mit kochendem
Wasser geworfen, und ihr teuflischer Freund wird ihnen trotz inbrünstigster
Bitten keinen kalten Platz anweisen. Die Landverkäufer müssen
große Sandberge abtragen, die aber nächtlich immer wieder nachwachsen,
usw.
So wie allmählich das Ansehen der Medizinmänner schwand und
der Bogen mit der Flinte vertauscht wurde, so schwanden auch die alten
"medizinenen" Sitten und Bräuche und die Heilighaltung
und Verehrung der Götter. Sogar der Medizinsack, das Heiligste, was
die Rothaut des Nordwestens je besessen hat und das kein Bleichgesicht
anrühren durfte, ohne mit dem Leben dafür zu büßen,
haben die meisten als nutzloses Anhängsel abgeworfen und, wo es ging,
mit der lieben Whiskyflasche vertauscht. Die indianischen Götter
müssen sich nun kümmerlich von stinkendem Tabaksrauch nähren,
und wenn ihnen zuweilen noch ein Pfeil, ein Stück Fleisch oder wohl
gar ein Hund geopfert wird, so sind diese Dinge sicherlich für jeden
anderen Gebrauch total wertlos. Höchstens wird vielleicht dann eine
Ausnahme gemacht, wenn irgendein großes Unglück über einen
Stamm gekommen ist und sich dieser wieder mit seinen Göttern versöhnen
will - also aus Gründen der Spekulation.
Der Indianer verehrt wie der Perser, der Araber, der Mexikaner und der
Peruaner hauptsächlich die Elemente, bringt diesen aber nicht wie
letztere Menschenopfer dar (Montezuma ließ ja bekanntlich deshalb
die Unabhängigkeit der Republik Tlascala bestehen, damit er immer
einen Feind hatte, der ihm Gefangene zum Opfern lieferte), wenigstens
geschah dies früher äußerst selten. So erschoß einst
ein Dakota, als es furchtbar donnerte und blitzte, seinen Sohn, um den
Donnergott zu bewegen aufzuhören. Auch stellten einst die Indianer
am Missouri, um sich einer gesegneten Ernte zu vergewissern, eine nackte
Jungfrau auf einen brennenden Holzhaufen und rissen ihr, als sie halb
verbrannt war, das Fleisch von den Knochen und streuten es über die
Kornfelder.
Die Hauptverehrung der Götter geschieht durch Tänze, deren
der Indianer beinahe so viele zählt, als er Haare in der Skalplocke
hat. Der Tanz bildet einen Teil seiner nationalen Existenz, und viele
behaupten, daß, sowie sie ihre Tänze aufgeben, ihre ganze Rasse,
dem Untergang nahe sei. Da haben sie denn in erster Reihe den religiösen
Federtanz und den patriotischen Kriegstanz, bei welch letzterem die hochzeitlichsten
Mokassins, Giseha und Gägetä angezogen werden und Tomahawk und
Skalpiermesser so blank geputzt sind, daß sie strahlen wie die Mittagssonne,
und bei dem die Mäuler in jenem grauenhaften Kriegsruf noch einmal
so weit wie gewöhnlich aufgerissen werden. Dann haben sie den Fischtanz
und den Büffeltanz, der jene Tiere herbeilocken soll; dann den Rasseltanz,
den Ententanz, den Skalptanz, den Bärentanz, den Schildkrötentanz,
den Hundetanz, den Donnertanz, den Totentanz usw.
Außerdem haben auch noch einige Stämme ein jährliches
Fest zur Erinnerung an die verheerende Sintflut, mit der sie einst der
Große Geist infolge ihrer Schlechtigkeit heimsuchte. Eine solche
Sintflut scheint jedoch den Winnebagos unbegreiflich, denn sie sagen,
Gitschi Manitu müsse ein großer Narr gewesen sein, wenn er
seine mühsam fabrizierte Welt mit allem, was darauf kroch und flog,
wieder so leichtsinnig zerstört habe.
Als nach einer mexikanischen Erzählung die Erde durch den Wassergott
Tlalok unterging - eine Episode, die das sogenannte "vierte Weltalter"
bildet -, entging nur der alte Fischgott Coxox mit seiner besseren oder
schlechteren Hälfte den Fluten, und ein Kolibri zeigte ihnen später
durch einige mitgebrachte Zweige an, daß sich die Erde wieder reorganisiere.
Das bei den Karaiben gerettete Menschenpaar bevölkerte die Erde wieder
dadurch, daß es Steine hinter sich warf, die sich augenblicklich
in Menschen verwandelten (s. Deukalion und Pyrrha).
Bei den Muyscas, die die Terra firma bewohnen, wurde die Sintflut durch
ein böses Weib verschuldet, und wenn ihr dreihäuptiger Mann
nicht schnell den Wasserfall von Tequendana geschaffen hätte, so
daß das Wasser abfließen konnte, so wären sicherlich
alle Menschen ertrunken. Die Komantschen in Texas glauben, sie seien deshalb
dem Ertrinken entronnen, weil sie der Große Geist noch zur rechten
Zeit in weiße Vögel verwandelt habe.
Bei einigen Indianerstämmen herrscht der Glaube, daß die Welt
das nächstemal durch Feuer untergehen werde, ein Malheur, das die
Brasilianer und die Mexikaner bereits glücklich überstanden
haben.
Große Aufregung herrscht jedesmal bei einer Sonnen- oder einer
Mondfinsternis, denn einige glauben, der betreffende Körper sei krank
und wolle sterben. Einige glauben auch wie die Chinesen, ein böser
Geist wolle ihn verschlingen, weshalb sie einen fürchterlichen Lärm
machen, um diesen zu verscheuchen. Hunde werden losgebunden und geprügelt
und alle Donnerbüchsen abgeschossen. Plutarch erzählt, daß
auch die Römer bei ähnlichen Gelegenheiten zu demselben Zweck
eherne Gefäße gegeneinander schlugen.
Kurios sind die Ansichten einiger Indianerstämme hinsichtlich ihres
Lebens nach dem Tod. Sie stimmen nur in dem Punkt überein, daß
die Hauptseele des Guten ein prächtiges, sonniges Land voll des fettesten
Wildes erwartet; der Weg dahin führt teils über die Milchstraße,
teils über die große "medizinene" Prärie. Wir
sagten eben die Hauptseele, und das mit Absicht, denn manche Indianerstämme
schreiben sich mehrere Seelen zu. Die Dakotas glauben deren vier zu haben,
wovon die erste ins Reich der Geister oder ins Paradies gehe und die zweite
die Luft bewohne; die dritte müsse den Kadaver bewachen und die vierte
ständig ihr heimatliches Dorf umschweben.
Bei den Stämmen der Algonkin-Familie begnügt sich jeder Indianer
mit zwei Seelen: einer körperlichen und einer geistigen; sie nageln
deshalb auch nie ihre Särge zu, so daß die eine immer bequem
aus und ein gehen und der anderen Nahrung bringen kann. Daß überhaupt
jeder Mensch zwei Seelen habe, suchte ein alter Indianer einst am Träumen
zu beweisen; während nämlich die eine Seele durch Feld und Wald
streife, bleibe die andere ruhig beim Körper zurück, denn sonst
würde der ja während dieser Zeit sterben.
Der meisten Seelen rühmen sich die Karaiben: jeder Pulsschlag ist
nämlich eine. Sie haben Seelen der Augen, der Nase, der Füße,
der Hände usw., von denen aber nicht alle selig werden.
In der alten Tragödie "Pontiac", wahrscheinlich von William
Rogers verfaßt, gibt es zwei Trapper, von denen der eine dem Indianer
gar keine Seele zuspricht:
ORSBOURN: I fear their ghosts will haunt us in the dark.
HONNYMAN:
It's no more murder than to crack a louse,
That is, if you 've the wit to keep it private.
And as to haunting Indians have no ghosts,
But as they live like beasts, like beasts they die.
I've killed a dozen in this selfsame way,
And never yet was troubled with their ghosts.
ORSBOURN: Then I'm content, my scroupels are removed.
Für die Seelen sorgen einige Indianer recht ängstlich. Die
Dakotas hängen rings um den Leichnam Speise auf und lassen mehrere
Tage lang ein Feuer dabei brennen, damit jene weder frieren noch Hunger
leiden. Kindern wird ihr Spielzeug beigegeben, und die Verwandten kommen
häufig zum Totengerüst, um sich mit der dabei zurückgebliebenen
Seele zu unterhalten.
Die Algonkins fangen, wenn einer von ihnen gestorben ist, einen Vogel,
der dessen Seele in den Himmel tragen muß.
An die sogenannte "Seelenwanderung" glauben nicht alle Stämme.
Die Algonkins behaupten, vor ihrer Geburt Tiere bewohnt zu haben, weshalb
sie diese auch für vernünftig und verständig halten. Einige
Odjibwas geben vor, einem Hundefell entsprungen zu sein, und die Bucros
hoffen nach dem Tod in Affen verwandelt zu werden. Gewisse Stämme
in Kalifornien essen nie Fleisch von großen Tieren, da sie befürchten,
es enthielte den Geist irgendeines Menschen. Viele essen von Tieren, die
sie aus dem genannten Grund in Ehrfurcht halten, nicht von der rechten
Seite oder nicht vom Kopf oder nicht die Leber
usw.
Zum weiteren Seelenleben der Indianer gehören auch noch die "Ahnungen".
Der Aberglaube eines jeden Volkes und eines jeden Landes denkt überall
jedes bedeutende soziale wie politische Ereignis in irgendeiner Weise
vorausgesehen zu haben. Hat ein altes Weib einen außergewöhnlichen
Traum gehabt; hat ein grimmiger Köter eine ganze Nacht hindurch ohne
bekannte Ursache gebellt; ist ein Nordlicht erschienen oder hat sich sonst
ein gerade nicht alltägliches physikalisches Phänomen blicken
lassen, und das philiströse Stilleben wird plötzlich mit Krieg,
Hungersnot oder Pestilenz heimgesucht, so unterliegt es natürlich
keinem Zweifel, daß die vorhergegangenen Zufälligkeiten die
untrüglichsten Vorboten jener Kalamitäten waren. So haben die
Indianer geradesogut ihre schlimmen Omina vom Untergang ihrer Nation wie
zu ihrer Zeit die Etrusker, die Römer und die Türken.
Im Oktober 1762 - also kurz vor Beginn des blutigen Pontiacschen Krieges
- will man über Detroit mehrere kohlschwarze Wolken gesehen haben,
deren Regen nach Schwefel roch und eine tintenartige Farbe hatte, so daß
die Leute damit schreiben konnten. Ehe der sogenannte "König-Philipps-Krieg"
(King Philipp's war) anfing, hörte man in der Plymouth-Kolonie häufig
schweres Kanonengerassel in der Luft, hörte Flinten abfeuern und
den Lärm der Trommeln, ohne jedoch etwas zu sehen. Bei den Indianern
zu Columbus' Zeiten deuteten alle derartigen Vorzeichen auf die Ankunft
der Spanier hin.
Das Sterben soll bei einigen Indianerstämmen wie bei den Griechen
durch die Ungehorsamkeit der Weiber eingeführt worden sein, wie denn
überhaupt diese als die Quelle allen Elends gelten müssen, das
die Rothaut das Leben hindurch verfolgt. Kein Wunder also, daß die
Vergrößerung einer Familie durch ein Mädchen quasi als
ein Unglück gilt, wenn der Indianer auch nicht so inhuman damit verfährt
wie der Hindu, der es auf den Markt trägt und mit der einen Hand
feilbietet und in der anderen ein Messer hält, um es für den
Fall, daß sich kein Liebhaber dafür findet, gleich erstechen
zu können.
Viele Kinder zu besitzen ist der indianischen Squaw unangenehm, und das
aus sehr triftigen Gründen: Bei ihrem ständigen Wanderleben
ist sie der alleinige Packesel, der sie mühsam mitschleppen muß,
da es der Mann ebensosehr unter seiner Würde hält, Kinder zu
tragen wie Mais zu pflanzen. Doch da wissen sich einige Squaws genausogut
zu helfen wie die amerikanischen Ladies seit der Zeit, wo bei ihnen der
nationale Grundsatz, unter keinen Umständen mehr als höchstens
zwei Kinder zu besitzen, zur allgemein befolgten Regel geworden ist. Aber
weder die Faulheit noch die Furcht vor Mutterpflichten treibt sie zu jenem
teuflischen Verbrechen; auch nicht die Bequemlichkeit oder die allmächtige
Mode mit ihren mannigfachen Ansprüchen; auch nicht gesellschaftliche
Rücksichten wie Bälle, Teevisiten usw., die doch unter keinen
Umständen vernachlässigt werden dürfen - nein, was die
rote Frau dazu treibt, sind die Not, die pure Not, und ihr gesamtes nationales
Unglück, das ihr Kind der genügenden Kleidung, Nahrung, Pflege
und Ruhe beraubt.
Wer hilflos ist, ist überflüssig in der Welt, und in diese
Kategorie gehören bei den Indianern außerdem auch noch die
Greise. Einem bejahrten Dakota gaben einst seine Kinder eine Flinte in
die Hand, damit er sich gegen sie verteidigen könne, damit sie, wie
sie sagten, ihn in ehrenhafter Weise loswürden - dieselbe Methode
also, die jetzt die Zivilisation gegen die ganze Rasse anwendet und wobei
jene auch ihren sicheren Untergang finden wird. Es wird wahrhaftig kein
Jahrhundert mehr dauern, so wird der mächtige amerikanische Adler
die Seele der letzten Rothaut zwar nicht in die Höhe zum Großen
Geist, wohl aber ins Reich der gänzlichen Vergessenheit getragen
haben.
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02 Okt 2018 19:54 #14816
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Das weiße Steinkanu
Vor vielen, vielen Jahren lebte am Michigansee ein wunderschönes
Mädchen, das mit einem tapferen, jagdtüchtigen jungen Mann verlobt
war. Der Tag ihrer Hochzeit war auch bereits festgesetzt worden; als aber
dieser endlich herankam, starb die hübsche Braut plötzlich.
Das raubte denn dem Bräutigam alle Ruhe und alle Lebenslust. Stundenlang
saß er unter dem Totengerüst, auf das die alten Frauen ihren
Leichnam zur Verwesung hingelegt hatten, und nahm weder Speise noch Trank
zu sich. Seine Kameraden kamen häufig zu ihm und sagten, er sollte
doch klüger sein und seine Gedanken lieber auf die Jagd oder den
Krieg lenken, als seine jungen Tage so mit unnützem Trauern zu vergeuden.
Aber sein Herz war tot für solche Beschäftigungen, und unwillig
schleuderte er Keule, Pfeil und Bogen von sich, da sie ihm keinen Ersatz
für das Verlorene zu gewähren vermochten.
Nun hatte er einst von alten Leuten gehört, daß es einen geheimen
Pfad gäbe, der zum Land der Seelen führe. Diesen gedachte er
nun zu verfolgen. Er bereitete sich also vor und marschierte südwärts,
was der Tradition nach die rechte Richtung war. Für eine Weile begegnete
ihm weiter nichts Außergewöhnliches; Berge, Täler und
Bäume sahen geradeso aus wie bei ihm und die Tiere und die Vögel
ebenfalls.
Als er seinen Wigwam verlassen hatte, lag rundum alles in Schnee und
Eis, welch winterliche Zeichen sich jedoch allmählich verloren; der
Schnee schmolz durch die Strahlen der erstarkenden Sonne, die Bäume
bekamen nach und nach grüne Blätter, und ohne daß er wußte,
wie es eigentlich zuging, stand rings um ihn her die ganze Natur in der
anmutigsten Frühlingspracht. Die Blumen erglänzten in ungeahntem
Farbenschmuck, und die Vögel erfüllten die Luft mit den herrlichsten
Liedern. Unser Wanderer war also auf dem rechten Weg.
Bald entdeckte er auch einen geebneten Fußpfad, der ihn durch ein
allerliebstes Wäldchen auf eine Anhöhe führte, auf der
er eine sorgfältig gebaute Hütte wahrnahm. Ein alter Mann mit
schneeweißem Haar und eingesunkenen Augen, aus denen aber doch noch
das Feuer der Jugend zu lodern schien, kam ihm freundlich entgegen und
hieß ihn willkommen. Um seine Schultern hing ein weiter Mantel aus
den feinsten Tierfellen, und in seiner Hand führte er einen silberglänzenden
Stab.
Der junge Mann nahte sich dem Alten ehrfurchtsvoll und brachte in ehrerbietigster
Weise sein Anliegen vor.
"Oh", sagte der Greis, "ich kenne deinen Wunsch bereits;
ich habe dich schon lange erwartet und war eben ausgegangen, um nach dir
zu sehen. Diejenige, die du suchst, hat sich vorgestern bei mir ausgeruht
und neue Kräfte zu ihrer Reise ins Land der Seelen gesammelt, und
das mußt du denn auch tun."
Darauf setzten sie sich zusammen vor die Tür des Wigwams, und der
Alte fuhr fort: "Sieh - dort, wo sich die große blaue Ebene
bis ins Unendliche ausdehnt, dort ist das Paradies, ihre Heimat. Hier
stehst du an der Grenze; mein Haus bildet die Eingangspforte. Deinen Körper
aber kannst du nicht mit hinnehmen, auch deinen Hund und deine Waffen
nicht; ich werde dir daher dies alles bis zu deiner Rückkehr treulich
aufbewahren."
Darauf zog sich der Greis in seine Wohnung zurück, und der junge
Mann marschierte rüstig weiter. Sein Gang war so leicht, als ob er
plötzlich Flügel bekommen hätte, und je weiter er ging,
desto heller glänzte alles um ihn. Die Tiere gingen so traulich an
ihm vorbei, und die Vögel flogen so nahe an ihn heran, daß
es ihm vorkam, als sähen sie ihn gar nicht. Weder Berg noch Baum
nötigte ihn zu einem Umweg; er ging gerade mittendurch, denn es waren
ja auch nur die Geister der Bäume und der Berge, die sich ihm entgegenstellten.
Als er so eine halbe Tagesreise hinter sich hatte, kam er an das Ufer
eines breiten Sees, in dessen Mitte ein wunderschönes Eiland lag.
Er setzte sich in ein weißes Steinkanu, von dem ihm der Alte vorher
beim Abschied einige Worte nachgerufen hatte, und ergriff die Ruder, um
hinüberzufahren. Beim Herumdrehen sah er jedoch auf einmal seine
Geliebte in einem anderen Kanu neben sich. Die Wogen des Sees gingen immer
höher und höher, vermochten aber nicht über den weißen
Rand der Schifflein zu schlagen. Viele andere Seelen begegneten ihnen
auch noch, und einige davon wurden von den schäumenden Wellen verschlungen.
Nur die Kanus der kleinen Kinder blieben von diesen Stürmen vollständig
verschont.
Auch unser Paar überstand glücklich alle diese Gefahren und
betrat freudig das himmlische Eiland, wo es keine Stürme und keinen
Regen mehr gab; wo keiner fror, keiner Hunger litt und keiner über
einen Todesfall zu klagen brauchte. Dort sah man keine Gräber; auch
hörte man von keinem Krieg. Auf die Tiere wurde nicht Jagd gemacht,
denn die nahrhafte Luft des Paradieses sättigte alle vollkommen.
Gern wäre der junge Krieger hiergeblieben, aber der Meister des
Lebens rief ihm plötzlich zu: "Geh zurück in das Land,
aus dem du gekommen bist, da du deine Pflichten dort noch nicht erfüllt
hast. Höre dann auf die Lehren, die dir mein Türhüter geben
wird, wenn er dir deinen Körper zurückerstattet; und wenn du
danach handelst, dann wirst du auch späterhin den Geist wiedersehen,
den du jetzt zurücklassen mußt; er wird dann noch so jung,
schön und glücklich sein wie an dem Tag, als ich ihn zu mir
rief!"
Als diese Rede des Großen Geistes verhallt war - erwachte der rote
Jüngling. Seine schöne Reise in das Land der Seelen war nur
ein glücklicher Traum gewesen, während er in Wirklichkeit mit
Hunger, Kälte und bitteren Tränen zu kämpfen hatte.
Quelle: Karl Knortz, Märchen und Sagen der
Indianer Nordamerikas, Jena 1871, Nr 1
www.sagen.at/texte/maerchen/maerchen_usa...weissesteinkanu.html
www.sagen.at
www.momanda.de/group/789
Vor vielen, vielen Jahren lebte am Michigansee ein wunderschönes
Mädchen, das mit einem tapferen, jagdtüchtigen jungen Mann verlobt
war. Der Tag ihrer Hochzeit war auch bereits festgesetzt worden; als aber
dieser endlich herankam, starb die hübsche Braut plötzlich.
Das raubte denn dem Bräutigam alle Ruhe und alle Lebenslust. Stundenlang
saß er unter dem Totengerüst, auf das die alten Frauen ihren
Leichnam zur Verwesung hingelegt hatten, und nahm weder Speise noch Trank
zu sich. Seine Kameraden kamen häufig zu ihm und sagten, er sollte
doch klüger sein und seine Gedanken lieber auf die Jagd oder den
Krieg lenken, als seine jungen Tage so mit unnützem Trauern zu vergeuden.
Aber sein Herz war tot für solche Beschäftigungen, und unwillig
schleuderte er Keule, Pfeil und Bogen von sich, da sie ihm keinen Ersatz
für das Verlorene zu gewähren vermochten.
Nun hatte er einst von alten Leuten gehört, daß es einen geheimen
Pfad gäbe, der zum Land der Seelen führe. Diesen gedachte er
nun zu verfolgen. Er bereitete sich also vor und marschierte südwärts,
was der Tradition nach die rechte Richtung war. Für eine Weile begegnete
ihm weiter nichts Außergewöhnliches; Berge, Täler und
Bäume sahen geradeso aus wie bei ihm und die Tiere und die Vögel
ebenfalls.
Als er seinen Wigwam verlassen hatte, lag rundum alles in Schnee und
Eis, welch winterliche Zeichen sich jedoch allmählich verloren; der
Schnee schmolz durch die Strahlen der erstarkenden Sonne, die Bäume
bekamen nach und nach grüne Blätter, und ohne daß er wußte,
wie es eigentlich zuging, stand rings um ihn her die ganze Natur in der
anmutigsten Frühlingspracht. Die Blumen erglänzten in ungeahntem
Farbenschmuck, und die Vögel erfüllten die Luft mit den herrlichsten
Liedern. Unser Wanderer war also auf dem rechten Weg.
Bald entdeckte er auch einen geebneten Fußpfad, der ihn durch ein
allerliebstes Wäldchen auf eine Anhöhe führte, auf der
er eine sorgfältig gebaute Hütte wahrnahm. Ein alter Mann mit
schneeweißem Haar und eingesunkenen Augen, aus denen aber doch noch
das Feuer der Jugend zu lodern schien, kam ihm freundlich entgegen und
hieß ihn willkommen. Um seine Schultern hing ein weiter Mantel aus
den feinsten Tierfellen, und in seiner Hand führte er einen silberglänzenden
Stab.
Der junge Mann nahte sich dem Alten ehrfurchtsvoll und brachte in ehrerbietigster
Weise sein Anliegen vor.
"Oh", sagte der Greis, "ich kenne deinen Wunsch bereits;
ich habe dich schon lange erwartet und war eben ausgegangen, um nach dir
zu sehen. Diejenige, die du suchst, hat sich vorgestern bei mir ausgeruht
und neue Kräfte zu ihrer Reise ins Land der Seelen gesammelt, und
das mußt du denn auch tun."
Darauf setzten sie sich zusammen vor die Tür des Wigwams, und der
Alte fuhr fort: "Sieh - dort, wo sich die große blaue Ebene
bis ins Unendliche ausdehnt, dort ist das Paradies, ihre Heimat. Hier
stehst du an der Grenze; mein Haus bildet die Eingangspforte. Deinen Körper
aber kannst du nicht mit hinnehmen, auch deinen Hund und deine Waffen
nicht; ich werde dir daher dies alles bis zu deiner Rückkehr treulich
aufbewahren."
Darauf zog sich der Greis in seine Wohnung zurück, und der junge
Mann marschierte rüstig weiter. Sein Gang war so leicht, als ob er
plötzlich Flügel bekommen hätte, und je weiter er ging,
desto heller glänzte alles um ihn. Die Tiere gingen so traulich an
ihm vorbei, und die Vögel flogen so nahe an ihn heran, daß
es ihm vorkam, als sähen sie ihn gar nicht. Weder Berg noch Baum
nötigte ihn zu einem Umweg; er ging gerade mittendurch, denn es waren
ja auch nur die Geister der Bäume und der Berge, die sich ihm entgegenstellten.
Als er so eine halbe Tagesreise hinter sich hatte, kam er an das Ufer
eines breiten Sees, in dessen Mitte ein wunderschönes Eiland lag.
Er setzte sich in ein weißes Steinkanu, von dem ihm der Alte vorher
beim Abschied einige Worte nachgerufen hatte, und ergriff die Ruder, um
hinüberzufahren. Beim Herumdrehen sah er jedoch auf einmal seine
Geliebte in einem anderen Kanu neben sich. Die Wogen des Sees gingen immer
höher und höher, vermochten aber nicht über den weißen
Rand der Schifflein zu schlagen. Viele andere Seelen begegneten ihnen
auch noch, und einige davon wurden von den schäumenden Wellen verschlungen.
Nur die Kanus der kleinen Kinder blieben von diesen Stürmen vollständig
verschont.
Auch unser Paar überstand glücklich alle diese Gefahren und
betrat freudig das himmlische Eiland, wo es keine Stürme und keinen
Regen mehr gab; wo keiner fror, keiner Hunger litt und keiner über
einen Todesfall zu klagen brauchte. Dort sah man keine Gräber; auch
hörte man von keinem Krieg. Auf die Tiere wurde nicht Jagd gemacht,
denn die nahrhafte Luft des Paradieses sättigte alle vollkommen.
Gern wäre der junge Krieger hiergeblieben, aber der Meister des
Lebens rief ihm plötzlich zu: "Geh zurück in das Land,
aus dem du gekommen bist, da du deine Pflichten dort noch nicht erfüllt
hast. Höre dann auf die Lehren, die dir mein Türhüter geben
wird, wenn er dir deinen Körper zurückerstattet; und wenn du
danach handelst, dann wirst du auch späterhin den Geist wiedersehen,
den du jetzt zurücklassen mußt; er wird dann noch so jung,
schön und glücklich sein wie an dem Tag, als ich ihn zu mir
rief!"
Als diese Rede des Großen Geistes verhallt war - erwachte der rote
Jüngling. Seine schöne Reise in das Land der Seelen war nur
ein glücklicher Traum gewesen, während er in Wirklichkeit mit
Hunger, Kälte und bitteren Tränen zu kämpfen hatte.
Quelle: Karl Knortz, Märchen und Sagen der
Indianer Nordamerikas, Jena 1871, Nr 1
www.sagen.at/texte/maerchen/maerchen_usa...weissesteinkanu.html
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02 Okt 2018 20:12 #14818
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Die Frau mit dem gelben Haar
Es war bittere Not, die alten Leute und die Kinder weinen. Da werden die beiden Häuptlingssöhne ausgesandt, Nahrung zu beschaffen. Nachdem sie 8 Tage ohne zu Essen Richtung Norden marschiert waren, fühlten sie sich so schwach, daß sie nur noch die Kraft in sich spürten, einen Platz zum Sterben zu suchen. Ihre Wahl fällt auf die Spitze eines Hügels, der ihr Grab für den Stamm markieren sollte. Doch um ihn zu erreichen müssen sie einen breiten Strom überqueren. Im Wasser wird der Jüngere der Beiden, plötzlich von einer mysteriösen Macht festgehalten, so dass er nicht weiterkommt. Der Ältere läuft am Ufer auf und ab, weint und nimmt von seinem Freund Abschied. Da kommt ein Mann auf ihn zu. Er ist mit dem Fell eines Präriewolfs gekleidet und trägt ein großes Messer bei sich. Er taucht ins Wasser und schneidet der großen Schlange, die den Jungen festhielt, den Kopf ab. Dann spricht er den Älteren an:
"geh den Berg hinauf, bis du eine Höhle findest, dort wohnt eine alte Frau, sag ihr, Großvater habe die Schlange getötet, die er schon lang gesucht hatte, und sie solle ihm Seile geben."
Mit den Seilen hilft er dem Wolfsmann, den Jüngeren Häuptlingssohn aus dem Wasser zu ziehen. Und auch die tote Schlange muss ans Ufer gebracht werden. Wie er nun dem Jüngeren totalerschöpten Freund auf den Berg hilft, wird eine Schwitzhütte gerichtet und sie lassen ihn schwitzen. Währenddessen sprenkelt der Wolfsmann Wasser über die Steine und singt. Er macht das 4 mal und richtet sich dabei jedesmal in eine Himmelsrichtung. Dann ist der junge Häuptlingssohn geheilt.
Die alte Frau hat inzwischen den jungen Männern ein Mahl gerichtet. Nachdem sie gesättigt sind, weist der Wolfsmann in den hinteren Teil der Höhle. Dort sitzt ihre Tochter, eine sehr junge hübsche Frau mit gelben Haaren.
Da sagt der Wolfsmann: "entscheidet euch, wollt ihr sie als Schwester, oder einem zur Frau. Der Ältere übernimmt das Wort: "Der Jüngere mag als Ausgleich zu seiner überstandenen Qual, die Tochter zur Frau nehmen.
Der Wolfsmann ist zufrieden über diese Entscheidung. Und fordert die jungen Männer auf in die vier Himmelsrichtungen zu blicken. Dabei erkennen sie im Norden ein Kornfeld, im Osten eine Bübffelherde, im Süden Elche, Rehe und anderes Wild, dazu Pferde und im Westen schließlich alle möglichen Arten von Vögeln.
All dieses, sagt der Wolfsmann, folgt meiner Tochter mit dem gelben Haar, sie wird dem Stamm eine große hilfsreiche Kraft sein. Ein einziges Gebot gebe ich Dir, und er schaut seine Tochter an, mit auf den Weg. Habe niemals Mitleid mit einem Tier, sage niemals "mein armes Tier."
Nun gehen die beiden Männer und die junge Frau zurück zu dem Stamm und bringen Nahrung in Fülle. Die Büffel kommen so nahe ans Lager, dass sie sie von den Zelteingängen schießen können. Die Leute wollen die junge Frau beschenken, doch sie lehnt jedes Geschenk ab.
Wie die drei nach vier Jahren nocheinmal ihre Eltern besuchen, wiederholt der Wolfsmann sein Gebot: "Sage niemals, mein armes Tier.
Wie sie in den Stamm zurückkommt beobachtet sie eines Morgens wie Kinder einem Büffelkälbchen Dreck in die Augen werden. Da hat sie Mitleid und ruft aus: "mein armes Tier."
Am selben Tag verschwinden die Büffel, und die Frau und die beiden Männer müssen von nun an dem Wolfsmann und seiner Frau dienen.
www.erzaehlkarawane-ammersee.de/geschich...idth=1344&height=840
Es war bittere Not, die alten Leute und die Kinder weinen. Da werden die beiden Häuptlingssöhne ausgesandt, Nahrung zu beschaffen. Nachdem sie 8 Tage ohne zu Essen Richtung Norden marschiert waren, fühlten sie sich so schwach, daß sie nur noch die Kraft in sich spürten, einen Platz zum Sterben zu suchen. Ihre Wahl fällt auf die Spitze eines Hügels, der ihr Grab für den Stamm markieren sollte. Doch um ihn zu erreichen müssen sie einen breiten Strom überqueren. Im Wasser wird der Jüngere der Beiden, plötzlich von einer mysteriösen Macht festgehalten, so dass er nicht weiterkommt. Der Ältere läuft am Ufer auf und ab, weint und nimmt von seinem Freund Abschied. Da kommt ein Mann auf ihn zu. Er ist mit dem Fell eines Präriewolfs gekleidet und trägt ein großes Messer bei sich. Er taucht ins Wasser und schneidet der großen Schlange, die den Jungen festhielt, den Kopf ab. Dann spricht er den Älteren an:
"geh den Berg hinauf, bis du eine Höhle findest, dort wohnt eine alte Frau, sag ihr, Großvater habe die Schlange getötet, die er schon lang gesucht hatte, und sie solle ihm Seile geben."
Mit den Seilen hilft er dem Wolfsmann, den Jüngeren Häuptlingssohn aus dem Wasser zu ziehen. Und auch die tote Schlange muss ans Ufer gebracht werden. Wie er nun dem Jüngeren totalerschöpten Freund auf den Berg hilft, wird eine Schwitzhütte gerichtet und sie lassen ihn schwitzen. Währenddessen sprenkelt der Wolfsmann Wasser über die Steine und singt. Er macht das 4 mal und richtet sich dabei jedesmal in eine Himmelsrichtung. Dann ist der junge Häuptlingssohn geheilt.
Die alte Frau hat inzwischen den jungen Männern ein Mahl gerichtet. Nachdem sie gesättigt sind, weist der Wolfsmann in den hinteren Teil der Höhle. Dort sitzt ihre Tochter, eine sehr junge hübsche Frau mit gelben Haaren.
Da sagt der Wolfsmann: "entscheidet euch, wollt ihr sie als Schwester, oder einem zur Frau. Der Ältere übernimmt das Wort: "Der Jüngere mag als Ausgleich zu seiner überstandenen Qual, die Tochter zur Frau nehmen.
Der Wolfsmann ist zufrieden über diese Entscheidung. Und fordert die jungen Männer auf in die vier Himmelsrichtungen zu blicken. Dabei erkennen sie im Norden ein Kornfeld, im Osten eine Bübffelherde, im Süden Elche, Rehe und anderes Wild, dazu Pferde und im Westen schließlich alle möglichen Arten von Vögeln.
All dieses, sagt der Wolfsmann, folgt meiner Tochter mit dem gelben Haar, sie wird dem Stamm eine große hilfsreiche Kraft sein. Ein einziges Gebot gebe ich Dir, und er schaut seine Tochter an, mit auf den Weg. Habe niemals Mitleid mit einem Tier, sage niemals "mein armes Tier."
Nun gehen die beiden Männer und die junge Frau zurück zu dem Stamm und bringen Nahrung in Fülle. Die Büffel kommen so nahe ans Lager, dass sie sie von den Zelteingängen schießen können. Die Leute wollen die junge Frau beschenken, doch sie lehnt jedes Geschenk ab.
Wie die drei nach vier Jahren nocheinmal ihre Eltern besuchen, wiederholt der Wolfsmann sein Gebot: "Sage niemals, mein armes Tier.
Wie sie in den Stamm zurückkommt beobachtet sie eines Morgens wie Kinder einem Büffelkälbchen Dreck in die Augen werden. Da hat sie Mitleid und ruft aus: "mein armes Tier."
Am selben Tag verschwinden die Büffel, und die Frau und die beiden Männer müssen von nun an dem Wolfsmann und seiner Frau dienen.
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02 Okt 2018 20:14 #14819
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Das braune Pferd
indianisches Märchen der Pawnees
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Vor vielen Jahren lebte in einem Pawneestamm eine alte Frau mit ihem Enkel, einem Jungen von etwa 15 Jahren. Die beiden hatten keine Verwandten und waren sehr arm. So arm waren sie, dass alle andere Familien des Stammes sie verachteten. Sie hatten keinen Besitz; und immer, wenn der Stamm aufbrach und von einem Lagerplatz zu einem anderen zog, blieben die beiden zurück, um sich in dem verlassenen Lager umzusehen und all das aufzulesen, was die anderen Indianer fortgeworfen hatten. So fanden sie manchmal ein Stück von einem Umhang, zerschlissene Mokassins, oder ein paar Brocken Fleisch.
Als eines Tages der Stamm wieder einmal weiterzog und die alte Frau und der Junge ganz hinten am Zug mitliefen, geschah es, daß ein mageres, verwahrlostes Pferd zu ihnen getrottet kam. Es war dünn, erschöpft, blind auf einem Auge, hatte einen wunden Rücken und die Gelenke seiner Vorderbeine waren angeschwollen. Das Pferd war wertlos und kein Pawnee fand es der Mühe wert es mit dem Zug fortzutreiben. Als es zu der alten Frau und dem Enkel gelaufen kam, sagte der Junge: "Komm, wir nehmen den Braunen mit, vielleicht kann er unser Bündel tragen."Die alte Frau legte ihr Bündel auf den Rücken des Pferdes, und sie liefen weiter. Das Pferd lahmte und sie kamen noch langsamer voran.
Der Stamm zog weiter nach den nördlichen Plate River hinauf zum Court House Rock. Die beiden armen Indianer folgten nach und kampierten bei den anderen.
Eines Tages kam der junge Mann, der ausgeschickt worden war um nach Büffel Ausschau zu halten, ins Lager gerannt und berichtete dem Häuptling: "ich habe eine große Herde gesehen, unter ihnen ist auch ein geflecktes Kalb."
Der oberste Häuptling der Pawnees hatte eine schöne Tochter und als er von dem gefleckten Kalb hörte, befahl er dem jungen Mann durch das Dorf zu laufen und auszurufen:"der Mann, der das gefleckten Kalbes als erstes erlege, erhalte meine Tochter zur Frau". Denn eine gefleckte Büffeldecke war selten und eine zauberkräftige Medizin.
Die Büffel weideten etwa 4 Meilen von den Zelten der Pawnees entfernt, und die Häuptlinge kamen überein, dass man die Herde mit einer Reiterattacke jagen wolle. So hatte der Reiter die besten Aussichten das Kalb als erster zu schießen, der das schnellste Pferd besaß. Also fanden sich die jungen Männer zur Jagd zusammen, jeder ausgerüstet mit seinem besten Pferd und Pfeil und Bogen. Unter ihnen war auch der arme Junge auf dem alten Braunen. Als die anderen ihn sahen, verhöhnten sie ihn:"seht nur da steht das Pferd, das bestimmt sieger wird". Solange verspotteten sie den Jungen bis er sich soweit von der Gruppe zurückzog, dass er ihre Späße nicht mehr hörte. Da wandte das Pferd seinen Kopf und sprach:"Bring mich hinunter zum ausgetrockneten Flußbett und beschmiere mich hanz mit Lehm. Vergiß auch meinen Hals und meine Beine nicht."Der Junge fürchtete sich vor dem Pferd was sprechen konnte, tat aber was es ihm aufgetragen hat.
Als nun alle schnellen Pferde in einer Reihe aufgestellt waren und ungeduldig tänzelten, gab der oberste Häuptling den Befehl zum Angriff. "Loo-ah!" rief er."Los!"
Da beugten sich die Pawnee auf ihren Pferden vor, stiessen Freudenschreie aus und preschten voran. Da tauchte von rechts das elende braune Pferd auf. Es schien nicht schnell zu laufen. Es lief überhaupt nicht. Es flog dicht über den Boden. Es ging an allen anderen Pferden vorbei und war im nächsten Augenblick unter der Büffelherde. Der Junge zog Pfeil und Bogen und schoss das gefleckte Kalb zu. Er legte einen zweiten Pfeil auf, und tötete die fette Büffelkuh. Dann stieg der Junge ab, und ehe die anderen Jäger überhaupt herangekommen waren, zog er dem gefleckten Kalb das Fell ab. Als die Männer nun zu dem alten Braunen hinsahen, fanden sie es völlig verändert. Es schlug aus und wollte vor Kraft und Feuer kaum neben dem toten Büffel stehenbleiben. Der Rücken war wieder heil, die Fesseln kräftig und beide Augen klar und hell. Der arme Junge häutete auch noch die Kuh ab, packte dann alles Fleisch auf sein Pferd, deckte die Ladung mit der gefleckten Haut ab und führte das braune Pferd ins Lager zurück. Aber selbst jetzt, mit der schweren Last auf dem Rücken tänzelte das Pferd. Einer der reichen Häuptlingssöhne kam herangeritten und wollte handeln: "ich gebe dir 12 gute Pferde für das gefleckte Fell." Aber der Junge lachte: "ich denke nicht daran, die Haut zu tauschen." Während der Junge langsam zu Fuss ins Lager zurückging und das Pferd hinter sich führte, kamen die ersten Krieger ins Lager geritten. Sie liefen zu der alten Frau und erzählten ihr: "dein Enkel hat das gefleckte Kalb erlegt.". Die Alte antwortete: "Warum treibt ihr Scherze mit mir? Wir sind arm und können uns nicht wehren." Die Jäger sagten: "wir sprechen die Wahrheit." und ritten weiter.
Bald kam auch der Junge heran. Er führte das Pferd zu dem Zelt seiner Grossmutter. Es war eine kleines Zelt, gerade gross genug für 2 Leute, und es war aus Fellfetzen zusammengestückelt, die die alte Frau aufgelesen hatte. Es war das schlechteste Zelt im ganzen Lager. Als die alte Frau den Jungen sah, der das braune Pferd führte, auf dem viel Fleisch und die gefleckte Haut lagen, war sie sehr erstaunt. Der Junge sagte zu ihr: "Hier bringe ich dir viel Fleisch und hier ist auch ein Büffelfell, das schenke ich dir. Schaff das Fleisch ins Haus." Da lachte die alte Frau und ihr Herz wurde froh! Aber das Pferd liess die alte Frau nicht an sich heran und so musste der Junge das Fleisch in die Hütte schaffen.
In dieser Nacht sprach das Pferd wieder zu dem Jungen und sagte: "Morgen werden die Sioux mit einer grossen Streitmacht kommen, sie werden das Dorf angreifen und es wird eine grosse Schlacht geben. Wenn sich die Sioux in einer Reihe zum Kampf aufgestellt haben dann springe auf meinen Rücken und reite los, so schnell du kannst. Reite gegen die Mitte der Schlachtreihe an. Dort steht der oberste Häuptling der Sioux, schlag ihn mit deinem Kriegsbeil über den Schädel, töte ihn, dann reite zurück. Tu das 4 mal, schlag die 4 tapfersten Krieger der Sioux nieder, töte sie, aber dann lasse es genug sein. Denn wenn du ein 5. Mal anreitest wirst du getötet werden, oder du wirst mich verlieren. Denk daran, vergiss es nicht!" Der Knabe versprach es.
Am nächsten Tag kam alles so, wie es das Pferd vorhergesagt hatte. Die Sioux rückten an und stellten sich zu einer Reihe zum Kampf auf. Der Junge nahm Pfeil und Bogen, sprang auf das braune Pferd und ritt mitten unter sie. Als die Sioux nun sahen, das er versuchte, ihren obersten Häuptling zu töten, schossen sie alle ihre Pfeile gegen ihn ab. Die Pfeile flogen so dicht daher, das sich der Himmel verfinsterte, aber keiner traf den Jungen. Er tötete den Häuptling und ritt zurück. Noch 3 mal ritt er an, und jedesmal tötete er einen mächtigen Krieger der Sioux, ohne das ihm dabei ein Haar gekrümmt wurde.
Die Sioux und die Pawnee kämpften weiter, und der Junge stand da und sah der Schlacht zu. Schliesslich sagte er zu sich selbst: "Ich bin 4 mal geritten. Ich habe 4 Sioux getötet, ohne dabei verletzt zu werden. Warum soll ich es nicht noch einmal versuchen?"Er stieg also wieder auf sein braunes Pferd und ritt abermals an. Als er mitten unter den Sioux war, schoss ein Krieger ein Pfeil auf ihn ab. Das Geschoss traf sein Pferd am Vorderbein. Da stürzte das Tier tot zu Boden. Der Junge sprang ab, schlug sich durch die Reihen der Sioux-Krieger und rannte, zu den Pawnee zurück. Jetzt, als das Pferd tot war, sprachen die Sioux zueinander: „Dieses Pferd war tapfer wie ein Mann. Wir müssen seine Kraft zerstören!“ Und sie nahmen Messer und Äxte, zerteilten das braune Pferd und schnitten sein Fleisch in kleine Stücke.
Der Kampf zwischen den Pawnee und den Sioux dauerte den ganzen Tag, aber als es Nacht wurde, wichen die Sioux zurück und flohen. Der Junge war sehr betrübt, dass er sein Pferd verloren hatte, und als das Gefecht vorbei war, ging er zu der Stelle, wo der Kadaver des Pferdes lag, und sammelte alle Fleischstücke zusammen, dazu die Beine und die Hufe, und das alles schichtete er auf einen Haufen. Dann stieg er auf die Spitze eines Hügels in der Nähe, setzte sich, zog seinen Umhang über den Kopf und trauerte um sein Pferd.
Als er eine Weile gesessen hatte, hörte er einen grossen Sturm aufkommen, und der raste an ihm vorbei, und auf den Wind folgte der Regen. Der Junge sah hinab zu der Stelle, wo der Haufen mit dem Fleisch und den Knochen lag, und er konnte die Stelle durch den Regen hindurch ausmachen. Und es hörte auf zu regnen, aber sein Herz war ihm schwer, und er trauerte weiter.
Bald darauf kam abermals ein Sturm und danach Regen und als er wieder zu der Stelle blickte, wo er die Überreste des Pferdes aufgeschichtet hatte, schien es ihm, als fügten sie sich wieder zusammen und als würden sie Gestalt annehmen, und er dachte: "es sieht so aus, als liege dort ein Pferd, aber ich kann es nicht genau sehen, der Regen fällt zu dicht und schwer."
Danach kam ein dritter Sturm, und als der Junge nun hinübersah, glaubte er: da steht ein Pferd, und es kommt mir vor, als schlägt es mit dem Schweif. Der Junge hatte Angst. Er wollte fortlaufen, aber er blieb. Und wie er wartete, kam ein 4. Sturm, und jetzt war es ihm unheimlich:, "es ist mir als stünde dort hinter dem Vorhang aus Regen ein Pferd und ich höre es wiehern."
Als das Unwetter aufgehört hatte, lief der Junge rasch vom Hügel herab. Das braune Pferd kam ihm entgegen, und es sprach:"Du hast gesehen, wie alles gekommen ist. Lass dir das eine Lehre sein. Ti' Ra'- wa ist gnädig gewesen und hat mich noch einmal zu dir zurückkommen lassen. Aber von nun an halte dich immer an das, was ich dir sage. Tu nichts mehr und nichts weniger. Und jetzt führe mich hinter jenen grossen Hügel, lass mich über Nacht dort, und am Morgen komm mich holen." Der Junge tat, wie ihm geheissen.
Und als er am Morgen das Pferd holen kam, da fand er bei ihm einen Schimmel. Auch in dieser Nacht sagt das braune Pferd dem Jungen: "bring mich hinter den grossen Hügel und komm am nächsten Morgen wieder." Und als der Junge wiederkam, fand er einen schönen Rappen bei dem braunen Pferd. Und so ging es fort zehn Nächte lang. Es waren Pferde so schön, wie man noch nie zuvor welche unter den Tieren des Stammes gesehen hatte.
Jetzt war der arme Junge reich, er heiratete die schöne Tochter des Obersten Häuptlings, und als er älter wurde, trat er an die Stelle seines Schwiegervaters. Er sorgte immer gut für die alte Grossmutter und behielt sie in seiner Hütte, bis sie starb. Er hatte viele Kinder, und eines Tages, als sein ältester Sohn starb, wickelte er ihn in das Fell des gefleckten Kalbes und begrub ihn.
Das braune Pferd wurde nur an Festtagen geritten, wenn der Medizintanz aufgeführt wurde, aber es folgte dem Häuptling auf Schritt und Tritt. Viele Jahre lebte das Pferd im Lager. Dann war der Häuptling ein alter Mann. Er starb und mit ihm das braune Pferd !
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indianisches Märchen der Pawnees
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Vor vielen Jahren lebte in einem Pawneestamm eine alte Frau mit ihem Enkel, einem Jungen von etwa 15 Jahren. Die beiden hatten keine Verwandten und waren sehr arm. So arm waren sie, dass alle andere Familien des Stammes sie verachteten. Sie hatten keinen Besitz; und immer, wenn der Stamm aufbrach und von einem Lagerplatz zu einem anderen zog, blieben die beiden zurück, um sich in dem verlassenen Lager umzusehen und all das aufzulesen, was die anderen Indianer fortgeworfen hatten. So fanden sie manchmal ein Stück von einem Umhang, zerschlissene Mokassins, oder ein paar Brocken Fleisch.
Als eines Tages der Stamm wieder einmal weiterzog und die alte Frau und der Junge ganz hinten am Zug mitliefen, geschah es, daß ein mageres, verwahrlostes Pferd zu ihnen getrottet kam. Es war dünn, erschöpft, blind auf einem Auge, hatte einen wunden Rücken und die Gelenke seiner Vorderbeine waren angeschwollen. Das Pferd war wertlos und kein Pawnee fand es der Mühe wert es mit dem Zug fortzutreiben. Als es zu der alten Frau und dem Enkel gelaufen kam, sagte der Junge: "Komm, wir nehmen den Braunen mit, vielleicht kann er unser Bündel tragen."Die alte Frau legte ihr Bündel auf den Rücken des Pferdes, und sie liefen weiter. Das Pferd lahmte und sie kamen noch langsamer voran.
Der Stamm zog weiter nach den nördlichen Plate River hinauf zum Court House Rock. Die beiden armen Indianer folgten nach und kampierten bei den anderen.
Eines Tages kam der junge Mann, der ausgeschickt worden war um nach Büffel Ausschau zu halten, ins Lager gerannt und berichtete dem Häuptling: "ich habe eine große Herde gesehen, unter ihnen ist auch ein geflecktes Kalb."
Der oberste Häuptling der Pawnees hatte eine schöne Tochter und als er von dem gefleckten Kalb hörte, befahl er dem jungen Mann durch das Dorf zu laufen und auszurufen:"der Mann, der das gefleckten Kalbes als erstes erlege, erhalte meine Tochter zur Frau". Denn eine gefleckte Büffeldecke war selten und eine zauberkräftige Medizin.
Die Büffel weideten etwa 4 Meilen von den Zelten der Pawnees entfernt, und die Häuptlinge kamen überein, dass man die Herde mit einer Reiterattacke jagen wolle. So hatte der Reiter die besten Aussichten das Kalb als erster zu schießen, der das schnellste Pferd besaß. Also fanden sich die jungen Männer zur Jagd zusammen, jeder ausgerüstet mit seinem besten Pferd und Pfeil und Bogen. Unter ihnen war auch der arme Junge auf dem alten Braunen. Als die anderen ihn sahen, verhöhnten sie ihn:"seht nur da steht das Pferd, das bestimmt sieger wird". Solange verspotteten sie den Jungen bis er sich soweit von der Gruppe zurückzog, dass er ihre Späße nicht mehr hörte. Da wandte das Pferd seinen Kopf und sprach:"Bring mich hinunter zum ausgetrockneten Flußbett und beschmiere mich hanz mit Lehm. Vergiß auch meinen Hals und meine Beine nicht."Der Junge fürchtete sich vor dem Pferd was sprechen konnte, tat aber was es ihm aufgetragen hat.
Als nun alle schnellen Pferde in einer Reihe aufgestellt waren und ungeduldig tänzelten, gab der oberste Häuptling den Befehl zum Angriff. "Loo-ah!" rief er."Los!"
Da beugten sich die Pawnee auf ihren Pferden vor, stiessen Freudenschreie aus und preschten voran. Da tauchte von rechts das elende braune Pferd auf. Es schien nicht schnell zu laufen. Es lief überhaupt nicht. Es flog dicht über den Boden. Es ging an allen anderen Pferden vorbei und war im nächsten Augenblick unter der Büffelherde. Der Junge zog Pfeil und Bogen und schoss das gefleckte Kalb zu. Er legte einen zweiten Pfeil auf, und tötete die fette Büffelkuh. Dann stieg der Junge ab, und ehe die anderen Jäger überhaupt herangekommen waren, zog er dem gefleckten Kalb das Fell ab. Als die Männer nun zu dem alten Braunen hinsahen, fanden sie es völlig verändert. Es schlug aus und wollte vor Kraft und Feuer kaum neben dem toten Büffel stehenbleiben. Der Rücken war wieder heil, die Fesseln kräftig und beide Augen klar und hell. Der arme Junge häutete auch noch die Kuh ab, packte dann alles Fleisch auf sein Pferd, deckte die Ladung mit der gefleckten Haut ab und führte das braune Pferd ins Lager zurück. Aber selbst jetzt, mit der schweren Last auf dem Rücken tänzelte das Pferd. Einer der reichen Häuptlingssöhne kam herangeritten und wollte handeln: "ich gebe dir 12 gute Pferde für das gefleckte Fell." Aber der Junge lachte: "ich denke nicht daran, die Haut zu tauschen." Während der Junge langsam zu Fuss ins Lager zurückging und das Pferd hinter sich führte, kamen die ersten Krieger ins Lager geritten. Sie liefen zu der alten Frau und erzählten ihr: "dein Enkel hat das gefleckte Kalb erlegt.". Die Alte antwortete: "Warum treibt ihr Scherze mit mir? Wir sind arm und können uns nicht wehren." Die Jäger sagten: "wir sprechen die Wahrheit." und ritten weiter.
Bald kam auch der Junge heran. Er führte das Pferd zu dem Zelt seiner Grossmutter. Es war eine kleines Zelt, gerade gross genug für 2 Leute, und es war aus Fellfetzen zusammengestückelt, die die alte Frau aufgelesen hatte. Es war das schlechteste Zelt im ganzen Lager. Als die alte Frau den Jungen sah, der das braune Pferd führte, auf dem viel Fleisch und die gefleckte Haut lagen, war sie sehr erstaunt. Der Junge sagte zu ihr: "Hier bringe ich dir viel Fleisch und hier ist auch ein Büffelfell, das schenke ich dir. Schaff das Fleisch ins Haus." Da lachte die alte Frau und ihr Herz wurde froh! Aber das Pferd liess die alte Frau nicht an sich heran und so musste der Junge das Fleisch in die Hütte schaffen.
In dieser Nacht sprach das Pferd wieder zu dem Jungen und sagte: "Morgen werden die Sioux mit einer grossen Streitmacht kommen, sie werden das Dorf angreifen und es wird eine grosse Schlacht geben. Wenn sich die Sioux in einer Reihe zum Kampf aufgestellt haben dann springe auf meinen Rücken und reite los, so schnell du kannst. Reite gegen die Mitte der Schlachtreihe an. Dort steht der oberste Häuptling der Sioux, schlag ihn mit deinem Kriegsbeil über den Schädel, töte ihn, dann reite zurück. Tu das 4 mal, schlag die 4 tapfersten Krieger der Sioux nieder, töte sie, aber dann lasse es genug sein. Denn wenn du ein 5. Mal anreitest wirst du getötet werden, oder du wirst mich verlieren. Denk daran, vergiss es nicht!" Der Knabe versprach es.
Am nächsten Tag kam alles so, wie es das Pferd vorhergesagt hatte. Die Sioux rückten an und stellten sich zu einer Reihe zum Kampf auf. Der Junge nahm Pfeil und Bogen, sprang auf das braune Pferd und ritt mitten unter sie. Als die Sioux nun sahen, das er versuchte, ihren obersten Häuptling zu töten, schossen sie alle ihre Pfeile gegen ihn ab. Die Pfeile flogen so dicht daher, das sich der Himmel verfinsterte, aber keiner traf den Jungen. Er tötete den Häuptling und ritt zurück. Noch 3 mal ritt er an, und jedesmal tötete er einen mächtigen Krieger der Sioux, ohne das ihm dabei ein Haar gekrümmt wurde.
Die Sioux und die Pawnee kämpften weiter, und der Junge stand da und sah der Schlacht zu. Schliesslich sagte er zu sich selbst: "Ich bin 4 mal geritten. Ich habe 4 Sioux getötet, ohne dabei verletzt zu werden. Warum soll ich es nicht noch einmal versuchen?"Er stieg also wieder auf sein braunes Pferd und ritt abermals an. Als er mitten unter den Sioux war, schoss ein Krieger ein Pfeil auf ihn ab. Das Geschoss traf sein Pferd am Vorderbein. Da stürzte das Tier tot zu Boden. Der Junge sprang ab, schlug sich durch die Reihen der Sioux-Krieger und rannte, zu den Pawnee zurück. Jetzt, als das Pferd tot war, sprachen die Sioux zueinander: „Dieses Pferd war tapfer wie ein Mann. Wir müssen seine Kraft zerstören!“ Und sie nahmen Messer und Äxte, zerteilten das braune Pferd und schnitten sein Fleisch in kleine Stücke.
Der Kampf zwischen den Pawnee und den Sioux dauerte den ganzen Tag, aber als es Nacht wurde, wichen die Sioux zurück und flohen. Der Junge war sehr betrübt, dass er sein Pferd verloren hatte, und als das Gefecht vorbei war, ging er zu der Stelle, wo der Kadaver des Pferdes lag, und sammelte alle Fleischstücke zusammen, dazu die Beine und die Hufe, und das alles schichtete er auf einen Haufen. Dann stieg er auf die Spitze eines Hügels in der Nähe, setzte sich, zog seinen Umhang über den Kopf und trauerte um sein Pferd.
Als er eine Weile gesessen hatte, hörte er einen grossen Sturm aufkommen, und der raste an ihm vorbei, und auf den Wind folgte der Regen. Der Junge sah hinab zu der Stelle, wo der Haufen mit dem Fleisch und den Knochen lag, und er konnte die Stelle durch den Regen hindurch ausmachen. Und es hörte auf zu regnen, aber sein Herz war ihm schwer, und er trauerte weiter.
Bald darauf kam abermals ein Sturm und danach Regen und als er wieder zu der Stelle blickte, wo er die Überreste des Pferdes aufgeschichtet hatte, schien es ihm, als fügten sie sich wieder zusammen und als würden sie Gestalt annehmen, und er dachte: "es sieht so aus, als liege dort ein Pferd, aber ich kann es nicht genau sehen, der Regen fällt zu dicht und schwer."
Danach kam ein dritter Sturm, und als der Junge nun hinübersah, glaubte er: da steht ein Pferd, und es kommt mir vor, als schlägt es mit dem Schweif. Der Junge hatte Angst. Er wollte fortlaufen, aber er blieb. Und wie er wartete, kam ein 4. Sturm, und jetzt war es ihm unheimlich:, "es ist mir als stünde dort hinter dem Vorhang aus Regen ein Pferd und ich höre es wiehern."
Als das Unwetter aufgehört hatte, lief der Junge rasch vom Hügel herab. Das braune Pferd kam ihm entgegen, und es sprach:"Du hast gesehen, wie alles gekommen ist. Lass dir das eine Lehre sein. Ti' Ra'- wa ist gnädig gewesen und hat mich noch einmal zu dir zurückkommen lassen. Aber von nun an halte dich immer an das, was ich dir sage. Tu nichts mehr und nichts weniger. Und jetzt führe mich hinter jenen grossen Hügel, lass mich über Nacht dort, und am Morgen komm mich holen." Der Junge tat, wie ihm geheissen.
Und als er am Morgen das Pferd holen kam, da fand er bei ihm einen Schimmel. Auch in dieser Nacht sagt das braune Pferd dem Jungen: "bring mich hinter den grossen Hügel und komm am nächsten Morgen wieder." Und als der Junge wiederkam, fand er einen schönen Rappen bei dem braunen Pferd. Und so ging es fort zehn Nächte lang. Es waren Pferde so schön, wie man noch nie zuvor welche unter den Tieren des Stammes gesehen hatte.
Jetzt war der arme Junge reich, er heiratete die schöne Tochter des Obersten Häuptlings, und als er älter wurde, trat er an die Stelle seines Schwiegervaters. Er sorgte immer gut für die alte Grossmutter und behielt sie in seiner Hütte, bis sie starb. Er hatte viele Kinder, und eines Tages, als sein ältester Sohn starb, wickelte er ihn in das Fell des gefleckten Kalbes und begrub ihn.
Das braune Pferd wurde nur an Festtagen geritten, wenn der Medizintanz aufgeführt wurde, aber es folgte dem Häuptling auf Schritt und Tritt. Viele Jahre lebte das Pferd im Lager. Dann war der Häuptling ein alter Mann. Er starb und mit ihm das braune Pferd !
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02 Okt 2018 20:16 #14820
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Die Kräfte der Himmelsrichtungen
Wie Büffel, Adler, Kojote und Bär begannen, den Hütern des Geistes zu helfen
Quelle: Sun Bear und Wabun Wind, Das Medizinrad; Eine Astrologie der Erde Goldmann Verlag; Autor; Sun Bear war Medizinmann der Chippewa und gründete den Bear Tribe, der Indianer und Nicht-Indianer willkommen heißt. Wabun Wind, enge Vetraute von Sun Bear, ist seit dessen Tod die Leiterin des Bear Tribe gewesen. 1. Herausgabe 1980 im Englischen
Zu einer Zeit, wo Mensch und Tier noch miteinander reden konnten, da hatten einmal vier der mächtigsten Tiere eine Meinungsverschiedenheit. Ein jedes meinte, es sei das beste und es verdiene Häuptling über alle andere Tiere zu sein.
Dies verursachte eine äußerst schlechte Stimmung im Rat der Tiere, im Rat der Tiere war der Bär bisher stets König gewesen. Er hatte diese Stellung inne weil er stark war und immer weise Entscheidungen für seine Brüder und Schwestern getroffen hatte. So stellten sich die meisten Tiere hinter den Bären, denn sie dachten er verdiene nach wie vor diese Stellung.
Doch es gab auch einige Tiere die Partei für den einen oder anderen Herausforderer ergriffen. Einer der Herausforderer war der Büffel, er sagte: "ich bin das stärkste und mächtigste Tier und ich verteile das was ich zu geben habe großzügig an alle meine Brüder und Schwestern im Reich der Menschen und Tiere". "Wegen der Reinheit meiner Absichten, und meiner Fähigkeit alle zu erneuern die meine Gaben erhalten haben, verdiene ich es Häuptling zu sein".
Da sprach der Adler: "Ich verdiene es Häuptling zu sein, ich fliege am höchsten, höher wie alle anderen beflügelten Wesen, meine Augen sind schärfer und in meinem Flug bin ich dem großen Geist näher als alle anderen in diesem Rat. Meine Reinheit und Weisheit zeichnen mich aus".
Da kam der Kojote und sprach: "Ich bin unter euch der Schlauste, ich kann überall überleben und habe die Fähigkeit euch über alle Dinge zu lehren. Wegen des Wachstums das ich euch bringe verdiene ich es euer Häuptling zu sein".
Da erwiderte der Bär gegenüber seinen Herausforderern: "Ich habe große Achtung vor meinen Brüdern und Schwestern die begehren Häuptling zu sein, doch gibt es keinen Grund mich aus meiner Stellung zu vertreiben, wo ich euch stets gut gedient habe". Ich stelle lange und gründliche Überlegungen an, bevor ich zu einem Problem welches sich uns stellt, eine Entscheidung treffe" Ich möchte euch weiterhin so stark und gleichzeitig so sanft dienen so wie ich es bisher getan habe".
Nachdem nun die vier starken Tiere ihre Rede gehalten haben, konnten sich auch die anderen Tiere zu Wort melden, während der Redestab im Kreis herumgereicht wurde. Als nun der Stab die Runde gemacht hatte und zum Bären zurückgekommen war, war deutlich geworden, dass die Tiere in der Frage des rechtmäßigen Häuptlings sich in gleichgroße Lager gespalten hatten. Eine Übereinstimmung war nicht in Aussicht. Die Tiere fühlten sich sehr unwohl, denn es war das erste Mal eine Unstimmigkeit unter ihnen und keine Lösung in Sicht. Alle vier Tiere waren eindeutig mächtig und besaßen Heilkraft die sie zum Häuptling befähigte.
Während der Ratsversammlung hatten die Tiere bemerkt wie die Winde aus allen vier Himmelsrichtungen zunahmen, stärker wurden und zu ihnen herab bliesen. Es schien als ob sie dem Rat etwas mitteilen wollten. Aber nachdem jeder damit beschäftigt war mitzuteilen weshalb er welchen Häuptling bevorzuge, achtete niemand wirklich darauf.
Als schließlich alle Tiere in Schweigen versunken waren und sich darauf vorbereiteten das der Redestab noch ein zweites Mal herumgereicht würde da erschien ein Hüter des Geistes, als kraftvoller Mann erschien er und bei seiner Ankunft blies der Westwind. "Ich bin Mudjekeewis, Hüter des Geistes aus dem Westen. Wohin ich gehe folgt mir der Westwind. Lange bevor ich geboren wurde, wurde ich dazu bestimmt, Häuptling der Hüter der Himmelsrichtungen zu sein. Wie ihr, Adler, Bär, Büffel und Kojote, waren wir alle die wir die vier Himmelsrichtungen hüten, stark. Wir waren Kinder derselben Mutter, und so trugen wir alle ihre Stärke und Weisheit in uns, sowie die Stärke und Weisheit unseres jeweiligen Vaters. Aber anstatt darum zu kämpfen, wer nun der Stärkste sei, und somit das Gesetz der Einheit zu bekämpfen, beschlossen wir mit Hilfe unserer Mutter, daß jeder von uns für ein Viertel des Medinrades die Verantwortung übernehmen sollte, um damit unsere Kräfte am besten einsetzen zu können. Auf diese Weise stärken wir das Rad in alle Richtungen. Und wir erhöhten auch unsere eigenen Kräfte, da wir die Möglichkeit haben jeder in einer Richtung seine ganze Stärke zu entfalten. Ich wurde vom großen Geist zum Häuptling bestimmt, weil ich stets denke bevor ich handle und somit meine Kraft durch Selbstprüfung gemäßigt wird."
Dieser große Geist war es nun auch der mich hierher sandte, damit ich in diesen Rat eingreife. Wenn ich euch so zuhöre wird es deutlich, dass ihr viele Jahre brauchen werdet euch zu einigen. Während dieser Zeit würde das Gesetz der Einheit zerbrechen, da die Anhänger des einen Bewerbers die Anhänger des anderen bekämpfen werden. Das wird euch großen Schaden zufügen. Der große Geist will nicht dass das passiert, so soll jeder von euch seine Kraft mit einer der Himmelsrichtungen verbinden. Auf diese Weise werden eure Kräfte euch helfen das Rad stark zu machen - und jeder von euch wird eine bestimmte Richtung haben der er folgt.
"Und du Bär wirst dich mit mir dem Hüter des Westens vereinigen, denn du bist stark wie ich und denkst lange nach bevor du sprichst. Dein Fell wird schwarz sein wie die Nacht, mit silbernen Haaren durchzogen, zu Ehren der Sterne. Du wirst der Häuptling im Rat der Tiere bleiben, so wie ich Häuptling im Rat Winde bin."
"Büffel, du wirst dich mit der Kraft von Waboose, dem Norden vereinigen, da du mit ihm die Eigenschaften der Erneuerung und Reinheit teilst. Wenn du Waboose dienst wird dein Fell weiß sein, von der Farbe des Schnees."
"Adler, du wirst dich mit der Kraft von Wabun dem Ostwind vereinigen. Mit deiner klaren Sicht wirst du helfen, Erwachen, Weisheit und Erleuchtung herbeizuführen. Wenn du Wabun dienst wirst du goldene Federn tragen - die Farbe der Morgendämmerung."
"Kojote, du wirst dich mit Shawnodese, der Kraft des Südens, vereinen. Mit deiner Fähigkeit zu lehren und zu überleben wirst du helfen Wachstum und Vertrauen entstehen zu lassen. Wenn du Shawnodese dienst, wird dein Fell die Farbe der Mittagssonne haben die auf die fruchtbare Erde fällt."
"So meine verehrten Freunde, seid nun zufrieden mit den Gaben der Kraft, die der Große Geist einem jeden von euch gegeben hat. Ein jeder von euch wird am besten in der Richtung dienen, die ihm zugeteilt wurde. Ihr werdet damit alle der Harmonie der Schöpfung dienen und das ist gut so".
www.erzaehlkarawane-ammersee.de/geschich...idth=1344&height=840
Wie Büffel, Adler, Kojote und Bär begannen, den Hütern des Geistes zu helfen
Quelle: Sun Bear und Wabun Wind, Das Medizinrad; Eine Astrologie der Erde Goldmann Verlag; Autor; Sun Bear war Medizinmann der Chippewa und gründete den Bear Tribe, der Indianer und Nicht-Indianer willkommen heißt. Wabun Wind, enge Vetraute von Sun Bear, ist seit dessen Tod die Leiterin des Bear Tribe gewesen. 1. Herausgabe 1980 im Englischen
Zu einer Zeit, wo Mensch und Tier noch miteinander reden konnten, da hatten einmal vier der mächtigsten Tiere eine Meinungsverschiedenheit. Ein jedes meinte, es sei das beste und es verdiene Häuptling über alle andere Tiere zu sein.
Dies verursachte eine äußerst schlechte Stimmung im Rat der Tiere, im Rat der Tiere war der Bär bisher stets König gewesen. Er hatte diese Stellung inne weil er stark war und immer weise Entscheidungen für seine Brüder und Schwestern getroffen hatte. So stellten sich die meisten Tiere hinter den Bären, denn sie dachten er verdiene nach wie vor diese Stellung.
Doch es gab auch einige Tiere die Partei für den einen oder anderen Herausforderer ergriffen. Einer der Herausforderer war der Büffel, er sagte: "ich bin das stärkste und mächtigste Tier und ich verteile das was ich zu geben habe großzügig an alle meine Brüder und Schwestern im Reich der Menschen und Tiere". "Wegen der Reinheit meiner Absichten, und meiner Fähigkeit alle zu erneuern die meine Gaben erhalten haben, verdiene ich es Häuptling zu sein".
Da sprach der Adler: "Ich verdiene es Häuptling zu sein, ich fliege am höchsten, höher wie alle anderen beflügelten Wesen, meine Augen sind schärfer und in meinem Flug bin ich dem großen Geist näher als alle anderen in diesem Rat. Meine Reinheit und Weisheit zeichnen mich aus".
Da kam der Kojote und sprach: "Ich bin unter euch der Schlauste, ich kann überall überleben und habe die Fähigkeit euch über alle Dinge zu lehren. Wegen des Wachstums das ich euch bringe verdiene ich es euer Häuptling zu sein".
Da erwiderte der Bär gegenüber seinen Herausforderern: "Ich habe große Achtung vor meinen Brüdern und Schwestern die begehren Häuptling zu sein, doch gibt es keinen Grund mich aus meiner Stellung zu vertreiben, wo ich euch stets gut gedient habe". Ich stelle lange und gründliche Überlegungen an, bevor ich zu einem Problem welches sich uns stellt, eine Entscheidung treffe" Ich möchte euch weiterhin so stark und gleichzeitig so sanft dienen so wie ich es bisher getan habe".
Nachdem nun die vier starken Tiere ihre Rede gehalten haben, konnten sich auch die anderen Tiere zu Wort melden, während der Redestab im Kreis herumgereicht wurde. Als nun der Stab die Runde gemacht hatte und zum Bären zurückgekommen war, war deutlich geworden, dass die Tiere in der Frage des rechtmäßigen Häuptlings sich in gleichgroße Lager gespalten hatten. Eine Übereinstimmung war nicht in Aussicht. Die Tiere fühlten sich sehr unwohl, denn es war das erste Mal eine Unstimmigkeit unter ihnen und keine Lösung in Sicht. Alle vier Tiere waren eindeutig mächtig und besaßen Heilkraft die sie zum Häuptling befähigte.
Während der Ratsversammlung hatten die Tiere bemerkt wie die Winde aus allen vier Himmelsrichtungen zunahmen, stärker wurden und zu ihnen herab bliesen. Es schien als ob sie dem Rat etwas mitteilen wollten. Aber nachdem jeder damit beschäftigt war mitzuteilen weshalb er welchen Häuptling bevorzuge, achtete niemand wirklich darauf.
Als schließlich alle Tiere in Schweigen versunken waren und sich darauf vorbereiteten das der Redestab noch ein zweites Mal herumgereicht würde da erschien ein Hüter des Geistes, als kraftvoller Mann erschien er und bei seiner Ankunft blies der Westwind. "Ich bin Mudjekeewis, Hüter des Geistes aus dem Westen. Wohin ich gehe folgt mir der Westwind. Lange bevor ich geboren wurde, wurde ich dazu bestimmt, Häuptling der Hüter der Himmelsrichtungen zu sein. Wie ihr, Adler, Bär, Büffel und Kojote, waren wir alle die wir die vier Himmelsrichtungen hüten, stark. Wir waren Kinder derselben Mutter, und so trugen wir alle ihre Stärke und Weisheit in uns, sowie die Stärke und Weisheit unseres jeweiligen Vaters. Aber anstatt darum zu kämpfen, wer nun der Stärkste sei, und somit das Gesetz der Einheit zu bekämpfen, beschlossen wir mit Hilfe unserer Mutter, daß jeder von uns für ein Viertel des Medinrades die Verantwortung übernehmen sollte, um damit unsere Kräfte am besten einsetzen zu können. Auf diese Weise stärken wir das Rad in alle Richtungen. Und wir erhöhten auch unsere eigenen Kräfte, da wir die Möglichkeit haben jeder in einer Richtung seine ganze Stärke zu entfalten. Ich wurde vom großen Geist zum Häuptling bestimmt, weil ich stets denke bevor ich handle und somit meine Kraft durch Selbstprüfung gemäßigt wird."
Dieser große Geist war es nun auch der mich hierher sandte, damit ich in diesen Rat eingreife. Wenn ich euch so zuhöre wird es deutlich, dass ihr viele Jahre brauchen werdet euch zu einigen. Während dieser Zeit würde das Gesetz der Einheit zerbrechen, da die Anhänger des einen Bewerbers die Anhänger des anderen bekämpfen werden. Das wird euch großen Schaden zufügen. Der große Geist will nicht dass das passiert, so soll jeder von euch seine Kraft mit einer der Himmelsrichtungen verbinden. Auf diese Weise werden eure Kräfte euch helfen das Rad stark zu machen - und jeder von euch wird eine bestimmte Richtung haben der er folgt.
"Und du Bär wirst dich mit mir dem Hüter des Westens vereinigen, denn du bist stark wie ich und denkst lange nach bevor du sprichst. Dein Fell wird schwarz sein wie die Nacht, mit silbernen Haaren durchzogen, zu Ehren der Sterne. Du wirst der Häuptling im Rat der Tiere bleiben, so wie ich Häuptling im Rat Winde bin."
"Büffel, du wirst dich mit der Kraft von Waboose, dem Norden vereinigen, da du mit ihm die Eigenschaften der Erneuerung und Reinheit teilst. Wenn du Waboose dienst wird dein Fell weiß sein, von der Farbe des Schnees."
"Adler, du wirst dich mit der Kraft von Wabun dem Ostwind vereinigen. Mit deiner klaren Sicht wirst du helfen, Erwachen, Weisheit und Erleuchtung herbeizuführen. Wenn du Wabun dienst wirst du goldene Federn tragen - die Farbe der Morgendämmerung."
"Kojote, du wirst dich mit Shawnodese, der Kraft des Südens, vereinen. Mit deiner Fähigkeit zu lehren und zu überleben wirst du helfen Wachstum und Vertrauen entstehen zu lassen. Wenn du Shawnodese dienst, wird dein Fell die Farbe der Mittagssonne haben die auf die fruchtbare Erde fällt."
"So meine verehrten Freunde, seid nun zufrieden mit den Gaben der Kraft, die der Große Geist einem jeden von euch gegeben hat. Ein jeder von euch wird am besten in der Richtung dienen, die ihm zugeteilt wurde. Ihr werdet damit alle der Harmonie der Schöpfung dienen und das ist gut so".
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02 Okt 2018 20:18 #14821
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Eine Legende von Sitting Bull
Wie weise und lebensnah eine solche Lehrgeschichte ist, veranschaulicht diese kleine Geschichte aus dem Leben des Sitting Bull, der als Junge "Jumping badger" (springender Dachs) hieß.
Jeden Morgen ging Großvater "Return Again"(ich komme wieder) mit seinem Enkel "jumping badger" zum Fluss hinunter sich zu reinigen. Und jeden Morgen verbeugten sie sich vor der aufgehenden Sonne und bedankten sich für den Tag und am Leben zu sein. Eines Tages fragte der Enkel:"Großvater, was ist wenn ich mich einmal nicht auf den neuen Tag freue?" Sprach der Großvater: "Dann suche den Grund bei dir selbst."
Ich habe in einer anderen Quelle nachgelesen, dass Return Again, nicht der Großvater, sondern der Onkel, also der Bruder des Vaters war. So war es üblich, dass auch die Brüder der Väter sich um ihren Neffen, wie um einen eigenen Sohn bemühten, oder aber auch als geistige Lehrmeister zu sehen waren. In einer biographischen Erzählung von "Oren Lyons" einem heute lebenden "weisen" Lakota Indianer, fängt auch der Onkel den jungen Studenten ab, um ihm eine Lehre zu erteilen.
When I was a young man
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Wie weise und lebensnah eine solche Lehrgeschichte ist, veranschaulicht diese kleine Geschichte aus dem Leben des Sitting Bull, der als Junge "Jumping badger" (springender Dachs) hieß.
Jeden Morgen ging Großvater "Return Again"(ich komme wieder) mit seinem Enkel "jumping badger" zum Fluss hinunter sich zu reinigen. Und jeden Morgen verbeugten sie sich vor der aufgehenden Sonne und bedankten sich für den Tag und am Leben zu sein. Eines Tages fragte der Enkel:"Großvater, was ist wenn ich mich einmal nicht auf den neuen Tag freue?" Sprach der Großvater: "Dann suche den Grund bei dir selbst."
Ich habe in einer anderen Quelle nachgelesen, dass Return Again, nicht der Großvater, sondern der Onkel, also der Bruder des Vaters war. So war es üblich, dass auch die Brüder der Väter sich um ihren Neffen, wie um einen eigenen Sohn bemühten, oder aber auch als geistige Lehrmeister zu sehen waren. In einer biographischen Erzählung von "Oren Lyons" einem heute lebenden "weisen" Lakota Indianer, fängt auch der Onkel den jungen Studenten ab, um ihm eine Lehre zu erteilen.
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02 Okt 2018 20:19 #14822
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Die Himmelsfrau
indianisches Märchen
Irokesen/Seneca Mythologie
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Die Senecas, Frauen und Männer des Clans saßen um das Feuer im Langhaus, das die Familien des Clans bewohnten, der Rauch zog hinauf durch die geöffnete Rauchluke, sie gab ein Stück kalten klaren Nachthimmel frei.
Die Clanmutter erzählte: Einst lebten die Menschen im himmlischen Paradies. Und unter dem Himmel lag nicht die Erde, sondern Wasser, das große Wasser, darauf die Wasservögel und viele andere Tiere wohnten. Über dem Wasser stand auch keine Sonne wie ihr sie heute seht, dennoch war der Himmel beleuchtet, vom Baum des Lichts und der wuchs vor dem Haus des Himmelsherrscher.
Der Himmelsherrscher träumte, er träumte er heirate eine schöne junge Frau. Da tat er wie ihm im Traum geheißen. Und vom Atem des Herrschers über den Himmel, wurde die junge Frau schwanger. Der Herrscher des Himmels verstand nichts von der Natur, begriff nicht das Wunder der Natur, sondern entbrannte vor Zorn und Wut.
Da träumte er wieder, die Stimme im Traum riet ihm: reiß den Baum des Lichtes aus, der vor deinem Haus steht. Der Herrscher hörte auf die Stimme im Traum, so entstand draußen vor dem Haus ein großes klaffendes Loch im Himmel. Und wie sich die Frau über das Loch beugte und neugierig hinabblickte, überkam ihn wieder eifersüchtiger Zorn und er gab ihr von hinten einen Stoß, dass sie aus dem himmlischen Paradies stürzte und dem großen Wasser entgegen.
Immer noch zornig warf er ihr alles hinterher, Pflanzen, Tiere, Gegenstände die ihr lieb gewesen waren, die Maispflanze, zahlreiche Wildfrüche, Bohnen, Kürbisse, Wölfe, Rehe, Bären, Biber und alles was in unserer Welt lebt.
Aber noch gab es unsere Welt nicht. Die unglückliche Frau des Himmelsherrscher fiel durch die Luft herab und die weite Wasserfläche, in der sie hätte ertrinken müssen kam immer näher. Das sahen die Tiere, die in dem großen Wasser wohnten und beschlossen ihr zu helfen. Die Wasservögel breiteten ihre Flügel aus und flogen so nah aneinander dass sich ihre Flügelspitzen berührten, so fingen sie die Himmelsfrau auf.
Die Wassertiere suchten einen Landeplatz. Die große Wasserschildkröte tauchte auf und hob ihren Panzer über den Meeresspiegel, während die anderen Tiere zum Meeresboden hinabtauchten, um dort Schlamm uönd Sand zu holen. Die Bisamratte brachte ein paar Steine, und die Kröte schleppte Algen und Tang herbei - und sie warfen Schlamm, Sand, Algen und Steine auf den Panzer der Schildkröte. So entstand eine Insel, die nach und nach größer wurde.
Die Enten lösten sich einander ab, sie hatten schwer zu tragen an der schwangeren Himmelfrau und all denen, die mit ihr heruntergeworfen wurden, bevor sie sie wohlbehalten auf der kleinen Schildkröteninsel absetzen konnten. Die Himmelsfrau dankte den Enten, die sie und dem Kind in ihrem Leib das Leben gerettet hatten. Sie nahm eine Handvoll Erde und warf die Erde von sich. Da vermehrte sich das Land durch die Zauberkraft, die in den Fingerspitzen der Himmelsfrau sitzt; die Insel wuchs und wuchs und wurde eine Welt und die Horizonte rückten in die Ferne, Pflanzen und Bäume begannen zu sprießen, und die Tiere, die der Himmelsherrscher ihr nachgeworfen hatte, fanden Wohnung und Nahrung und vermehrten sich. So entstand die Erde und die Himmelsfrau wurde die große Erdenmutter.
Und was ist mit dem Kind der Himmelsfrau, war es ein Himmelskind oder ein Erdenkind fragte Tecumapease. Sie saß mit ihrem jüngeren Bruder Tecumseh im Kreis der Zuhörerer. Fladen mit Ahornsirup wurden gereicht. Die Clanführerin wandte sich an die Kinder ihrer Tochter und sagte: Hört zu, und vergesst nicht die alten Geschichten, eines Tages werdet ihr sie erzählen:
"Die Himmelsfrau gebar eine Tochter, um sie warben viele männliche Wesen, das waren auch Tiere in männlicher Menschengestalt. Doch die Himmelsfrau riet ihrer Tochter alle Freier abzuwehren, bis ein Mann von ihrem eigenen Volk käme, vom Totem der großen Taube.
Dieser Mann kam, trat vor ihr Haus und brachte zwei Pfeile, deren Spitzen er mit Feuerstein gefertigt hatte. Das Mädchen legte sich auf den Boden nieder und der junge Krieger schoß einen der Pfeile in ihre linke Brust und den andern Pfeil in ihren Schoß. Dann ging er fort und sagte ihr er werde am nächsten Tag wiederkommen. So geschah es, doch diesmal nahm er die beiden Pfeile mit und erklärte ihr er müsse sie für immer verlassen.
Zur rechten Zeit dann gebar die junge Frau Zwillinge. Schon ehe die Kinder auf die Welt kamen, hörte man sie im Leib der Mutter sprechen. Das eine Kind sagte, es werde auf dem nächstbesten Weg in diese Welt kommen; das andere erklärte, es wolle den Weg nehmen, den die Natur bestimmt hat. Als nun die Stunde der Geburt gekommen war, zwängte sich der eine Knabe durch den Schoß der Mutter, der andere hingegen kroch aus ihrer Achselhöhle hervor, und die junge Frau starb. Die Himmelsfrau war voller Wut über den Tod ihrer Tochter und fragte die beiden Knaben, wer von euch hat den Tod der Mutter verschuldet. Der Böse klagte seinen Bruder, den Guten an.
War der Böse ein Weisser, rief Tecumseh und sprang auf? Er hatte mit 6 Jahren gesehen wie sein Vater auf einer Bahre Tod ins Langhaus getragen wurde. Und kurze Zeit später miterlebt wie die weissen Siedler das ganze Dorf überfallen, die Felder niedergebrannt, und Frauen und Kinder vertrieben hatten. Wenn ich einmal zum Häuptling des Clans gewählt werde, werde ich dafür sorgen, dass sich alle Clans gegen die Weissen verbünden. Die Erzählerin duldete nicht seine heftigen Worte und unterbrach ihn: Gut und Böse, wenn du gut zugehört hast, haben die gleiche Mutter, und wenn du so schnell urteilst kannst du dich täuschen und den Falschen beschuldigen.
Die Himmelsfrau nahm den vermeintlichen Übeltäter und stieß ihn aus ihrem Reich in die Wildnis. Sie wollte, daß er dort verhungere. Aber das Kind starb nicht, er wuchs heran, schneller als andere Kinder und war bald ein ausgewachsener Mann. So wanderte er durch die Welt auf der Suche nach seinem Vater, bestand viele Abenteuer und fand seinen Vater. Er war der Westwind.
Wie er seinen Vater endlich gefunden hatte, lehrte ihm dieser wie man eine Hütte baut, wie man Feuer schlägt, wie man pflanzt und verschiedene Saaten pflegt. Er schenkte dem Sohn, Kornsaat, Bohnensaat und Tabaksaat. Er warnte ihn auch von dem Bösen, der in seiner Eifersucht versuchen werde alles zu zerstören oder zu verderben, was der Gute schaffe.
Darauf schuf der Gute zuerst alle Flüsse mit einer zweifachen Strömung, so dass die Menschen leicht hinauf und hinuntertreiben konnten. Der Böse aber verdarb dieses Werk, indem er Wasserfälle und Strudel in die Flüsse einbaute. Der Gute ließ Früchte wachsen und schuf viele Arten von Tieren und Vögeln. Er schuf auch die Fische als Nahrung für die Menschen. Der Böse aber zauberte den Fischen Gräter unter die Haut, dass die Menschen daran erstickten.
Die Himmelsfrau hatte die Tochter in der Erde begraben. Sie trauerte. Viel Zorn und Haß waren in ihrer Trauer. Nach einiger Zeit wuchsen aus dem Kopf der Toten die Tabakpflanze, aus ihren Brüsten das Korn und der Mais aus ihren Fingern die Bohnen und aus ihren Zehen die Kartoffel.
Der Gute der saß am Grab seiner Mutter und bewachte das Wachstum der Pflanzen. Doch die Himmelsfrau war immer noch voller Haß und hielt ihn für den Mörder seiner Mutter. Einmal schlug sie ein Spiel vor, an dem er und sein Bruder teilnehmen sollten. Wer gewinnt, sollte die Herrschaft übernehmen. Es war eines jener Spiel, bei dem man, aus einiger Entfernung Pfirsichkerne in eine Schale werfen muß. Als der Tag gekommen war wollte die Himmelsfrau dem Guten ihre Schale mit Pfirsichkerne geben, aber er lehnte ab, denn er ahnte, dass ihre Steine verzaubert waren. Stattdessen rief er einen Schwarm Haubenmeisen, und bat um ihre Hauben als Wurfsteine, die diese kleinen Vögel auf ihren Köpfen trugen. Er erklärte den Vögeln, dass er sie zu diesem Wurfspiel brauche, und das es um die Macht über diese Welt geht und so liehen sie ihm ihre Federn gern.
Der Gute hüllte also seine Pfirsichkerne in zarten Federflaum, die flogen sicher in die Schale, wie die Vögel in ihr Nest. So gelang es ihm das Spiel gegen die Himmelfrau und den Bösen zu gewinnen.
So beendete die Alte ihre Erzählung.
Noch heute spielen die Seneca am kürzesten Tag im Jahr, das große Wurfspiel , und erinnern sich daran, daß wenigstens einmal vor langer Zeit das Gute in der Welt den Sieg über das Böse davontrug.
www.erzaehlkarawane-ammersee.de/geschich...idth=1344&height=840
indianisches Märchen
Irokesen/Seneca Mythologie
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Die Senecas, Frauen und Männer des Clans saßen um das Feuer im Langhaus, das die Familien des Clans bewohnten, der Rauch zog hinauf durch die geöffnete Rauchluke, sie gab ein Stück kalten klaren Nachthimmel frei.
Die Clanmutter erzählte: Einst lebten die Menschen im himmlischen Paradies. Und unter dem Himmel lag nicht die Erde, sondern Wasser, das große Wasser, darauf die Wasservögel und viele andere Tiere wohnten. Über dem Wasser stand auch keine Sonne wie ihr sie heute seht, dennoch war der Himmel beleuchtet, vom Baum des Lichts und der wuchs vor dem Haus des Himmelsherrscher.
Der Himmelsherrscher träumte, er träumte er heirate eine schöne junge Frau. Da tat er wie ihm im Traum geheißen. Und vom Atem des Herrschers über den Himmel, wurde die junge Frau schwanger. Der Herrscher des Himmels verstand nichts von der Natur, begriff nicht das Wunder der Natur, sondern entbrannte vor Zorn und Wut.
Da träumte er wieder, die Stimme im Traum riet ihm: reiß den Baum des Lichtes aus, der vor deinem Haus steht. Der Herrscher hörte auf die Stimme im Traum, so entstand draußen vor dem Haus ein großes klaffendes Loch im Himmel. Und wie sich die Frau über das Loch beugte und neugierig hinabblickte, überkam ihn wieder eifersüchtiger Zorn und er gab ihr von hinten einen Stoß, dass sie aus dem himmlischen Paradies stürzte und dem großen Wasser entgegen.
Immer noch zornig warf er ihr alles hinterher, Pflanzen, Tiere, Gegenstände die ihr lieb gewesen waren, die Maispflanze, zahlreiche Wildfrüche, Bohnen, Kürbisse, Wölfe, Rehe, Bären, Biber und alles was in unserer Welt lebt.
Aber noch gab es unsere Welt nicht. Die unglückliche Frau des Himmelsherrscher fiel durch die Luft herab und die weite Wasserfläche, in der sie hätte ertrinken müssen kam immer näher. Das sahen die Tiere, die in dem großen Wasser wohnten und beschlossen ihr zu helfen. Die Wasservögel breiteten ihre Flügel aus und flogen so nah aneinander dass sich ihre Flügelspitzen berührten, so fingen sie die Himmelsfrau auf.
Die Wassertiere suchten einen Landeplatz. Die große Wasserschildkröte tauchte auf und hob ihren Panzer über den Meeresspiegel, während die anderen Tiere zum Meeresboden hinabtauchten, um dort Schlamm uönd Sand zu holen. Die Bisamratte brachte ein paar Steine, und die Kröte schleppte Algen und Tang herbei - und sie warfen Schlamm, Sand, Algen und Steine auf den Panzer der Schildkröte. So entstand eine Insel, die nach und nach größer wurde.
Die Enten lösten sich einander ab, sie hatten schwer zu tragen an der schwangeren Himmelfrau und all denen, die mit ihr heruntergeworfen wurden, bevor sie sie wohlbehalten auf der kleinen Schildkröteninsel absetzen konnten. Die Himmelsfrau dankte den Enten, die sie und dem Kind in ihrem Leib das Leben gerettet hatten. Sie nahm eine Handvoll Erde und warf die Erde von sich. Da vermehrte sich das Land durch die Zauberkraft, die in den Fingerspitzen der Himmelsfrau sitzt; die Insel wuchs und wuchs und wurde eine Welt und die Horizonte rückten in die Ferne, Pflanzen und Bäume begannen zu sprießen, und die Tiere, die der Himmelsherrscher ihr nachgeworfen hatte, fanden Wohnung und Nahrung und vermehrten sich. So entstand die Erde und die Himmelsfrau wurde die große Erdenmutter.
Und was ist mit dem Kind der Himmelsfrau, war es ein Himmelskind oder ein Erdenkind fragte Tecumapease. Sie saß mit ihrem jüngeren Bruder Tecumseh im Kreis der Zuhörerer. Fladen mit Ahornsirup wurden gereicht. Die Clanführerin wandte sich an die Kinder ihrer Tochter und sagte: Hört zu, und vergesst nicht die alten Geschichten, eines Tages werdet ihr sie erzählen:
"Die Himmelsfrau gebar eine Tochter, um sie warben viele männliche Wesen, das waren auch Tiere in männlicher Menschengestalt. Doch die Himmelsfrau riet ihrer Tochter alle Freier abzuwehren, bis ein Mann von ihrem eigenen Volk käme, vom Totem der großen Taube.
Dieser Mann kam, trat vor ihr Haus und brachte zwei Pfeile, deren Spitzen er mit Feuerstein gefertigt hatte. Das Mädchen legte sich auf den Boden nieder und der junge Krieger schoß einen der Pfeile in ihre linke Brust und den andern Pfeil in ihren Schoß. Dann ging er fort und sagte ihr er werde am nächsten Tag wiederkommen. So geschah es, doch diesmal nahm er die beiden Pfeile mit und erklärte ihr er müsse sie für immer verlassen.
Zur rechten Zeit dann gebar die junge Frau Zwillinge. Schon ehe die Kinder auf die Welt kamen, hörte man sie im Leib der Mutter sprechen. Das eine Kind sagte, es werde auf dem nächstbesten Weg in diese Welt kommen; das andere erklärte, es wolle den Weg nehmen, den die Natur bestimmt hat. Als nun die Stunde der Geburt gekommen war, zwängte sich der eine Knabe durch den Schoß der Mutter, der andere hingegen kroch aus ihrer Achselhöhle hervor, und die junge Frau starb. Die Himmelsfrau war voller Wut über den Tod ihrer Tochter und fragte die beiden Knaben, wer von euch hat den Tod der Mutter verschuldet. Der Böse klagte seinen Bruder, den Guten an.
War der Böse ein Weisser, rief Tecumseh und sprang auf? Er hatte mit 6 Jahren gesehen wie sein Vater auf einer Bahre Tod ins Langhaus getragen wurde. Und kurze Zeit später miterlebt wie die weissen Siedler das ganze Dorf überfallen, die Felder niedergebrannt, und Frauen und Kinder vertrieben hatten. Wenn ich einmal zum Häuptling des Clans gewählt werde, werde ich dafür sorgen, dass sich alle Clans gegen die Weissen verbünden. Die Erzählerin duldete nicht seine heftigen Worte und unterbrach ihn: Gut und Böse, wenn du gut zugehört hast, haben die gleiche Mutter, und wenn du so schnell urteilst kannst du dich täuschen und den Falschen beschuldigen.
Die Himmelsfrau nahm den vermeintlichen Übeltäter und stieß ihn aus ihrem Reich in die Wildnis. Sie wollte, daß er dort verhungere. Aber das Kind starb nicht, er wuchs heran, schneller als andere Kinder und war bald ein ausgewachsener Mann. So wanderte er durch die Welt auf der Suche nach seinem Vater, bestand viele Abenteuer und fand seinen Vater. Er war der Westwind.
Wie er seinen Vater endlich gefunden hatte, lehrte ihm dieser wie man eine Hütte baut, wie man Feuer schlägt, wie man pflanzt und verschiedene Saaten pflegt. Er schenkte dem Sohn, Kornsaat, Bohnensaat und Tabaksaat. Er warnte ihn auch von dem Bösen, der in seiner Eifersucht versuchen werde alles zu zerstören oder zu verderben, was der Gute schaffe.
Darauf schuf der Gute zuerst alle Flüsse mit einer zweifachen Strömung, so dass die Menschen leicht hinauf und hinuntertreiben konnten. Der Böse aber verdarb dieses Werk, indem er Wasserfälle und Strudel in die Flüsse einbaute. Der Gute ließ Früchte wachsen und schuf viele Arten von Tieren und Vögeln. Er schuf auch die Fische als Nahrung für die Menschen. Der Böse aber zauberte den Fischen Gräter unter die Haut, dass die Menschen daran erstickten.
Die Himmelsfrau hatte die Tochter in der Erde begraben. Sie trauerte. Viel Zorn und Haß waren in ihrer Trauer. Nach einiger Zeit wuchsen aus dem Kopf der Toten die Tabakpflanze, aus ihren Brüsten das Korn und der Mais aus ihren Fingern die Bohnen und aus ihren Zehen die Kartoffel.
Der Gute der saß am Grab seiner Mutter und bewachte das Wachstum der Pflanzen. Doch die Himmelsfrau war immer noch voller Haß und hielt ihn für den Mörder seiner Mutter. Einmal schlug sie ein Spiel vor, an dem er und sein Bruder teilnehmen sollten. Wer gewinnt, sollte die Herrschaft übernehmen. Es war eines jener Spiel, bei dem man, aus einiger Entfernung Pfirsichkerne in eine Schale werfen muß. Als der Tag gekommen war wollte die Himmelsfrau dem Guten ihre Schale mit Pfirsichkerne geben, aber er lehnte ab, denn er ahnte, dass ihre Steine verzaubert waren. Stattdessen rief er einen Schwarm Haubenmeisen, und bat um ihre Hauben als Wurfsteine, die diese kleinen Vögel auf ihren Köpfen trugen. Er erklärte den Vögeln, dass er sie zu diesem Wurfspiel brauche, und das es um die Macht über diese Welt geht und so liehen sie ihm ihre Federn gern.
Der Gute hüllte also seine Pfirsichkerne in zarten Federflaum, die flogen sicher in die Schale, wie die Vögel in ihr Nest. So gelang es ihm das Spiel gegen die Himmelfrau und den Bösen zu gewinnen.
So beendete die Alte ihre Erzählung.
Noch heute spielen die Seneca am kürzesten Tag im Jahr, das große Wurfspiel , und erinnern sich daran, daß wenigstens einmal vor langer Zeit das Gute in der Welt den Sieg über das Böse davontrug.
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02 Okt 2018 20:21 #14823
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Woher kommt der Schnee (Märchen von den Navajos)
Vorgeschichte: Es ist einer dieser vielen langen Winternächte in Utah im Westen Amerikas, Es ist Mitte der 50er Jahre, eine Indianerfamilie ist auf der Durchreise und rastet in einem Navajoreservat im Montezuma Canyon. Man sitzt am Lagerfeuer zusammen, während es draussen stürmt und schneit, beginnt einer der Alten beim Rauchen des Calumet sein Garn zu spinnen. Er ist ein Navahoo, niemand hat seine Lebensjahre gezählt, er hat keine Geburtsurkunde, sein Name ist "kleiner Wagen". Er erzählt von den alten Zeiten, von den Zeiten wo das Wünschen noch geholfen hat. Der Indianerjunge der mit seinen Eltern am Feuer saß fragte: "woher kommt denn der viele Schnee, der draussen fällt?"
Woher kommt der Schnee?
Vor langer Zeit hat ein Vorfahre ein wunderschönes Stück eines brennendes Materials gefunden. Er hat es aufgehoben und es monatelang sorgsam gehütet. Bis einige Geister kamen und es zurückverlangten. Er bat: "kann ich nicht ein kleines Stückchen behalten?" Es wurde ihm verwehrt. Doch kamen sie darüber überein, etwas für ihn zu tun, wenn er eine Reihe schwieriger Prüfungen bestehen würde. Damit wollten sie seine Ausdauer, und seine Eigenschaften testen, ob er auch wirklich für solch ein Geschenk fähig wäre. Sein Verhalten war untadelig und so wollten sie ihm jedes Jahr wenn sie ihren Hausputz machten die Asche von ihrer Feuerstelle in den Montezuma Canyon schütten. Und so endete kleiner Wagen; Manchmal vergäßen die Geister ihr Versprechen, manchmal warfen sie zuviel herab, aber im großen und ganzen würden sie an die Menschen in Montezuma Canyon denken."
Nach der Erzählung herrschte einen Augenblick respektvolles Schweigen, dann bemerkte der Junge: "It snows at Blanding, too, Why is that?"
Und "kleiner Wagen" antwortete: "I dont know, you will have to make your own story for that."
Der Junge hat die Geschichte im kausalen Zusammenhang erlebt, nämlich als Begründung warum es in Montezuma Canyon schneit. Der Junge hat nicht die Bedeutung der wechselseitigen Beziehung und Achtung zwischen Mensch und Natur verstanden, von der dieses Märchen vorallem erzählt.
Der Mann der diese Geschichte am Lagerfeuer noch miterlebte und aufgeschrieb, war der Anthropologe J.Barre Toelken. Er fragte "kleinen Wagen" wie er über den Jungen denke und wie dieser seine Geschichte verstanden habe. Der alte Indianer sagte, der Junge wäre auf eine "Weißen Schule" gegangen und verstehe deshalb die Geschichte nicht richtig.
Vergleichbar ist diese Geschichte mit dem Grimm märchen "Frau Holle" Auch Frau Holle schüttelt ihr Bett kräftig aus, wenn es auf der Erde schneit. Und das Mädchen ist wie der Held in der Indianergeschichte, auch sie musste Prüfungen bestehen, ihren Fleiß und ihren Respekt gegenüber der Natur unter Beweis stellen. Erst dann erfolgt die Belohnung, in dem Indianermärchen ist es direkt der glitzernde Schnee, im Märchen von der Frau Holle ist es der Goldregen.
Vergleichbares deutsches Märchen; Frau Holle
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Vorgeschichte: Es ist einer dieser vielen langen Winternächte in Utah im Westen Amerikas, Es ist Mitte der 50er Jahre, eine Indianerfamilie ist auf der Durchreise und rastet in einem Navajoreservat im Montezuma Canyon. Man sitzt am Lagerfeuer zusammen, während es draussen stürmt und schneit, beginnt einer der Alten beim Rauchen des Calumet sein Garn zu spinnen. Er ist ein Navahoo, niemand hat seine Lebensjahre gezählt, er hat keine Geburtsurkunde, sein Name ist "kleiner Wagen". Er erzählt von den alten Zeiten, von den Zeiten wo das Wünschen noch geholfen hat. Der Indianerjunge der mit seinen Eltern am Feuer saß fragte: "woher kommt denn der viele Schnee, der draussen fällt?"
Woher kommt der Schnee?
Vor langer Zeit hat ein Vorfahre ein wunderschönes Stück eines brennendes Materials gefunden. Er hat es aufgehoben und es monatelang sorgsam gehütet. Bis einige Geister kamen und es zurückverlangten. Er bat: "kann ich nicht ein kleines Stückchen behalten?" Es wurde ihm verwehrt. Doch kamen sie darüber überein, etwas für ihn zu tun, wenn er eine Reihe schwieriger Prüfungen bestehen würde. Damit wollten sie seine Ausdauer, und seine Eigenschaften testen, ob er auch wirklich für solch ein Geschenk fähig wäre. Sein Verhalten war untadelig und so wollten sie ihm jedes Jahr wenn sie ihren Hausputz machten die Asche von ihrer Feuerstelle in den Montezuma Canyon schütten. Und so endete kleiner Wagen; Manchmal vergäßen die Geister ihr Versprechen, manchmal warfen sie zuviel herab, aber im großen und ganzen würden sie an die Menschen in Montezuma Canyon denken."
Nach der Erzählung herrschte einen Augenblick respektvolles Schweigen, dann bemerkte der Junge: "It snows at Blanding, too, Why is that?"
Und "kleiner Wagen" antwortete: "I dont know, you will have to make your own story for that."
Der Junge hat die Geschichte im kausalen Zusammenhang erlebt, nämlich als Begründung warum es in Montezuma Canyon schneit. Der Junge hat nicht die Bedeutung der wechselseitigen Beziehung und Achtung zwischen Mensch und Natur verstanden, von der dieses Märchen vorallem erzählt.
Der Mann der diese Geschichte am Lagerfeuer noch miterlebte und aufgeschrieb, war der Anthropologe J.Barre Toelken. Er fragte "kleinen Wagen" wie er über den Jungen denke und wie dieser seine Geschichte verstanden habe. Der alte Indianer sagte, der Junge wäre auf eine "Weißen Schule" gegangen und verstehe deshalb die Geschichte nicht richtig.
Vergleichbar ist diese Geschichte mit dem Grimm märchen "Frau Holle" Auch Frau Holle schüttelt ihr Bett kräftig aus, wenn es auf der Erde schneit. Und das Mädchen ist wie der Held in der Indianergeschichte, auch sie musste Prüfungen bestehen, ihren Fleiß und ihren Respekt gegenüber der Natur unter Beweis stellen. Erst dann erfolgt die Belohnung, in dem Indianermärchen ist es direkt der glitzernde Schnee, im Märchen von der Frau Holle ist es der Goldregen.
Vergleichbares deutsches Märchen; Frau Holle
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02 Okt 2018 20:22 #14824
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Das Mädchen das einen Stern heiraten wollte
indianisches Märchen
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Zu der Zeit, von der diese Geschichte erzählt war es Sommer und heiß, so dass obwohl die Seiten des Zeltes aufgeschlagen waren es nachts im Zelt stickig und schwül war
Da verbrachten zwei Mädchen die Nacht im Freien, mit dem Rücken auf der Erde sahen sie hinauf zu den Sternen. Sie lachten und sprachen darüber welchen der Sterne sie am liebsten heiraten würden. Die eine sagte,
"ich nehme den Stern der so weiß leuchtet,"
da scherzte die andere:
"der hat schon weiße Haare, ich möchte lieber einen jungen Stern zum Mann".
Das eine Mädchen ist über ihre Träume und Scherze hin eingeschlafen, das andere aber blieb wach kurz bis zum Morgengrauen. Und da sah sie mit Anbruch des Tages den Morgenstern aufgehen und hell leuchten. Und sie dachte:
"ich wollte ich könnte dem Morgenstern seine Frau sein."
Am anderen Morgen ging das Mädchen ihrer Arbeit nach, unten im kleinen Wäldchen am Fluß, sie sammelte Brennholz und band es zusammen. Und wie sie sich von der Arbeit aufrichtete stand da ein Mann vor ihr. Sein Gesicht leuchtete, und er war schön, wie sie noch keinen gesehen hatte. Er sagte:
"Ich bin der Morgenstern den du heiraten wolltest, ich komme um dich zu holen."
Also ging sie mit ihm hinauf in den Himmel sie wurden Mann und Frau und sie waren glücklich.
Es gab in der Sternenwelt auch eine alte Frau, die saß auf dem Loch in der Himmelsdecke. Eines Nachts verabschiedete sich von seiner jungen Frau mit den Worten:
"Sieh niemals durch das Loch in der Himmelsdecke."
Eines Nachts als die junge Frau allein war, da hatte sich die Alte von dem Loch in der Himmeldecke entfernt und die junge Frau konnte nicht anders sie ging hin und schaute hinunter. Schreck und Freude waren gleich groß wie sie ihr Dorf, ihre Verwandten und die anderen Mädchen sah. Sie wurde nun von Tag zu Tag trauriger und als Morgenstern sie fragte:
"hast du durch die Himmeldecke gesehen",
gestand sie es gleich.
Da gab er ihr Seide und daraus spann sie eine Strickleiter, an der sie zur Erde hinunterkletterte.
Die Menschen ihres Dorfes schätzen sie und sie wurde Medizinfrau. Der Weg zurück in den Himmel aber blieb ihr versperrt. Sie gebar einen Sohn in ihrer Hütte. Doch obwohl sie nun einen Sohn hatte und geehrt war in ihrem Volk konnte sie die Tage und Wochen gemeinsam mit Morgenstern nicht vergessen. Und so wurde sie immer trauriger und starb.
Der Junge wuchs heran und da er keine Eltern hatte und auch keine Verwandten war er sehr arm und lebte einmal bei dieser Familie und einmal bei der anderen. Manchmal nahm ihn auch eine alte Frau auf die allein lebte, ein gutes Herz hatte und ihren Vorrat so lange es ging mit ihm teilte. Der Junge hatte als kleines Kind einen Unfall gehabt, er hat sich am Feuer verbrannt. Zurück blieb eine große Narbe an der Wange, so dass er Scarface, Narbengesicht genannt wurde.
Der Junge war oft einsam und ging hinunter zum Fluß in das kleine Birkenwäldchen zum Spielen. Einmal wie er über eine Arbeit gebeugt war kam ein stattlicher junger Mann auf ihn zu. Sein Gesicht strahlte hell und war sehr freundlich. Er fragte den Jungen:
"Sag mal, weshalb spielst du hier allein am Fluß?"
Antwortete der Junge:
"Ich habe keine Eltern und keine Freunde".
An diesem Tag spielten sie zusammen und als Scarface hungrig war lief der Fremde in den Wald und kehrte bald darauf mit Essen zurück.
So geschah es nun öfters, Scarface ging hinunter zum Fluß und spielte, und manchmal tauchte der Freund auf. Dann errichteten sie gemeinsam kleine Hütten aus Birkenrinde und es entstand ein winzig kleines Dorf dort unten am Fluß. Und wenn der Fluß in der Regenzeit anschwoll überspülte er es und sie richteten es von neuem auf.
Für Scareface war sein neuer Freund ein Geheimnis, nur die alten Frau bemerkte dass er lebhafter und fröhlicher war wie früher.
Immer wieder kam der Mann mit dem leuchtenden Gesicht zum Fluß, dann wurde es seltener und irgendwann kam er nicht mehr. Für den Jungen aber blieb der Platz unten am Fluß sein Lieblingsplatz, dort ging er hin um nachzudenken, und Zuversicht und Kraft zu sammeln wenn er Kummer hatte.
www.erzaehlkarawane-ammersee.de/geschich...idth=1344&height=840
indianisches Märchen
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
Zu der Zeit, von der diese Geschichte erzählt war es Sommer und heiß, so dass obwohl die Seiten des Zeltes aufgeschlagen waren es nachts im Zelt stickig und schwül war
Da verbrachten zwei Mädchen die Nacht im Freien, mit dem Rücken auf der Erde sahen sie hinauf zu den Sternen. Sie lachten und sprachen darüber welchen der Sterne sie am liebsten heiraten würden. Die eine sagte,
"ich nehme den Stern der so weiß leuchtet,"
da scherzte die andere:
"der hat schon weiße Haare, ich möchte lieber einen jungen Stern zum Mann".
Das eine Mädchen ist über ihre Träume und Scherze hin eingeschlafen, das andere aber blieb wach kurz bis zum Morgengrauen. Und da sah sie mit Anbruch des Tages den Morgenstern aufgehen und hell leuchten. Und sie dachte:
"ich wollte ich könnte dem Morgenstern seine Frau sein."
Am anderen Morgen ging das Mädchen ihrer Arbeit nach, unten im kleinen Wäldchen am Fluß, sie sammelte Brennholz und band es zusammen. Und wie sie sich von der Arbeit aufrichtete stand da ein Mann vor ihr. Sein Gesicht leuchtete, und er war schön, wie sie noch keinen gesehen hatte. Er sagte:
"Ich bin der Morgenstern den du heiraten wolltest, ich komme um dich zu holen."
Also ging sie mit ihm hinauf in den Himmel sie wurden Mann und Frau und sie waren glücklich.
Es gab in der Sternenwelt auch eine alte Frau, die saß auf dem Loch in der Himmelsdecke. Eines Nachts verabschiedete sich von seiner jungen Frau mit den Worten:
"Sieh niemals durch das Loch in der Himmelsdecke."
Eines Nachts als die junge Frau allein war, da hatte sich die Alte von dem Loch in der Himmeldecke entfernt und die junge Frau konnte nicht anders sie ging hin und schaute hinunter. Schreck und Freude waren gleich groß wie sie ihr Dorf, ihre Verwandten und die anderen Mädchen sah. Sie wurde nun von Tag zu Tag trauriger und als Morgenstern sie fragte:
"hast du durch die Himmeldecke gesehen",
gestand sie es gleich.
Da gab er ihr Seide und daraus spann sie eine Strickleiter, an der sie zur Erde hinunterkletterte.
Die Menschen ihres Dorfes schätzen sie und sie wurde Medizinfrau. Der Weg zurück in den Himmel aber blieb ihr versperrt. Sie gebar einen Sohn in ihrer Hütte. Doch obwohl sie nun einen Sohn hatte und geehrt war in ihrem Volk konnte sie die Tage und Wochen gemeinsam mit Morgenstern nicht vergessen. Und so wurde sie immer trauriger und starb.
Der Junge wuchs heran und da er keine Eltern hatte und auch keine Verwandten war er sehr arm und lebte einmal bei dieser Familie und einmal bei der anderen. Manchmal nahm ihn auch eine alte Frau auf die allein lebte, ein gutes Herz hatte und ihren Vorrat so lange es ging mit ihm teilte. Der Junge hatte als kleines Kind einen Unfall gehabt, er hat sich am Feuer verbrannt. Zurück blieb eine große Narbe an der Wange, so dass er Scarface, Narbengesicht genannt wurde.
Der Junge war oft einsam und ging hinunter zum Fluß in das kleine Birkenwäldchen zum Spielen. Einmal wie er über eine Arbeit gebeugt war kam ein stattlicher junger Mann auf ihn zu. Sein Gesicht strahlte hell und war sehr freundlich. Er fragte den Jungen:
"Sag mal, weshalb spielst du hier allein am Fluß?"
Antwortete der Junge:
"Ich habe keine Eltern und keine Freunde".
An diesem Tag spielten sie zusammen und als Scarface hungrig war lief der Fremde in den Wald und kehrte bald darauf mit Essen zurück.
So geschah es nun öfters, Scarface ging hinunter zum Fluß und spielte, und manchmal tauchte der Freund auf. Dann errichteten sie gemeinsam kleine Hütten aus Birkenrinde und es entstand ein winzig kleines Dorf dort unten am Fluß. Und wenn der Fluß in der Regenzeit anschwoll überspülte er es und sie richteten es von neuem auf.
Für Scareface war sein neuer Freund ein Geheimnis, nur die alten Frau bemerkte dass er lebhafter und fröhlicher war wie früher.
Immer wieder kam der Mann mit dem leuchtenden Gesicht zum Fluß, dann wurde es seltener und irgendwann kam er nicht mehr. Für den Jungen aber blieb der Platz unten am Fluß sein Lieblingsplatz, dort ging er hin um nachzudenken, und Zuversicht und Kraft zu sammeln wenn er Kummer hatte.
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02 Okt 2018 20:24 #14825
von Mountain Dreamer
Mountain Dreamer antwortete auf Indianermärchen
Narbengesicht
indianisches Märchen aus Nordamerika
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
In frühester Zeit gab es kein Krieg. Bei allen Stämmen herrschte Frieden. Zu jener Zeit war da ein Mann und eine Frau die waren sehr angesehen, sie hatten eine wunderschöne Tochter, die sie pretty willow, schöne Weide nannten. Viele jungen Männer wollten sie heiraten, aber immer wenn sie "schöne Weide" fragten schüttelte sie den Kopf. Der Vater fragte,
"was hast du, weshalb willst du nicht heiraten?"
Da antwortete schöne Weide:
"warum soll ich heiraten mir geht es gut, ich habe einen reichen guten Vater, unsere Vorratskammern sind nie leer, unser Tipi ist schön. Wir haben jede Menge gegerbte Häute und weiche Tierfelle für den Winter. Mir fehlt es an nichts."
Die jungen Männer aus der Sippe der Raben kamen vor das Zelt des Mädchens. Sie hatten schöne Kleidung an und waren geschmückt. Sie tanzten und warben um die schöne junge Frau. Aber sie wies sie zurück. So ging es auch den besten jungen Männern aus der Sippe der Büffel und der Füchse, die von weit her kamen.
Da wurde der Vater ärgerlich:
"die besten Männer unseres Stammes hast du abgelehnt, ich glaube du hast einen heimlichen Geliebten."
"Vater, antwortete "schöne Weide", ich werde dir die Wahrheit sagen. Sonne hat zu mir gesprochen und gesagt, heirate keinen Mann du gehörst mir. Er sagte auch, wenn ich ihm gehorche werde ich glücklich sein und lange leben."
"Wenn das so ist musst du dich daran halten,"
sagte der Vater und sie sprachen nicht mehr über das Heiraten.
Auch Narbengesicht gefiel die junge Frau, doch er war arm, er hatte kein Zelt und keine Verwandten, die für ihn Häute gerbten und feine Mokassins nähten. Nach einem der großen Tänze kamen die jungen Männer an ihm vorbei. Sie ärgerten sich über die Absage von schöne Weide und verhöhnten Narbengesicht.
"Warum wirbst du nicht um das schöne Mädchen, wo du so reich und gut gewachsen bist?"
"Narbengesicht" lachte nicht, er sagte:
"Gut ich werde auf euren Rat hören und sie fragen ob sie meine Frau werden wolle."
Die jungen Männer hielten das für einen guten Spaß.
"Narbengesicht" ging aber hinunter zum Fluß und wartete dort an der Stelle wo die Frauen Wasser schöpften und nach einiger Zeit kam auch das schöne Mädchen. Er sagte:
"Schöne Weide, warte ich will mit dir sprechen, nicht wie einer der etwas im Schilde führt, sondern offen und frei hier wo die Sonne zuschauen und jeder es sehen kann."
"Sprich nur,"
sagte sie.
"Ich habe dich die ganze Zeit beobachtet, wie du all die jungen Männer die reich und tapfer sind, abgewiesen hast. Ich bin arm, habe keine Verwandten, dennoch bitte ich dich, werde meine Frau."
Das Mädchen verhüllte ihr Gesicht mit ihrem Umhang und scharrte mit den Mokassins im Sand, sie dachte nach. Nach einiger Zeit sagte sie,
"was du sagst stimmt und ich bin froh, dass du mich fragst, es macht mir nichts aus, dass du arm bist und keine Verwandten hast. Meine Verwandten werden uns Felle und Pelze geben und du wirst nicht länger arm sein."
Da wollte er sie vor Freude und Glück umarmen, da hielt sie ihn zurück und sagte:
"Warte, ich muss dir sagen, Sonne hat mit mir gesprochen, er sagt ich gehöre ihm und darf nicht heiraten. Gehorche ich ihm werde ich ein glückliches und langes Leben führen. Geh zu Sonne, sag ihm, dass du mich heiraten willst. Und ist er einverstanden, so soll er dir die als Zeichen die Narbe auf deiner Wange wegnehmen. Und wenn er nicht einverstanden ist oder du ihn nicht findest, komm nicht wieder zurück."
Da klagte Narbengesicht,
"deine Worte waren so zuversichtlich und jetzt ist alles dunkel, wie soll ich den Weg zu Sonne finden, niemand war bisher dort."
"Nur Mut,"
antwortete das Mädchen und ging zurück in ihr Zelt.
Er war traurig, verhüllte seinen Kopf im Umhang und dachte nach. Dann stand er auf und ging zu der alten Frau, die ihn immer bei sich aufgenommen hatte. Sie sah, dass er Kummer hatte, er erzählte ihr, dass er einen weiten Weg gehen müsse und nicht wisse ob er wiederkäme. Sie fragte nicht nach, sie fühlte Mitleid und nähte dem Jungen nicht nur ein paar Mokassins sondern 7 Paar, und obendrauf gab sie ihm einen Beutel mit getrockneten Beeren, gedörrtem Fleisch und Fett aus dem Rücken eines Büffel.
Am nächsten Morgen zog er alleine den Hügel hinauf, warf einen letzten Blick zurück ins Lager und fragte sich, ob er seine Liebste, sein Volk wiedersehe? Er betete zur Sonne,
"habe Mitleid mit mir."
Viele Tage wanderte er über weite Prärien, durch dichte Wälder, über Flüsse und Gebirge - und jeden Tag wurde das Essen knapper, obwohl er Beeren und Wurzeln sammelte und aß was er fand. Er war erschöpft und bat Sonne:
"du wanderst wie ich jeden Tag einen weiten Weg, von Morgens bis Abends, und ich bin dir keinen Schritt näher gekommen, bitte gib mir ein Zeichen wie ich dich finden kann."
Eines Nachts traf er auf den Bau eines Wolfs,
"Hy Bruder, fragte der Wolf, was tust du ihr so fern von deinem Volk?"
"Ich suche den Ort wo Sonne wohnt, antwortete Narbengesicht, ich muß ihn etwas fragen".
"Ich bin schon viel herumgekommen, sagte der alte Wolf, auf den Prärien, in den Wäldern, aber Sonne habe ich nicht gesehen, nein." "Aber frag den Bären, vielleicht weiß der mehr, der schläft im Winter, vielleicht hat er Sonne in seinen Träumen gesehen?"
Und so erreichte er die Höhle des Bären,
"warum bist du allein und so weit weg von deinem Volk,"fragte der.
"Ich muß wissen wo Sonne wohnt, ich habe ein Mädchen, das hat es mir aufgetragen,"antwortete "Narbengesicht".
"Ich bin schon viel herumgekommen, die Flüsse rauf und runter, kenne die Höhlen und Gänge, aber wo Sonne wohnt, nein. Frag doch den Dachs der ist schlau, er wohnt dort drüben."
Der Dachs saß in seinem Loch: Hy, Bruder, was machst du hier draussen ganz allein?"
"Ich suche Sonne, du bist doch schlau, weißt du wo er wohnt, ich muß ihn etwas fragen, wegen dem Mädchen aus meinem Stamm, das ich heiraten möchte."
"Er wohnt auf der anderen Seite des großen Wassers. Schlaf hier, ich bring dich morgen früh an das Ufer."
Früh am Morgen zeigte der Dachs "Narbengesicht" den Weg und mittags als die Sonne hoch stand kam er an das große Wasser. Nie zuvor hat er ein so großes Wasser gesehen, er konnte nicht einmal an das andere Ufer sehen. Er war hungrig, der Proviantbeutel leer, die Mokassins zerschlissen, und sein Herz war krank. Er legte sich in den Sand, und dachte:
"ich kann nicht über das Wasser, ich kann nicht zurück zu meinem Volk".
Dann kamen zwei Schwäne, "Hey Bruder, sprachen sie was tust du hier so weit fort von deinem Volk?"
"Ich wollte zu Sonne, aber ich bin schwach, ich bleibe hier liegen und sterbe."
"Fasse Mut, wir werden dich auf unserem Rücken hinübertragen."
Da fasste Narbengesichtwieder Mut, watete in das Wasser, und ließ sich von den Schwänen über das Meer tragen. Unter ihnen war das Meer tief und schwarz, seltsame Wesen wohnten dort, riesige Tiere, die die Menschen greifen und hinabziehen. Aber die Schwäne trugen ihn sicher an das andere Ufer.
Ein breiter heller Weg führte ins Land hinein.
"Folge diesem Weg Bruder, sprachen die Schwäne und du wirst Sonne begegnen."
Wie er ging sah er wunderbare Dinge die auf dem Weg lagen, ein Hemd, ein Schild, Pfeil und Bogen, und feine Beinkleider, nie zuvor hatte er so schöne Kleidung gesehen. Er rührte nichts an, ging vorsichtig darum herum und lief weiter. Nach einer Weile traf er auf einen jungen Mann, er war der schönste Mensch, sein Gesicht leuchtete, seine Haare waren golden, er trug Kleider aus seltsamen Häuten, seine Mokassins waren mit Federn geschmückt. Dieser Mann sprach Narbengesicht an:
"Hast du die Kleider und Waffen auf dem Weg liegen sehen?"
"Ja"
"Warum hast du sie nicht angerührt?"
Sie gehören nicht mir, vielleicht hat sie jemand verloren."
"Ein Dieb bist du nicht, wie heißt du, wer bist du, so weit weg von deinem Volk."
"Ich bin "Narbengesicht" ich suche "Sonne", ich muß ihn etwas bitten."
"Ich bin, sagte der Mann "der Frühaufsteher", andere sagen auch "Morgenstern" zu mir. Mein Vater ist "Sonne", komm ich bring dich zu sein Zelt. Mein Vater ist jetzt nicht zuhause aber abends kommt er."
Er führte ihn zu einem großen geräumigen Zelt, in der Mitte stand ein breiter Stuhl, ein Dreibein, überall lagen Waffen, sie waren geschmückt, Häute und Felle lagen dort, wie er vorher nie gesehen hatte. Narbengesicht schämte sich und wollte nicht eintreten. Roter Stern Sonnes Frau begrüßte ihn, gab ihm zu essen und versteckte ihn bis zur Ankunft von Sonne unter einem Bündel Häute.
Als Sonne heimkam blieb er stehen und sagte:"ich rieche etwas."
Da sagte Morgenstern: "ja Vater, ein junger Mann ist gekommen, er ist kein Dieb, höre ihn an."
Narbengesicht kroch unter den Häuten hervor.
Schöne Weide hat mich zu dir geschickt, sie hat gesagt sie gehört dir und du hast ihr ein langes glückliches Leben versprochen, aber nun wollte ich dich fragen gibst du sie frei, wir wollen heiraten."
Da sprach Sonne "Sie ist klug, und tat gut daran zu gehorchen. Nun du kannst eine zeitlang hierbleiben, du kannst meinem Sohn bei der Arbeit und der Jagd helfen, er ist manchmal sehr einsam".
Und so zogen Morgenstern und Narbengesicht jeden Morgen schon früh hinaus, oft waren sie schweigsam bei der Arbeit, dann wieder entspann sich ein langes Gespräch. Eines Tages begannen sie aus hunderten von langen Weidenstäben eine große runde Schwitzhütte zu bauen. Morgenstern sang dazu Lieder, die ihre Arbeit gelingen ließen. Narbengesicht empfand von Tag zu Tag mehr Liebe zu ihm, es war ihm so, als kenne er Morgenstern schon immer, sein Leben lang. Und er erzählte Morgenstern, wie sehr er seinen Vater vermisse, den er nie kennengelernt habe.
Da fragte ihn Morgenstern: "erinnerst du dich wie du als kleiner Junge immer unten am Fluß gespielt hast, da hat dich ein Mann besucht, er hat mit dir geredet, dir zu essen gegeben und mit dir kleine Hütten aus Stöckchen gebaut."
"Ja, sagte Narbengesicht, woher weißt du das, niemand wusste es, es war mein Geheimnis".
Morgenstern hielt in der Arbeit inne und sah zu dem jungen Mann: "Ich habe dich besucht, du bist mein Sohn, ich wollte nicht, dass du so einsam bist."
Narbengesicht war verwirrt, er schwieg, und dachte an die damaligen Besuche, während seine Hände weitertarbeiteten.
Als die Schwitzhütte fertiggestellt war, legten die beiden Männer ihre Kleider ab. Morgenstern brachte Kohle auf einem gabelförmigen Stock, sie war heiß und glühte, und wie er etwas Wasser darübergoß, saßen sie in heißem Dampf und schwitzten. Dann kam Sonne, er brachte süßes Gras und legte es auf die glühende Kohle, es verbreitete sich ein süßer Duft in der Hütte.
Und Sonne sang: "alter Mann kommt mit seinem Körper, er ist heilig."
Sonne streckte seine Hände durch den Qualm und rieb Narbengesicht über den linken Arm, seine ganze linke Seite, und schließlich die linke Gesichtshälfte, das gleiche tat er mit der rechten Seite. Er reinigte Narbengesicht, so dass sein Körper glänzte und strahlte. Er strich ihm mit einer Feder über das Gesicht und über die Narbe. Die Haut wurde wieder glatt, die Narbe verschwand.
Sonne sagte: "Sage pretty willow, ich gebe sie frei."
Eine letzte Berührung auf dem Kopf des jungen Mannes verwandete sein Haar in schimmerndes Gold, genau wie das Haar von Morgenstern.
Nach der Zeremonie, sagte Morgenstern: "geh zurück in dein Dorf,"
und er gab ihm die schönen Kleider, Mokassins und Waffen, die er nicht angerührt hatte, als sie auf dem Weg gelegen waren. Dann führte er seinen Sohn zu dem Loch im Himmel, das vor vielen Jahren mit der Rübe von seiner Mutter herausgerissen wurde. Auch Spiders seidenes Seil hing noch herunter.
"Dies, sagte Morgenstern ist der kürzeste Weg zurück auf die Erde und zu deinem Volk."
So kam er zurück und blieb draussen vor dem Dorf auf einem Hügel sitzen. Bald verbreitete sich die Kunde, dass der arme Junge, den sie Narbengesicht nannten, zurückgekehrt sei. Er sei schön gekleidet, bewaffnet wie ein Häuptling, sein Haar sei golden und er strahle wie ein Stern. Da drängte das Volk sich um ihn, bestaunte und fragte ihn woher er gekommen sei.
Er antwortete: "Ich war bei Sonne und habe viel gelernt, was ich euch nun weitergeben kann."
So nannten sie ihn von nun an; der, der zur Sonne ging. Auch schöne Weide war herbeigeeilt und umarmte ihn. Sie war glücklich sein Gesicht ohne Narbe zu sehen, jetzt wusste sie, Sonne hatte ihrer Heirat eingewilligt.
Der, der zur Sonne ging zeigte seinem Volk wie man Schwitzhütten baut und sich reinigt, welche Lieder man dazu singt, wie man die Kohle hereinträgt und welches Gras süß duftet. Er heiratete schöne Weide und sie waren glücklich. Sie bekamen Kinder, die wuchsen heran und bekamen wieder Kinder. Und als eines Tages die Enkeltochter, die sie Morgenröte nannten, in das Zelt der Großeltern eintrat um diese zu begrüßen, waren beide zusammen für immer eingeschlafen.
Mich interessiert wie Ihr zu diesem Märchen denkt; meine email, ich bin neugierig wer meine Leser sind.
Ein Puppenspiel Narbengesicht mit der Ziffer 069 auf you tube, von den legendären Puppenspieler aus den 70er Jahren: Märchen aus aller Welt.
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indianisches Märchen aus Nordamerika
Quelle: Märchen der Welt, Indianermärchen aus Nordamerika; Fischerverlag; Autor; Frederik Hetmann
In frühester Zeit gab es kein Krieg. Bei allen Stämmen herrschte Frieden. Zu jener Zeit war da ein Mann und eine Frau die waren sehr angesehen, sie hatten eine wunderschöne Tochter, die sie pretty willow, schöne Weide nannten. Viele jungen Männer wollten sie heiraten, aber immer wenn sie "schöne Weide" fragten schüttelte sie den Kopf. Der Vater fragte,
"was hast du, weshalb willst du nicht heiraten?"
Da antwortete schöne Weide:
"warum soll ich heiraten mir geht es gut, ich habe einen reichen guten Vater, unsere Vorratskammern sind nie leer, unser Tipi ist schön. Wir haben jede Menge gegerbte Häute und weiche Tierfelle für den Winter. Mir fehlt es an nichts."
Die jungen Männer aus der Sippe der Raben kamen vor das Zelt des Mädchens. Sie hatten schöne Kleidung an und waren geschmückt. Sie tanzten und warben um die schöne junge Frau. Aber sie wies sie zurück. So ging es auch den besten jungen Männern aus der Sippe der Büffel und der Füchse, die von weit her kamen.
Da wurde der Vater ärgerlich:
"die besten Männer unseres Stammes hast du abgelehnt, ich glaube du hast einen heimlichen Geliebten."
"Vater, antwortete "schöne Weide", ich werde dir die Wahrheit sagen. Sonne hat zu mir gesprochen und gesagt, heirate keinen Mann du gehörst mir. Er sagte auch, wenn ich ihm gehorche werde ich glücklich sein und lange leben."
"Wenn das so ist musst du dich daran halten,"
sagte der Vater und sie sprachen nicht mehr über das Heiraten.
Auch Narbengesicht gefiel die junge Frau, doch er war arm, er hatte kein Zelt und keine Verwandten, die für ihn Häute gerbten und feine Mokassins nähten. Nach einem der großen Tänze kamen die jungen Männer an ihm vorbei. Sie ärgerten sich über die Absage von schöne Weide und verhöhnten Narbengesicht.
"Warum wirbst du nicht um das schöne Mädchen, wo du so reich und gut gewachsen bist?"
"Narbengesicht" lachte nicht, er sagte:
"Gut ich werde auf euren Rat hören und sie fragen ob sie meine Frau werden wolle."
Die jungen Männer hielten das für einen guten Spaß.
"Narbengesicht" ging aber hinunter zum Fluß und wartete dort an der Stelle wo die Frauen Wasser schöpften und nach einiger Zeit kam auch das schöne Mädchen. Er sagte:
"Schöne Weide, warte ich will mit dir sprechen, nicht wie einer der etwas im Schilde führt, sondern offen und frei hier wo die Sonne zuschauen und jeder es sehen kann."
"Sprich nur,"
sagte sie.
"Ich habe dich die ganze Zeit beobachtet, wie du all die jungen Männer die reich und tapfer sind, abgewiesen hast. Ich bin arm, habe keine Verwandten, dennoch bitte ich dich, werde meine Frau."
Das Mädchen verhüllte ihr Gesicht mit ihrem Umhang und scharrte mit den Mokassins im Sand, sie dachte nach. Nach einiger Zeit sagte sie,
"was du sagst stimmt und ich bin froh, dass du mich fragst, es macht mir nichts aus, dass du arm bist und keine Verwandten hast. Meine Verwandten werden uns Felle und Pelze geben und du wirst nicht länger arm sein."
Da wollte er sie vor Freude und Glück umarmen, da hielt sie ihn zurück und sagte:
"Warte, ich muss dir sagen, Sonne hat mit mir gesprochen, er sagt ich gehöre ihm und darf nicht heiraten. Gehorche ich ihm werde ich ein glückliches und langes Leben führen. Geh zu Sonne, sag ihm, dass du mich heiraten willst. Und ist er einverstanden, so soll er dir die als Zeichen die Narbe auf deiner Wange wegnehmen. Und wenn er nicht einverstanden ist oder du ihn nicht findest, komm nicht wieder zurück."
Da klagte Narbengesicht,
"deine Worte waren so zuversichtlich und jetzt ist alles dunkel, wie soll ich den Weg zu Sonne finden, niemand war bisher dort."
"Nur Mut,"
antwortete das Mädchen und ging zurück in ihr Zelt.
Er war traurig, verhüllte seinen Kopf im Umhang und dachte nach. Dann stand er auf und ging zu der alten Frau, die ihn immer bei sich aufgenommen hatte. Sie sah, dass er Kummer hatte, er erzählte ihr, dass er einen weiten Weg gehen müsse und nicht wisse ob er wiederkäme. Sie fragte nicht nach, sie fühlte Mitleid und nähte dem Jungen nicht nur ein paar Mokassins sondern 7 Paar, und obendrauf gab sie ihm einen Beutel mit getrockneten Beeren, gedörrtem Fleisch und Fett aus dem Rücken eines Büffel.
Am nächsten Morgen zog er alleine den Hügel hinauf, warf einen letzten Blick zurück ins Lager und fragte sich, ob er seine Liebste, sein Volk wiedersehe? Er betete zur Sonne,
"habe Mitleid mit mir."
Viele Tage wanderte er über weite Prärien, durch dichte Wälder, über Flüsse und Gebirge - und jeden Tag wurde das Essen knapper, obwohl er Beeren und Wurzeln sammelte und aß was er fand. Er war erschöpft und bat Sonne:
"du wanderst wie ich jeden Tag einen weiten Weg, von Morgens bis Abends, und ich bin dir keinen Schritt näher gekommen, bitte gib mir ein Zeichen wie ich dich finden kann."
Eines Nachts traf er auf den Bau eines Wolfs,
"Hy Bruder, fragte der Wolf, was tust du ihr so fern von deinem Volk?"
"Ich suche den Ort wo Sonne wohnt, antwortete Narbengesicht, ich muß ihn etwas fragen".
"Ich bin schon viel herumgekommen, sagte der alte Wolf, auf den Prärien, in den Wäldern, aber Sonne habe ich nicht gesehen, nein." "Aber frag den Bären, vielleicht weiß der mehr, der schläft im Winter, vielleicht hat er Sonne in seinen Träumen gesehen?"
Und so erreichte er die Höhle des Bären,
"warum bist du allein und so weit weg von deinem Volk,"fragte der.
"Ich muß wissen wo Sonne wohnt, ich habe ein Mädchen, das hat es mir aufgetragen,"antwortete "Narbengesicht".
"Ich bin schon viel herumgekommen, die Flüsse rauf und runter, kenne die Höhlen und Gänge, aber wo Sonne wohnt, nein. Frag doch den Dachs der ist schlau, er wohnt dort drüben."
Der Dachs saß in seinem Loch: Hy, Bruder, was machst du hier draussen ganz allein?"
"Ich suche Sonne, du bist doch schlau, weißt du wo er wohnt, ich muß ihn etwas fragen, wegen dem Mädchen aus meinem Stamm, das ich heiraten möchte."
"Er wohnt auf der anderen Seite des großen Wassers. Schlaf hier, ich bring dich morgen früh an das Ufer."
Früh am Morgen zeigte der Dachs "Narbengesicht" den Weg und mittags als die Sonne hoch stand kam er an das große Wasser. Nie zuvor hat er ein so großes Wasser gesehen, er konnte nicht einmal an das andere Ufer sehen. Er war hungrig, der Proviantbeutel leer, die Mokassins zerschlissen, und sein Herz war krank. Er legte sich in den Sand, und dachte:
"ich kann nicht über das Wasser, ich kann nicht zurück zu meinem Volk".
Dann kamen zwei Schwäne, "Hey Bruder, sprachen sie was tust du hier so weit fort von deinem Volk?"
"Ich wollte zu Sonne, aber ich bin schwach, ich bleibe hier liegen und sterbe."
"Fasse Mut, wir werden dich auf unserem Rücken hinübertragen."
Da fasste Narbengesichtwieder Mut, watete in das Wasser, und ließ sich von den Schwänen über das Meer tragen. Unter ihnen war das Meer tief und schwarz, seltsame Wesen wohnten dort, riesige Tiere, die die Menschen greifen und hinabziehen. Aber die Schwäne trugen ihn sicher an das andere Ufer.
Ein breiter heller Weg führte ins Land hinein.
"Folge diesem Weg Bruder, sprachen die Schwäne und du wirst Sonne begegnen."
Wie er ging sah er wunderbare Dinge die auf dem Weg lagen, ein Hemd, ein Schild, Pfeil und Bogen, und feine Beinkleider, nie zuvor hatte er so schöne Kleidung gesehen. Er rührte nichts an, ging vorsichtig darum herum und lief weiter. Nach einer Weile traf er auf einen jungen Mann, er war der schönste Mensch, sein Gesicht leuchtete, seine Haare waren golden, er trug Kleider aus seltsamen Häuten, seine Mokassins waren mit Federn geschmückt. Dieser Mann sprach Narbengesicht an:
"Hast du die Kleider und Waffen auf dem Weg liegen sehen?"
"Ja"
"Warum hast du sie nicht angerührt?"
Sie gehören nicht mir, vielleicht hat sie jemand verloren."
"Ein Dieb bist du nicht, wie heißt du, wer bist du, so weit weg von deinem Volk."
"Ich bin "Narbengesicht" ich suche "Sonne", ich muß ihn etwas bitten."
"Ich bin, sagte der Mann "der Frühaufsteher", andere sagen auch "Morgenstern" zu mir. Mein Vater ist "Sonne", komm ich bring dich zu sein Zelt. Mein Vater ist jetzt nicht zuhause aber abends kommt er."
Er führte ihn zu einem großen geräumigen Zelt, in der Mitte stand ein breiter Stuhl, ein Dreibein, überall lagen Waffen, sie waren geschmückt, Häute und Felle lagen dort, wie er vorher nie gesehen hatte. Narbengesicht schämte sich und wollte nicht eintreten. Roter Stern Sonnes Frau begrüßte ihn, gab ihm zu essen und versteckte ihn bis zur Ankunft von Sonne unter einem Bündel Häute.
Als Sonne heimkam blieb er stehen und sagte:"ich rieche etwas."
Da sagte Morgenstern: "ja Vater, ein junger Mann ist gekommen, er ist kein Dieb, höre ihn an."
Narbengesicht kroch unter den Häuten hervor.
Schöne Weide hat mich zu dir geschickt, sie hat gesagt sie gehört dir und du hast ihr ein langes glückliches Leben versprochen, aber nun wollte ich dich fragen gibst du sie frei, wir wollen heiraten."
Da sprach Sonne "Sie ist klug, und tat gut daran zu gehorchen. Nun du kannst eine zeitlang hierbleiben, du kannst meinem Sohn bei der Arbeit und der Jagd helfen, er ist manchmal sehr einsam".
Und so zogen Morgenstern und Narbengesicht jeden Morgen schon früh hinaus, oft waren sie schweigsam bei der Arbeit, dann wieder entspann sich ein langes Gespräch. Eines Tages begannen sie aus hunderten von langen Weidenstäben eine große runde Schwitzhütte zu bauen. Morgenstern sang dazu Lieder, die ihre Arbeit gelingen ließen. Narbengesicht empfand von Tag zu Tag mehr Liebe zu ihm, es war ihm so, als kenne er Morgenstern schon immer, sein Leben lang. Und er erzählte Morgenstern, wie sehr er seinen Vater vermisse, den er nie kennengelernt habe.
Da fragte ihn Morgenstern: "erinnerst du dich wie du als kleiner Junge immer unten am Fluß gespielt hast, da hat dich ein Mann besucht, er hat mit dir geredet, dir zu essen gegeben und mit dir kleine Hütten aus Stöckchen gebaut."
"Ja, sagte Narbengesicht, woher weißt du das, niemand wusste es, es war mein Geheimnis".
Morgenstern hielt in der Arbeit inne und sah zu dem jungen Mann: "Ich habe dich besucht, du bist mein Sohn, ich wollte nicht, dass du so einsam bist."
Narbengesicht war verwirrt, er schwieg, und dachte an die damaligen Besuche, während seine Hände weitertarbeiteten.
Als die Schwitzhütte fertiggestellt war, legten die beiden Männer ihre Kleider ab. Morgenstern brachte Kohle auf einem gabelförmigen Stock, sie war heiß und glühte, und wie er etwas Wasser darübergoß, saßen sie in heißem Dampf und schwitzten. Dann kam Sonne, er brachte süßes Gras und legte es auf die glühende Kohle, es verbreitete sich ein süßer Duft in der Hütte.
Und Sonne sang: "alter Mann kommt mit seinem Körper, er ist heilig."
Sonne streckte seine Hände durch den Qualm und rieb Narbengesicht über den linken Arm, seine ganze linke Seite, und schließlich die linke Gesichtshälfte, das gleiche tat er mit der rechten Seite. Er reinigte Narbengesicht, so dass sein Körper glänzte und strahlte. Er strich ihm mit einer Feder über das Gesicht und über die Narbe. Die Haut wurde wieder glatt, die Narbe verschwand.
Sonne sagte: "Sage pretty willow, ich gebe sie frei."
Eine letzte Berührung auf dem Kopf des jungen Mannes verwandete sein Haar in schimmerndes Gold, genau wie das Haar von Morgenstern.
Nach der Zeremonie, sagte Morgenstern: "geh zurück in dein Dorf,"
und er gab ihm die schönen Kleider, Mokassins und Waffen, die er nicht angerührt hatte, als sie auf dem Weg gelegen waren. Dann führte er seinen Sohn zu dem Loch im Himmel, das vor vielen Jahren mit der Rübe von seiner Mutter herausgerissen wurde. Auch Spiders seidenes Seil hing noch herunter.
"Dies, sagte Morgenstern ist der kürzeste Weg zurück auf die Erde und zu deinem Volk."
So kam er zurück und blieb draussen vor dem Dorf auf einem Hügel sitzen. Bald verbreitete sich die Kunde, dass der arme Junge, den sie Narbengesicht nannten, zurückgekehrt sei. Er sei schön gekleidet, bewaffnet wie ein Häuptling, sein Haar sei golden und er strahle wie ein Stern. Da drängte das Volk sich um ihn, bestaunte und fragte ihn woher er gekommen sei.
Er antwortete: "Ich war bei Sonne und habe viel gelernt, was ich euch nun weitergeben kann."
So nannten sie ihn von nun an; der, der zur Sonne ging. Auch schöne Weide war herbeigeeilt und umarmte ihn. Sie war glücklich sein Gesicht ohne Narbe zu sehen, jetzt wusste sie, Sonne hatte ihrer Heirat eingewilligt.
Der, der zur Sonne ging zeigte seinem Volk wie man Schwitzhütten baut und sich reinigt, welche Lieder man dazu singt, wie man die Kohle hereinträgt und welches Gras süß duftet. Er heiratete schöne Weide und sie waren glücklich. Sie bekamen Kinder, die wuchsen heran und bekamen wieder Kinder. Und als eines Tages die Enkeltochter, die sie Morgenröte nannten, in das Zelt der Großeltern eintrat um diese zu begrüßen, waren beide zusammen für immer eingeschlafen.
Mich interessiert wie Ihr zu diesem Märchen denkt; meine email, ich bin neugierig wer meine Leser sind.
Ein Puppenspiel Narbengesicht mit der Ziffer 069 auf you tube, von den legendären Puppenspieler aus den 70er Jahren: Märchen aus aller Welt.
www.erzaehlkarawane-ammersee.de/geschich...idth=1344&height=840
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