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der Komfort des Hängenbleibens
- sternhagel
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Dabei ist es ganz wurscht, worüber man sich in Foren/Mailinglisten mit religionslastigem Unterton zu unterhalten versucht, und um welche Glaubensrichtung es sich im Speziellen handelt: wenn man den vordergründigen Inhalt der einzelnen Themen außer acht lässt, geht es im Grunde um „Kompetenz“, Rechthaben und dergleichen mehr, als hätten manche Menschen Angst, man könnte ihnen etwas wegnehmen, indem man ihnen alternative Sichtweisen aufzeigt, die das liebgewonnene Gewohnte in Frage stellen. Wo sich Lücken auftun und der Mensch nicht recht Bescheid weiß, verfällt er ins Glauben und von dort aus in den Streit, weil er seine Ahnungen/Hoffnungen um seiner selbst willen verteidigen muss, anstatt zu sagen: „Keine Ahnung, ich weiß es nicht“, oder die Leerstellen freizuhalten, falls sich doch noch mal eine Erkenntnis einschleichen sollte.
Ist es nicht schon mal jemandem so vorgekommen, als ob die feste Zugehörigkeit zu einer spirituellen Gruppe einen eher einbetonieren könnte, als dass sie den Menschen fördert? Dabei ist es gar nicht selbstverständlich, ob Letzteres überhaupt das ist, was der Einzelne will. Möglicherweise geht es auch tatsächlich eher um Sicherheit, Geborgenheit und das Teilen eines gemeinsamen Bezugsrahmens, der einem dabei hilft, das Leben zu bewältigen. Das ist auch in Ordnung, nur frage ich mich, inwieweit es dem Einzelnen klar ist, wonach er eigentlich genau sucht und wohin er will. Es ist ja oft nicht ganz einfach, sich gewisse Dinge anzusehen/einzugestehen, und manchmal sieht man sie auch tatsächlich nicht, weil die inneren Widerstände vielleicht zu groß sind, aus Gründen, die man selbst nicht versteht, womit man wieder beim Thema wäre… Ich denke, dass nahezu jeder Mensch mit einer mehr oder weniger schweren Verblendung zu kämpfen hat. Man frage eine beliebige Person: „Warum, glaubst du, bist du mehr wert als eine Ratte?“, und stelle fest, dass eine solche Frage ohne beleidigende Konnotation überhaupt nicht mehr denkbar ist, weil es für etwa einhundert Prozent aller Menschen vollkommen selbstverständlich ist, dass sie mehr wert sind als eine Ratte, und dass sie daher über eine so saudumme Frage überhaupt nicht nachzudenken brauchen.
Es ist nicht ganz einfach zu formulieren, aber ist es nicht möglich, dass in jedem Menschen der Typ steckt, der über eine so saudumme Frage überhaupt nicht nachzudenken braucht – und zwar in einem schlimmeren Ausmaß, als es einem selbst bewusst sein mag? Wie ist es möglich, sich überhaupt zu einem bestimmten Wertesystem zu bekennen (denn die Auswahl erfolgt üblicherweise subjektiv nach hausgemachten Verblendungsmustern), und warum/wofür sollte man das überhaupt tun?
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob man das jetzt als sehr provokant oder anstößig auffassen könnte, es ist natürlich keine Beleidigung beabsichtigt (wobei: warum eigentlich nicht?


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„Warum, glaubst du, bist du mehr wert als eine Ratte?“
Weil die Organmafia mehr für mich zahlt !
(schade, dass die Frage schon eine Antwort vorgibt,
die jeder für sich selbst beantworten kann)
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@Ratte: Für die Welt ist es wahrscheinlich unwichtig, ob jetzt ich überlebe oder eine Ratte. Für mich selber ist es natürlich erstrebenswerter, mich im Zweifelsfall für mein eigenes Leben zu entscheiden. Mir selber bin ich also mehr wert als die Ratte es ist. Das ist allerdings ziemlich natürlich...
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- sternhagel
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Kurz annagen und wieder verschwinden ist eins, in den Anfängen stecken bleiben das Andere, aber selbst wenn man sich tiefer in etwas hineinbohrt, macht man das doch meist immer noch mit den gewohnten Scheuklappen, oder tendiert zumindest dorthin… kann das sein? Ich meine ein gewisses Sich-in-etwas-Verrennen, also, das Fehlen von Flexibilität (in verschiedenen Abstufungen, versteht sich). Es muss ja nicht jeder alles durchleuchten, aber eine gewisse Abwehrhaltung dagegen findet man selbst (oder besonders?) da, wo „Durchleuchten“ eigentlich Thema ist. Vielleicht ist das auch alles ganz schön selbstverständlich und gar nicht der Rede wert (nur für mich im Moment nicht

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Tolles Thema - und das Problem mit der Rattenfrage ist natürlich genau, daß sie etwas voraussetzt, was nicht selbstverständlich ist, obwohl es spontan vielleicht so scheint.
Schön auch, wie im gleichen Text dann Worte wie "annagen" und so auftauchen.

Mir fallen dazu zwei Dinge ein. Zum Einen: Ja, andere Menschen mögen scheinbar nicht nachdenken oder sich unreflektiert irgendwelchen Gruppen anschließen usw. - aber wieso sind die Gepflogenheiten "anderer Menschen" unser Business?
Ich könnte mir vieles zu ihrer Entschuldigung einfallen lassen - angefangen von: Sie denken über vieles anderes nach - darum konnten sie es nicht auch darüber tun" bis zu "vielleicht leben sie unreflektiert, weil ihr Leben auch so schon anstrengend genug ist und sie mit seiner Bewältigung völlig ausgelastet sind". Anyway sehe ich es nicht so richtig als meinen Wunsch, über sie zu urteilen - so im Allgemeinen.
Wenn ich eine konkrete Person vor mir habe, die mir am Herzen liegt, mag das anders sein, aber dann kann ich auch nachfragen, hinweisen, mich aufklären lassen usw.
Und - zweitens - wie liegt's bei mir selbst? Also ja, ich hab mir Hexen gesucht - nicht zuletzt deshalb, weil ich da Leute gefunden habem, zu denen ich mich zugehörig fühlen konnte - oder die sich mit mir abgeben wollten.

Zum anderen merke ich, daß bestimmte Dinge in meinem Inneren für gegeben stehen, die in Frage zu stellen ich mir selten die Mühe mache - und wenn dann nicht sehr gründlich, z.B. daß der Mensch von Geburt an ein gutes Herz hat, daß es ein göttliches Wesen gibt, welches das ganze Universum umfaßt, daß der Begriff "Wert" auf Lebewesen nur mit großem Unbehagen anwendbar ist u.a.
Mit Weltanschauungen, die diese Dinge verneinen (in Frage stellen ist ja noch okay), befasse ich mich nur äußerst oberflächlich.
Ich stelle aber auch fest, daß die konkrete Richtung, in der ich mich zur Zeit spirituell bewege, in der ich lerne und übe - daß dabei, wenn ich es denn ernst meine, und daß tu ich, nichts unreflektiert bleibt, daß so ziemlich alles in meinem Leben angeschaut und geprüft wird - wobei ich oft feststelle, daß ich lange brauche und schwerfällig bin, aber auch daß - zumindest zeitgleich, Kausalität sei dahingestellt - sich wundersame, angenehme Dinge in meinem Leben ereignen und ergeben, sprich: Ich sehe eine Wirkung, eine die mir gefällt.
> Dabei besteht, meiner Meinung nach, die Gefahr, sich
> festzulegen, anstatt seinen Erkenntnishorizont zu
> erweitern.
Ja. Aber vielleicht ist es auch völlig legitim oder sogar sinnvoll und lehrreich, sich mal 'ne Weile festzulegen - auch wenn man später feststellt, daß
man einer Fata Morgana gefolgt ist.
Bleibt mir zuletzt die Frage, Sternhagel, suchst Du?
Vielleicht treibt Dich ja selbst die Frage um, ob Du irgendwo hängenbleiben darfst und ob das dann aus den richtigen Gründen geschieht, oder ob es überhaupt irgendwo einen Platz gibt, der Dir mehr als Oberfläche böte.
Daß es einen solchen Ort gibt und Du ihn findest, wünsche ich Dir auf jeden Fall (so es Dir behagt).
Liebe Grüße von
Ialokin
Die Liebe zu schenken, den Zauber zu wecken, das Leben zu feiern - das ist unser Sinn.
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- sternhagel
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Schön, dass du dir die Zeit genommen (und das Problem im Subtext der Rattenfrage erkannt) hast!

Schön auch, wie im gleichen Text dann Worte wie "annagen" und so auftauchen.
Ja, ich gestehe, eventuell bin ich zurzeit etwas rattenbelastet, weil mein Avatar-Böckchen letzte Woche eingeschläfert wurde und ich jetzt dringend ein paar neue Böcke mittleren Alters zur Vergesellschaftung suche. Und jetzt SCHLUSS mit den Ratten, das war ein blödes Beispiel.

aber wieso sind die Gepflogenheiten "anderer Menschen" unser Business?[…] Anyway sehe ich es nicht so richtig als meinen Wunsch, über sie zu urteilen
Wenn ich so über das Treiben anderer Menschen nachdenke, ist es auch nicht mein Wunsch, sie zu kritisieren. Das Urteil „dumme Sau“ oder „ist nicht meine Sache“ ist schnell gefällt, und damit wäre die Angelegenheit auch schon erledigt, aber das bringt mir so nichts. Ich habe z.B. kürzlich einen besonders fürchterlichen Bericht über Tierversuche, Schlachtungen und dergleichen gesehen. (Kennt jemand „Earthlings“? Das meinte ich jetzt zwar gar nicht, aber es ist auch eine Empfehlung wert.) Dabei hat, unter anderem, eine Frau lächelnd mit einem sehr übel zugerichteten Affen für die Kamera posiert, während die Umstehenden Witze machten, und später hat sich dann ein Mann an einem Beagle vergriffen, wie ich es vorher noch nie gesehen habe (was etwas heißen will). Was den Hund angeht, braucht man nicht weiter zu diskutieren, aber dieser Mann ist doch auch irgendwann klein und nackig zur Welt gekommen, und mit dreißig ist er dann so weit, dass er routinemäßig 8 Stunden täglich Grausamkeiten begeht, die sich die meisten von uns kaum vorstellen können. Wenn mir so etwas begegnet, fange ich eigentlich automatisch an, zu überlegen, wie so etwas verursacht werden kann… Genetik, Kindheit/Erziehung/Umfeld, sonstige Erfahrungen, etc., und dann kommt natürlich unweigerlich die Frage: „Hätte es nicht durch diesen oder jenen Umstand jeden von uns treffen können?“ Wenn man die Sache eher „buddhistisch“ (ich verwende einfach mal diesen Ausdruck) betrachtet, könnte es einem sogar nützlich sein, die kleinen und größeren Vergehen seiner Mitmenschen zu begreifen, weil es dann leichter fällt, Mitgefühl zu entwickeln, was letztlich das Risiko verringert, sich früher oder später mit Verbitterung und Krebsgeschwüren herumzuschlagen. Bis hierhin also die Antwort auf die Frage „Was kümmert mich, was die Anderen tun?“, die meiner Meinung nach mit deiner nächsten Frage, „wie liegt's bei mir selbst?“ unmittelbar verbunden ist. Ich hoffe, dass ich das verständlich vermitteln konnte.
Zum anderen merke ich, daß bestimmte Dinge in meinem Inneren für gegeben stehen
Ich glaube, so geht es jedem Menschen. Wenn man gar nichts als „sicher“ hinnimmt, könnte man glatt wahnsinnig werden, aber ich finde, die Grenzen sind fließend. Heißt: Der Beagle-Mann nimmt vielleicht einerseits als selbstverständlich hin, dass die Schwerkraft auf ihn wirkt, im selben Atemzug sieht er es aber auch als natürliche Gegebenheit, dass Tiere unsere Sklaven und Werkzeuge sind. Mööööp! Da ist er schon, der Zonk. (Extrembeispiel, ist klar.

daß der Begriff "Wert" auf Lebewesen nur mit großem Unbehagen anwendbar ist u.a.
Ich wollte keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich diesen Punkt irgendwie anders sehe. Aus einem (zynischen, ironischen, nicht wörtlich gemeinten) Text von mir folgendes Zitat: „Merke: Ratten sind weniger wert als Hunde, Hunde sind mehr wert als Schlachtvieh, aber alle zusammen sind sie weniger wert als Menschen. Menschen unter sich haben ganz unterschiedliche Werte, je nachdem, wie gut man sie kennt und wie vermögend sie sind.“ Bitte nicht falsch auffassen.
Bleibt mir zuletzt die Frage, Sternhagel, suchst Du?
Aber ja, beständig! (Tun wir das nicht alle?) Danke der Nachfrage. Wäre ja auch ein wenig verdächtig bis enttäuschend, zu verneinen, nachdem ich drei so ausführliche Texte gepresst habe.

Was Austausch/Diskussion angeht, finde ich es eigentlich in Ordnung, keinen festen Platz gefunden zu haben, sondern so hier und da rumzubummeln. Genau genommen müsste man mich, prozentuell, am ehesten in die buddhistische Ecke drängen, wo übrigens am hässlichsten gestritten wird (vermutlich gerade weil die Leute dort Aggression und Konkurrenzdenken so vehement ablehnen). So viel zum Thema Selbstreflexion und „Schattenarbeit“…
Grüße,
sternhagel
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danke erstmal für das Thema, hab' schon einiges darüber nachdenken *müssen*

Aber...meinst Du nicht, daß man ebensogut bei sich selbst (oder: dem Selbst-Bild) bequem hängenbleiben kann?
Du kennst wahrscheinlich die buddhistische Unterscheidung zwischen relativer und absoluter Wahrheit. Kein Ort, nirgends ist m.E. ein Hinweis auf letzteres...
Gemeinschaft, in-Beziehung-sein (Sangha) ist glaube ich schon etwas sehr wichtiges - und sehr, sehr lehrreich...Es hat sicher Licht- und Schattenseiten, sich auf etwas bzw. jemanden einzulassen, ist gefährlich und eine Chance, zu wachsen.
Wie man's auch betrachtet...
liebe Grüße
Nivien
Jede gute Sache ist scharf. (Gurdijeff)
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- sternhagel
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Aber...meinst Du nicht, daß man ebensogut bei sich selbst (oder: dem Selbst-Bild) bequem hängenbleiben kann?
Doch, tierisch. Auf nichts kann man besser hängen bleiben als auf sich selbst, oder? Was ganz besonders blöd ist, denn der Buddhist sagt ja auch, es gibt gar kein Selbst...


Der Satz, auf den du anspielst, sollte eher ausdrücken, dass man eben (zwangsläufig) mit der Ausrüstung arbeitet, die einem nun mal gegeben ist, es kann ja keiner für einen denken… Sollte er das ausdrücken?


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ein wirklich sehr interessantes Thema. Beim Anmelden kam auch gleich folgendes Zitat von Maria Green
" Magie ist die Kunst, die Elemente zu erkennen, die Veränderung u Verwandlung bewirken. In der Natur zeigen Sie sich als Ebbe u Flut, im Leben des Menschen als Perioden des Fortschritts, des Stillstandes u des Rückzuges. Sobald wir die deutlich erkannbaren Stömungen fühlen u bewusst wahrnehmen, steht es in unserer Macht, diese ungeheuerern Kräfte selbst zu nutzen."
Mir geht es so .Ich bin bei der Naturreligion und bei den Hexen -hängengeblieben- weil ich so fühle und spürte das ist mein Weg.Jetzt hab ich den -rabenclan- kennengelernt und merke jetzt komme ich weiter.Aber ich kann mich immernoch nicht entschließe irgendwo fest beizutreten, weil ich weiss ich hab dieses ganze Wissen noch nicht.
Manchmal arbeitet die Zeit .

Lg Mondlicht
Das Dasein ist köstlich, man muss nur den Mut haben, sein eigenes Leben zu führen.
(Peter Rosegger)
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lg
Nivien
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