Im polytheistischen Weltbild existieren viele Götter. Üblicherweise fühlt man sich zu einem bestimmten Kulturpfad hingezogen. Häufig fühlt man sich genauso auch zu einem bestimmten Gott oder einer bestimmten Göttin hingezogen.
 
Das Patronat ist ein Konzept, dass sich in den letzten Jahren innerhalb des Heidentums herauskristallisiert hat.  Als Patronat oder Schirmherrschaft wird häufig die besondere Beziehung genannt, die manche Heiden (häufig die Polytheistisch oder Recon orientierten) zu bestimmten Göttern haben. Es ist eine besondere Art der gegenseitigen Beziehung.

Die entsprechende Gottheit wird Patron, Patronin, Patrona, Schirmherr, Schirmgott oder Schirmherrin/ Göttin genannt. Die andere Seite ist dann der KlientIn, Protegé(e) oder Schützling, in manchen Fällen passt auch das modernere Mentee ganz gut, je nachdem was es für eine Gottheit ist und wie die Beziehung sich genau gestaltet. Manche, vor allem feministisch orientierte sprechen auch von einer Matrona (habe ich auch getan), allerdings ist eine Matrona relativ genau definiert als eine meist reifere Frau, die mit einem römischen Bürger verheiratet ist und eine bestimmte soziale Stellung hat. Die Mehrzahl, Matronae, wurde in den römischen Kolonien als Titel für einheimische Muttergöttinnen genommen. Die korrekte weibliche Form ist Patronin oder Patrona und ja, es kommt von „Vater“ und aus der Proto-Indoeuropäischen Wurzel für Vater, allerdings ist der stärkere Fokus auf den Schutz zu sehen.

Die Frage, wie man seinen Patron oder Patrona finden kann ist dann die nächste. Es kann eine regelrechte Quest sein die Stimme zu finden, die mit einem redet, oder die Kraft die einen Unterstützt. Es ist dann auch nicht immer einfach mit der Gottheit zu leben, fragt mal jene, deren PatronIn Eris oder Loki sind ;-).

Das Konzept des Patronats vermischt sich im modernen Heidentum mit dem der direkten Priesterschaft für eine bestimmte Gottheit. Dabei sehen sich einzelne als ein Priester oder Priesterin einer bestimmten Gottheit. Dies bedeutet im Polytheismus nicht, dass nur diese Gottheit verehrt werden darf, aber ihr wird von der jeweiligen Person eine besondere Zuwendung dargebracht.

Als Priesterin einer bestimmten Gottheit widme ich mich dieser Gottheit. Ich wähle die Göttin aus. Z.B. kann ich mich zu Brighid hingezogen fühlen und entscheiden, dass ich eine Flammenhüterin werde. Ob Brighid etwas ganz konkretes von mir will und auch meine Patronin wird steht auf einem anderen Blatt geschrieben.

Im Patronat kann ich mich auf die Suche nach einer Gottheit machen, aber meist ist es eher so, dass die Gottheit sich irgendwann bei einem meldet und einen „beansprucht“ – oft durchaus als „PriesterIn“. (Aber auch hier gibt es unterschiedliche Bewertungen)

Um einiges Vorweg aber klar zu stellen:
Man ist kein schlechterer Heide ohne einen PatronIn und man braucht keine PatronIn für die Ausübung der eigenen Spiritualität! Es bedeutet auch nicht, dass man von den Göttern weniger „geliebt“ wird. Nicht alle Heiden haben einen und das ist auch ok. Wenn wir es mit Beziehungen betrachten, einige haben sehr viele Freunde, andere haben eine ganz enge beste Freundin.

Auch das Patronat ist eine besondere Beziehung. In römischer Zeit war es so,  dass der Patron für seinen Schutz die Erledigung bestimmter Aufgaben vom Klienten forderte. So ähnlich wird von mehreren auch ein Patronat erfahren. Die Gottheit will etwas ganz bestimmten von einen. Sie spricht, sie fordert. Es kann sein, dass sie einen als Priesterin fordert, muss aber nicht. Manchmal braucht es Jahre um herauszufinden was die Aufgabe war. Manchmal will der Patron einen aber auch einfach unterstützen und begleiten.

Wie finde ich einen Patron oder Patrona?
Üblicherweise wird man von der Gottheit gefunden. So wie man einen Partner oder eine beste Freundin nicht erzwingen kann, so kann ich keine Patronin auf Kommando finden. Es ist so ähnlich wie mit einer Liebesbeziehung: Je verzweifelter man einen festen Partner möchte, desto eher findet man keinen.

Hat man so gar keine Ahnung, ist Recherche schon einmal ein guter Anfang. Häufig gibt es dann die eine oder andere Gottheit die einen besonders anspricht. Zu einer Beziehung gehört auch, dass man sich für den anderen interessiert. Also lese ich über die Gottheit, ihre Mythen, ihre Geschichte, die Geschichten vom Volk das sie ursprünglich verehrte. Natürlich darf und soll ich auch meine eigene Interpretation reinbringen, denn wenn sich Freunde über einen Freund unterhalten, gibt es häufig auch unterschiedliche Interpretationen. 

Als nächstes kann man einfach versuchen mit dieser Gottheit eine Beziehung aufzubauen. Das kann sein die Geschichten zu lesen, im Internet nach Bildern zu suchen, das Lieblingsbild ausdrucken, Statuen anschauen, wie wurde diese Gottheit vom Volk verehrt von dem ihr Kult stammt? Gibt es im Internet Hymnen, alte und neue? Es kann eine Weile dauern. Manchmal ist es auch so, dass man einen Ruf einfach nicht hört, oder missversteht (davon kann ich ein Lied singen ;-)). Dann einfach mit Ritualen beginnen, oder einen kleinen Schrein aufbauen. Thomas Kirk, amtierender Erzdruide des ADF empfiehlt das man Gaben darbringen sollte (engl.). Die Beziehung zwischen Protegé(e) und PatronIn ist vergleichbar mit einer Beziehung zwischen Freunden, man muss sich darum kümmern. Im Polytheismus machen wir das mit Gaben. Es ist durchaus üblich den Göttern Votivgaben darzubringen, noch schöner, wenn es sich um Kunst handelt wie ein Bild, Gedicht oder Lied. Nicht alle Götter mögen die zarten Saiten der Kunst, einige sind der Darbietung diverse Geschichten ebenso nicht abgeneigt – oder auch Stand-up Comedy bis zu Satire oder selbstgebrautes Bier, Formgebäck oder gebastelte Kunstwerke sind begehrt etc. Schaut wo eure Stärken sind, jede/r ist anders. Ich kenne jemanden, der seiner Patronin zuliebe trocken geworden ist – und ich verbeuge mich vor dieser Leistung und Hingabe. Ich habe dieses Beispiel erwähnt um zu zeigen, dass es eben nicht nur um Essen und Entertainment gehen muss.

Die Beziehung zu einem Patron ist immer sehr persönlich und einzigartig. Mein größter Rat ist es, lasst euch Zeit. Ihr seid weder bessere, noch schlechter Heiden/Hexen / Priester/ Druiden etc. wenn ihr keinen Patron habt. Es gibt immer auch generelle Schutzgötter, Gottheiten die mit einem bestimmten Beruf in Zusammenhang stehen und so gerufen werden können.

Habt ihr eine Patronin gefunden, so könnt ihr wenn ihr wollt mit einem kleinen Ritual diese besondere Beziehung beschließen, es reicht aber auch völlig am Schrein ein Gebet zu sprechen und der Göttin erzählen das sie in Zukunft für euch eine besondere Stellung einnimmt.

Will der Gott das eine Aufgabe erledigt wird, kann die Begegnung schon auch anders sein. Die Patrone sind auch nicht immer so stark im Vordergrund, manchmal treten sie auch zurück, wenn die Aufgabe erledigt wurde. Es kann also durchaus sein, dass es eine Beziehung auf Zeit wird. Aber wie das bei Freunden ist, weiß man zu Beginn nicht immer wie lange sie bleiben werden.

Übrigens finde ich kommt die schönste deutschsprachige Bezeichnung von den Germanischen Heiden, da haben einige den Ausspruch "Weil er mein Höchster ist".

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