Ist es Zeit für eine Reformation der vier lebendigen heiligen Tiere vor dem Throne?

Jeder der sich mit den vier Himmelsrichtungen und ihren Korrespondenzen auseinandergesetzt hat, wird früher oder später über die vier Heiligen Tiere stolpern. Traditionell werden sie dargestellt als Stier, Löwe, Adler und Mensch (Mann). Häufig sind alle vier geflügelt. In diesem Text möchte ich einerseits ihre Entstehungs- und Zuordnungsgeschichte darstellen, aber auch die Hypothese aufstellen, in wie weit diese Symbole nicht den heutigen Gegebenheiten entsprechend aktualisiert werden sollten und einen Vorschlag für eine entsprechende Reformation liefern.

Die vier heiligen Tiere werden immer noch in den magischen Schriften eingesetzt. Dabei fiel mir auf, dass der Löwe meist im Süden gefunden wird, die anderen Zuweisungen variieren je nach Autor. Dies zeigt deutlich, dass ihre wirkliche Bedeutung nicht mehr klar ist.


Die historisch korrekte Zuweisung lautet:
Osten - Stier,
Süden - Löwe,
Westen - Adler,
Norden - Mensch.

Warum wird im Zuge der Erklärung des Ursprungs klar werden.

Ursprung und Reise der vier Heiligen Tiere
Mittelalter
Einzug in die Literatur der Westlichen Mysterien hielten die vier lebendigen Heiligen Tiere vor allem über die „Kabbalah Denudata“ (1677 -78) die vom Kabbalisten Christian Knorr von Rosenroth geschrieben wurde und von Samuel Liddell MacGregor Mathers (1854–1918), einem Mitglied des Golden Dawns, ins Englische übersetzt wurde.
Hier werden die Heiligen Tiere den Sternzeichen zugeordnet:
Stier (Taurus)
Löwe (Leo)
Adler (Scorpio)
Mann (Aquarius)

Wie der Adler zum Skorpion gehört wird sicherlich heutige Leser erstaunen. Bereits im Mittelalter musste dies erklärt werden: Der Skorpion wird als „positives“ (gutes) Emblem durch einen Adler symbolisiert, als „negativer“ (böser) Aspekt als Skorpion und wenn er beide Aspekte gemischt darstellt als eine Schlange. Dies ist allerdings nicht die erste Erwähnung. (MacGregor Mathers 1998)

1. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung (vuZ) - Ezechiel
Die vier Heiligen Tiere werden bereits in der Tora (jüdische „Bibel“) im Buch Ezechiel erwähnt. Dieses entstand während der babylonischen Gefangenschaft im 1. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung 600 – 560 vuZ (Wikipedia).
Wer sich mit der mesopotamischen Sternkunde der damaligen Zeit auskannte, brauchte keine Erklärung um die Tiere den Sternbildern zuordnen zu können. Tatsächlich wird das Bild des Gottes auf dem Thron so auch als Herrscher über die vier Himmelsrichtungen dargestellt. Ein Titel, der im 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung auch erwiesenermaßen für Könige in der Levante benutzt wurde und dem Propheten, wie auch seinen Zuhörern sicherlich bekannt war (Davies and Zur 1979).

3000 vuZ – persische Königssterne
Einen älteren Hinweis auf den Ursprung findet sich bei den Indo-Iranern (Ariern) die um 2000 – 1500 vuZ im Iran ankamen und Vorfahren der Perser darstellten. Diese haben um 3000 vuZ 4 Sterne als Königssterne oder Wächtersterne der vier Himmelsrichtungen festgelegt (Gillentine 2001):
Aldebaren (Tascheter ) – Frühlingsäquinoktium (Wächter des Ostens)
Regulus (Venant) –  Sommersonnenwende (Wächter des Südens)
Antares (Satevis) – Herbstäquinoktium (Wächter des Westens)
Fomalhaut (Haftorang) – Wintersonnenwende (Wächter des Nordens)

Bei diesen Sternen handelt es sich um 4 der 25 hellsten Sterne: Aldebaran Platz 13; Antares 16; Fomalhaut 18; Regulus 22 (wikipedia).

Die vier Wächtersterne dominieren für mehrere Monate den nächtlichen Himmel und teilen das Jahr in vier Jahreszeiten. Stellen wir zu den Königssternen die entsprechenden Sternbilder dazu haben wir fast schon bereits die vier Heiligen Tiere:
Aldebaran – Stier
Regulus – Löwe
Antares – Skorpion
Fomalhaut – südlicher Fisch / Aquarius

Die Verbindung zwischen dem südlichen Fisch (nicht zu verwechseln mit dem Tierkreiszeichen Fische!) und Aquarius ist heutigen Lesern nicht mehr sofort klar. Eine Erklärung bezieht sich auf die Längengrade:
Fomalhaut steht als Alpha Piscis Austrinus auf dem gleichen stellaren Längengrad wie Sadalmeli (Alpha Aquarius), der allerdings nicht sehr hell leuchtet.
Eine weitere, einleuchtendere Erklärung liefert das Studium er babylonischen Astrologie. Stier, Löwe und der Skorpion sind bereits in der Babylonischen Astrologie als Sternbilder unter den gleichen Namen bekannt. Der südliche Fisch wurde zum heutigen Wassermann hinzugezählt. Damals hieß das Sternbild „Der Große“. Seine Ikonographie zeigte einen männlichen Gott mit Wasserkrügen, aus denen Wasser fließt. Häufig wird das Wasser mit geschwungenen Wellen und zusätzlich noch mit Fischen verziert dargestellt, eben dem südlichen Fisch (White 2008). So können wir getrost Fomalhaut als Sternmarker für den heutigen Wassermann nehmen und schon haben wir die vier heiligen Tiere komplett. Ebenso ist ihre zu Beginn genannte Zuordnen sehr klar nach den Sternbildern und Markerpunkten ausgerichtet und an damaligen Beobachtung festgelegt.

Festzuhalten ist hier vor allem, dass die vier lebendigen heiligen Tiere bereits 3000 vuZ zu den solaren Markerpunkten des Jahres (Äquinoktien und Sonnenwende) den Sternenhimmel dominierten. Deshalb auch die in der Einleitung angegebene Festlegung der Reihenfolge und korrekte Zuordnung.


4000 vor unserer Zeitrechnung: Fixsterne
Gehen wir noch ein Stück in der Zeit zurück, stolpern wir über Vorläufer der Königlichen Sterne. Es konnte nachgewiesen werden, dass sowohl die Ägypter, als auch die Babylonier ihren Tierkreis an 4 Fixsternen festmachten (Koch-Westenholz 1994; Zabka 2003):
Antares in Scorpio
Aldebaran in Taurus zusätzlich mit den Plejaden
Spica in Virgo
Regulus in Leo

Diese Sternenmarker sind ungefähr 4000 vor unserer Zeitrechnung entstanden. In der Zeit von 4000 – 2000 vuZ durchlief die Sonne zum Frühjahrsäquinoktium die Konstellation des Stiers. In älteren babylonischen Kalendern wird angemerkt, dass die Plejaden, ein Sternhaufen im Sternzeichen Stier, den ersten Monat anführten (Plunket 1997).

Der Unterschied zu den späteren Wächtersternen stellt Spica in der Jungfrau dar.
Wie lässt sich der Wechsel von Spica (Platz 15) auf den „dunkleren“ Stern Fomalhaut (18) und von der Jungfrau auf den Wassermann erklären?

Eine Erklärung könnte in den kulturellen Veränderungen in der Levante zu finden sein.
Im 3. Jahrtausend vuZ kam es in Mesopotamien zu größeren gesellschaftlichen Umbrüchen.
Das „Universum“ wurde männlicher: Die Sonnengöttin Shamasch wird männlich, die weiblich-männliche Mondgottheit Nana-Sin wird nur männlich (Frymer-Kensky 1992; Kien 2003). Zusätzlich bildet sich ein immer stärkeres Königtum mit Großreichen, die eine immer stärkere Sonnenikonographie einsetzen (Jacobsen 1976; Kien 2003). Für einen Sonnenkult ist es viel einleuchtender, wenn die Markerpunkte zu den Sonnenwenden und Äquinoktien gesetzt werden. Spica (Virgo) war zu nah an Scorpio dran und ein schlechter Repräsentant für die Wintersonnenwende. Auch entsteht so kein gleichschenkliges Kreuz, wie später bei den Wächtersternen, was auch stärker die vier Himmelsrichtungen betont. Interessanterweise hat das Sternbild „der Große“ (Aquarius) ursprünglich die Göttin Gula dargestellt (White 2008). Ich gehe davon aus, dass dies ebenfalls ungefähr in dieser Zeit verändert wurde.


Ist ein Wechsel der vier Heiligen Tiere für die heutige Zeit notwendig?

Wie wir gesehen haben, haben die heiligen Tiere ihren Ursprung in natürlichen Beobachtungen der dominanten Sternbilder zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wenn ich zum Frühjahrsäquinoktium in den Nachthimmel blicke, wird mich allerdings kein Aldebaran und Stier weisen. Selbst wenn ich nach dem Widder (Aries), dem Anfangspunkt unseres heute am meisten gebräuchlichsten Tierkreises suche bleibt meine Suche erfolglos.

Grund ist die Präzession der Äquinoktien: Durch verschiedene Gravitationskräfte die auf die Erde einwirken kommt es zu einer Bewegung der Erdachse und entsprechend ändern  sich die Sternbilder, die die Äquinoktien markieren. Die Sternbilder „wandern“ in gewisser Weise und die Äquionktialpunkte „verschieben“ sich nach hinten.
Der Stier im Frühjahrsäquinoktium wurde ca. nach 2000 vuZ vom Widder abgelöst.
Bereits 1600 vuZ zeigt sich die erste Widder-Ikonographie in der mesopotamischen Kunst. Der Widderkopf erscheint zusammen mit einer Stele des Steinbocks und des Krebses, die zur damaligen Zeit die beiden Sonnenwenden kennzeichneten. Ein eindeutiger Hinweis auf eine Veränderung in den Darstellungen (Plunket 1997). Dass diese Verschiebung einigen mesopotamischen Gelehrten durchaus bewusst war, sieht man darin, dass der damalige Polarstern den Namen „erhabene Tempel“ trug, während unser heutiger Polarstern „der Erbe des erhabenen Tempels“ hieß (White 2008).

Der Wechsel von Stier auf Widder wurde dennoch nicht leicht vollzogen: es gibt Hinweise auf längere Diskussionen und in manchen Stadtstaaten blieb man beim „Traditionellen“ (überlieferten) System (Plunket 1997). Offensichtlich scheint der Ursprung der Wächtersterne in dieser Zeit bereits in Vergessenheit zu geraten, oder nur noch einer kleinen Zahl von Gelehrten zugänglich gewesen zu sein, da sich ihre Tradition im Anschluss noch länger hielt, obwohl die Sterne sich veränderten.

Betrachten wir den Lauf der Sonne in den (siderischen) Sternbildern heute (Vorsicht: nicht zu verwechseln mit dem tropischen Tierkreiszeichen!) so finden wir (wikipedia):  
Wintersonnenwende - Schütze
Frühlingsäquinoktium -  Rechter (westliche) Fisch
Sommersonnenwende  - Stier / Zwilling   
Herbstäquinoktium  - Jungfrau

Heute können wir sagen, dass bei der einstigen Bildung der Sternbilder nicht einfach Punkte verbunden wurden und als Figuren benannt. Durch die Bilder wurden Sterngruppen zusammengefasst, die eine tiefere kosmische Bedeutung hatten, die sich uns heute durch die Astrophysik immer deutlicher eröffnet (Zabka 2003). Es gilt zu bedenken, dass in Ägypten und Mesopotamien der Tag mit der Nacht begann und das dominante Sternbild prägend für den nächsten Tag war. Wenn wir also von kosmischen Einflüssen ausgehen, so ist eindeutig festzuhalten, dass wir heute, 6000 Jahre später (!) unter einem ganz anderen kosmischen Einfluss stehen als den damaligen Königssternen und ihren Sternbildern.

Hier beenden wir die kurze Geschichte über den Ursprung der vier heiligen Tiere. Den zweiten Teil dieses Artikels möchte ich als Diskussionsgrundlage und Vorschlag verstanden sehen und würde mich sehr über Feedback freuen.

Eine mögliche neue Symbolik:

Schütze - Wintersonnenwende:
In der babylonischen Version der Gott Pabilsag, eine Figur  dessen Ikonographie eine beträchtliche Variation verfügt. Er wird aber immer als ein Mischwesen Tier – Mann dargestellt. Häufig geflügelt, mit dem Schwanz eines Skorpions, dem Kopf eines Hundes.
Das Bild des Kentauern (Halb Mensch, halb Pferd) findet man erst ab der Mitte des 2. Jahrtausend bei den Kassiten (ein mesopotamisches Volk).  Pabilsag wird später mit dem Kriegergott Ninurta identifiziert. Als seine Frau wird die Heilgöttin Gula genannt. Mit ihr ist er Vater des mesopotamischen göttlichen Kindes Damu. Sein Name stellt ihn als den Hauptahnherrn dar (White 2008).
In der griechischen Mythologie stellt er den Kentauern Chiron dar, Lehrer des Iason, Achilleus und Asklepios, der in die Geheimnisse der Medizin einweihen kann (Ridpath 2004).
Sein kosmischer Einfluss sind hohe geistige Impulse. Aus ihm entstammt das moralische Handeln (Zabka 2003)
Astronomisch gesehen findet man hier das Zentrum der Milchstraße mit Unzahlen von Sternnebeln. Ein schwarzes Loch wird dort angenommen, von dem aus die zentralen Kräfte wirken, die für den Zusammenhalt unserer Galaxie verantwortlich sind (Zabka 2003).
Als Heiliges Tier habe ich hier ursprünglich den Zentauren gewählt, bin dann aber auf einen allgemeinen Psychopomp gewechselt, der dann je nach Pantheon unterschiedliche ausprägungen haben könnte. Am stärksten drängt sich mir hier Cernunnos als Form des Gehörnten auf. Insbesondere auch historisch, da dieser Gott wesentlich im neuheidnischen Revival involviert ist. Diskutierbar wäre deshalb vielleicht der Hirsch, mit Cernunnos in Verbindung stehend, oder mehr am Zentauren orientiert das Pferd, das religo-historisch sehr stark mit den Indo-Europäern in Verbindung steht und im Sternbild Schützen vorkommt..
Symboltier: Psychopomp, Hirsch, Pferd


Fisch - Frühjahrsäquinoktium
Der östliche Fisch, nahe des Widders, wird in der babylonischen Astrologie zunächst mit dem Sternzeichen Anunitum identifiziert, das auch aus den zentralen Regionen des heutigen Zeichens Andromeda besteht. Anunitum bedeutet „Stern der Göttin des Himmels“ und wird mit Inanna in Zusammenhang gebracht, der Himmelskönigin und Liebesgöttin. Passenderweise wird der linke Fisch (nahe am Wassermann) teilweise auch als Schwalbe oder Taube gesehen. Sein Name bedeutet übersetzt „der erhabene Vogel“. Später wurde das Zeichen als „die Schwänze“ gesehen. Im Mul-Apin erscheinen sie als relativ neues Sternbild, dass dazu gedacht wurde den 12. Monat darzustellen. Später wurde das sie verbindende Seil als Euphrat und Tigris interpretiert (White 2008). Diese Veränderung fand sicherlich im Zuge der Anpassung an die Präzession statt.
Der Fisch steht in Verbindung zur Mystik, aber auch zur Gefühlswelt (Zabka 2003). Das passt nicht ganz zu den Qualitäten, die wir üblicherweise dem Osten (Denken, Intellekt) geben. Andererseits könnte es uns auch in die Richtung inspirieren im Intellekt nicht das Gefühl zu verlieren, oder auch das unsere Bewertungen unsere Gefühle beeinflussen.  
Als Symboltier passt hier natürlich der Fisch, aber um eine stärkere Verbindung zur Luft herzustellen und weil sich der Frühlingspunkt aktuell beim linken Fisch der früher als Vogel gesehen wurde befindet würde auch eine Schwalbe oder Taube sehr gut passen. In unseren Breitengraden kehrt die Schwalbe im März von ihrem Winterquartier zurück. Eine Bauernregel unterstreicht noch diesen Aspekt: "Am Tage von Maria Geburt fliegen die Schwalben fort." (9. September) – „Marienverkündigung kommen sie wiederum" (25. März) (wikipedia). Da die Taube häufig auch als Symbol für die Mitte gewählt wird, habe ich entschieden hier die Schwalbe zu wählen. Wer in anderen Breitengraden wohnt, kann hier jedoch sicherlich auch auf die Taube oder Fisch zurückgreifen.
Symboltier: Schwalbe

Stier - Sommersonnenwende:
Hier haben wir das Problem, dass die Sonne am 21. Juni genau zwischen Stier und Zwillinge wechselt. Betrachtet man die aktuelle Phänomenologie der Sternbilder, gibt es zwischen Zwillinge, den Hörnern des Stiers einen Raum in dessen Mitte, nicht weit von der Ekliptik entfernt,  sich Orion befindet.
„Wilder Bulle“ ist in Mesopotamien häufiger ein Titel für einen männlichen Gott und wird später auch großen Königen zugesprochen. Die Hörner des Stiers führen in eine Region der Milchstraße, die häufig mit dem Reich der Seelen in Verbindung gebracht wird. Der Stern El Nath (-Tauri) ist bei den Hindus Agni, Gott des Feuers (Zabka 2003). Hier haben wir eine schöne Verbindung zum Süden und Feuer. Orion dagegen wurde bei den Ägyptern mit Osiris, dem Führer vom Tod ins neue Leben gleichgestellt. Hier gibt es auch eine interessante Verbindung zwischen Osiris, dem „Stier Amenti’s“ und dem Apis Stier. Die Verbindung deutet auf eine Beziehung zwischen den Seelen der Verstorbenen und dem Zyklus von Leben, Tod und Widersauferstehung (Richardson 1990). Die Zwillinge werden von Castor und Pollux dargestellt, wobei der dem Sonnenwendpunkt näherstehende Zwilling Castor ist. Progressiv gesehen wird die Präzession dazu führen, dass die Zwillinge in mehreren Jahren eindeutig die Position der Sommersonnenwende annehmen werden. Pollux steht auf Rang 17 der hellsten Sterne (wikipedia). Aldebaran ist jedoch aktuell noch näher. Sowohl die Hörner des Stiers, als auch die Füße der Zwillinge reichen in die Milchstraße hinein. Das Geschlecht des Orions, welches gerne auch Schwertgehänge genannt wird, gilt als Entstehungsort neuer Sterne. In der babylonischen Astrologie werden die Zwillinge als zwei Wächter gesehen (White 2008). Passend ist übrigens, dass im Süden häufig Wächterfiguren zu finden sind und manche magisch arbeitende Gruppen dort den Wächter des Kreises als aktive Verteidigung hinstellen. In der babylonischen Sternenkunde  gibt es zwei Sternentore die durch die Sonnenwenden markiert werden, zur damaligen Zeit auf der Höhe des Krebses. Das Sommertor wird von den Seelen der Ahnen benutzt wenn sie zu den großen Festen wieder auf die Erde kommen und von neu geborenen Säuglingen. Das Wintertor wird von verstorbenen Seelen zur Reise in die Anderswelt genutzt (White 2008). Auch hier steht eine Verbindung zu den Ahnen, in Anbetracht dem Entstehungsort neuer Sterne im Orion erhalten die Wächter so eine sehr reale Komponente. Orion wird in der Babylonischen Tradition als der „Wahre Hirte Anus“ gesehen und fungiert als Bote zwischen Gott und den Menschen und reist zwischen Himmel und Erde.
Als Symboltier käme hier sicherlich der Mensch aber auch der Stier in Frage. Ich möchte hier ganz explizit den Mann vorschlagen – mit einem Zwinkern an das „Gehänge“ denkend.
Symboltier: Mann


Jungfrau - Herbstäquinoktium:
In der babylonischen Mythologie wurde dieses Sternbild „Ackerfurche“ genannt. Sie stand mit der Göttin Schala in Verbindung und hielt eine übergroße Ähre in der Hand. So wird auch heute noch die Jungfrau dargestellt. Sie wird mit Weisheit in Verbindung gebracht und vielen unterschiedlichen Göttinnen (White 2008) . Spica befindet sich auf der Höhe ihrer Gebärmutter. Der ägyptische Pharao wird häufig säugend an der Brust der Himmelsgöttin gezeigt. Die Brust wird durch den Stern Vindemiatrix (Weinleserin) markiert. Ich bin jedes Mal immer noch erstaunt über die feinfühligen Beziehungen, die hier zwischen Mythologie und Sternnamen gezogen werden können. Etwas nördlich liegt ein galaktischer Superhaufen, der manchmal auch der Mutter-Galaxienhaufe unserer Milchstraße genannt wird (Zabka 2003).  Beim Virgo-Galaxienhaufen oder Virgo-Superhaufen handelt es  sich um einen Galaxinehaufe mit mindestens 1300 vermutlich aber über 2000 Galaxien (wikipedia).
Als Symbol ist hier eindeutig die Frau zu sehen.
Symboltier: Frau


Hier noch einmal die zur Diskussion stehende Übersicht

Himmelsrichtung/ Sonnenmarker  /  Sternbild / Symboltier
Norden / Wintersonnenwende  /  Sagittarius (Schütze)  / Zentaure, Psychopomp, Hirsch, Pferd
Osten  /  Frühlingsäquinoktium / Pisces (Fisch) / Schwalbe (Taube, Fisch)
Süden / Sommersonnenwende  /  Gemini od. Taurus (Zwilling, Stier) / Mann
Westen / Herbstäquinoktium  / Virgo (Jungfrau) / Frau



Vor allem zwei Gründe sprechen für mich für eine Reformation der Heiligen Vier:

  1. Die direkte Beobachtung am Himmel.
    Das Prinzip ist das alte, traditionelle, nur wir kleben nicht an den alten Sternbildern, die nur als Symbol für die dahinterliegenden Prinzipien stehen die nicht mehr richtig verstanden werden, sondern binden uns wieder an die dahinterliegenden Prinzipien an und Erneuern ihre Symbolik. Somit öffnen wir uns auch stärker und vor allem bewusster für die kosmischen Einflüsse, die uns jetzt prägen sollen.

  2. Mann und Frau treten gemeinsam als Heilige Tiere auf
    Das logische Einfügen eines Mannes und einer Frau aus der Symbolik heraus (siehe die Herleitung weiter unten) ist meiner Meinung nach ein heilendes und spirituell, zukunftweisendes Bild. Zukunftsweisend für eine wirkliche Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau – Göttin und Gott, die meiner Meinung nach erstrebenswert sein sollte. Beide erscheinen hier als gleichermaßen zu den vier heiligen Tieren gehörend. Blicken wir der Wahrheit ins Auge, die Androgynität des geflügelten Menschen ist relativ neu und der Mensch wurde früher ganz klar als Mann gesehen. Dies zeigt sich auch in der Abänderung des Sternbildes der Göttin Gula zum männlichen „Großen“ Wassermann.


Für das alte System spricht die Tradition – und das Laufen eines wohlbekannten Pfades. Einen neuen Pfad zu betreten ist nicht immer leicht und der neue Pfad muss geprüft werden. Aber waren Magier nicht immer  jene, die mit der Laterne alles Mögliche erkundeten und auch verwachsene Pfade betretet haben? Übrigens haben auf der Ritualmagie aufbauende neuheidnische Religionen wie z.B. Wicca oder spirituelle Pfade wie z.B. der Order of Bards, Ovates and Druids (OBOD) bereits angefangen die Symbolik zu verändern! Es ist also auch ein Thema der Zeit. Mein Vorschlag geht nur in die Richtung nicht nur einfach passende „Tiere“ zu wählen, sondern auch die ursprünglichen Zusammenhänge für die heutige Zeit herzustellen.

Ich bin mit diesem „neuen“ System am experimentieren. Welche Wirkung es hat damit zu arbeiten wenn das Sternbild dominant am Himmel erstrahlt. Ich würde sehr gerne eure Gedanken dazu lesen und wer möchte dazu einladen sich an den Experimenten zu beteiligen. Das „neue“ System ist noch nicht erprobt und es gibt sicherlich noch viele weitere Interessante Punkte.

Juni 2009

Update der Arbeit zwischen 2009 - 2012:
In einem heidnischen Kontext gelingt es mir leichter mit den Sternen alleine zu arbeiten. Mein Kriterium war entsprechend, dass es helle Sterne sein sollten. Spica und Aldebaran waren relativ leicht gefunden. Die anderen Sterne waren schwieriger. Ich prüfte nochmal die Konstellationen und schaute welche Sterne sehr hell waren und sich in ihrer Nähe befanden.
Für das Frühlingsäquinoktium entschied ich mich für Sirrah im Andromeda (nach älteren Karten Pegasus). Für die Wintersonnenwende Altair im Adler.

Norden / Wintersonnenwende  /  Sagittarius (Schütze)  / Zentaure, Psychopomp, Hirsch, Pferd / Altair
Osten  /  Frühlingsäquinoktium / Pisces (Fisch) / Schwalbe (Taube, Fisch) / Sirrah
Süden / Sommersonnenwende  /  Gemini od. Taurus (Zwilling, Stier) / Mann  / Aldebaran
Westen / Herbstäquinoktium  / Virgo (Jungfrau) / Frau / Spica

Praktisch bin ich so vorgegangen, dass ich die Sterne in die Himmelsrichtungen habe mit einfließen lassen. z.B. "mit dem Segen von Spica grüße ich die Kräfte des Westens......", oder einfach nach der Etablierung des Kosmos "im Osten leuchtet Sirrah, im Süden......" oder "im Osten leitet Sirrah unser Denken, im Süden verbindet uns Aldebaran mit...

Ich habe schon lange den Verdacht gehegt, dass die Kelten wie auch die Mesopotamier Sternmarker für ihre Feste benutzten. Dies stützt sich für mich auch in dem Vorkeltischen Fund der Scheibe von Nebra, auf der die Plejaden dargestellt sind. Die keltischen Druiden wurden als kundige Astronomen gesehen. Die Arbeit von A. Gaspani "Astronomy in the Celtic culture", über die ich kürzlich gestolpert bin, hat mich darin bestätigt. Zu meiner Auswahl gibt es da allerdings Verschiebungen, die ich mir noch genauer ansehen muss. Ich bin keine Hobby Astronomin. Wenn jemand diese Fähigkeiten besitzt nehme ich gerne Hilfe an.

Feuer als Symbol der "Land-in-Besitz-nahme"
Sowohl bei den Kelten als auch bei den Isländern und Wikingern ist es bezeugt, dass das Entzünden eines Herdfeuers nach genauen Vorschriften oder in einer bestimmten Zeit der "Inbesitznahme" des Landes gleichgestellt wurde. In diesem Sinne habe ich auch damit experimentiert nach der Etablierung des Kosmos in die vier Himmelsrichtungen eine Kerzenflamme entzünden zu lassen um damit unseren Ritualplatz "hehr und heilig" zu machen. Auch dies habe ich mit dem Sternen verbunden, im Sinne der Verbindung von Oben und Unten, Himmel und Erde. Zusätzlich vertrete ich aber die Meinung, dass wir genaugenommen für das Land verantwortlich sind und es nicht in Besitz nehmen.



Bibliographie

Davies, W. G. and G. Zur (1979). Phoenician Letters. Manchester, Mowat Pub.
Frymer-Kensky, T. (1992). In the Wake of the Goddesses. Women, Culture and the biblical transformation of pagan myth.
Gillentine, J. (2001). "Perisa's Royal Stars." Atlantis Rising Magazine(27).
Jacobsen, T. (1976). The Treasures of Darkness: A History of Mesopotamian Religion, Yale Univ Pr.
Kien, J. (2003). The Battle Between the Moon and Sun: The Separation of Women's Bodies from the Cosmic Dance, Upublish.Com.
Koch-Westenholz, U. (1994). Mesopotamian Astrology: An Introduction to Babylonian and Assyrian Celestial Divination, Museum Tusculanum Press.
MacGregor Mathers, S. L. (1998). Kabbalah Unveiled, Kessinger Pub Co.
Plunket, E. M. (1997). Calendars and constellations of the ancient world, Senate.
Richardson, A. (1990). Earth God rising. The return of the male mysteries. St. Paul, Minnesota, Llewellyn Publications.
Ridpath, I. (2004). Die großen Sternbilder: 88 Konstellationen und ihre Geschichten, Patmos.
White, G. (2008). Babylonian Star-Lore. An illustrated Guide to the Star-lore and Constellations of Ancient Babylonia, Solaria Publications.
Zabka, B. (2003). Siderische Astrologie: Siderische Sternbilder, solare Tierkreiszeichen. Verlagshaus Monsenstein und Vannerdat.

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