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Die Levante als Ursprung unserer Kultur

Als Levante wird das Gebiet des fruchtbaren Halbmondes bezeichnet (Ägypten, Kanaan, Mesopotamien) in dem sich die ersten Hochkulturen und die Schrift entwickelte und die maßgebliche die griechische Welt und somit Europa kulturell beeinflusst haben.

 

 

 

 

Joseph Campbell zeigt sehr schlüssig auf, dass im Taurusgebirge die ältesten bekannte Tempelanlagen der Hochkulturen sich entwickelten. Ihre Form orientierte sich an den weiblichen Genitalien. Die kosmische Muttergöttin wurde als kosmische Kuh geehrt. Ihr Kalb war das Opfertier. Später wird die Göttin auch mit dem Löwen und der Doppelaxt, dem Schaf, dem Schwein, Ziegen und Tauben in Verbindung gebracht. Wir haben es hier mit einer Hirten- und Bauernkultur zu tun, die sich im Anschluss nach Süden ausbreitete, nach Mesopotamien. Wir sprechen hier von der Zeit vor dem 4. Jahrtausend.

Mesopotamien ist keine geschlossene Einheit an Ritualen und Religionen und teilweise bevölkerten / eroberten Verschiedene Volksgruppen dieses Land. Ursprünglich handelte es sich um Stadtstaaten, die alle teilweise noch eigenen Bräuchen folgte. Es gab regen Handelsaustausch mit den Nachbar(stadt)staaten.

 


 

Inanna/Ishtar und Dumuzi/ Tammuz – Fest der Gerstenernte und der Heiligen Hochzeit

Inanna – Dumuzi im sumerischen Mythos
Ab 3200 wurde in Sumer, Mesopotamien, die Keilschrift (Cuneiform) entwickelt
In dieser Zeit wurden die Götter Mesopotamiens vor allem als Versorger gesehen.  
Eine der großen Göttinnen jener Zeit war Inanna mit ihrem Hirtengemahl Dumuzi.
In seinem Ursprung war Dumuzi-Amauschumgalanna die Kraft der Fruchtbarkeit der Datteln und Inanna die Kraft des Lagerhauses. Allerdings scheint Inanna, deren Name „Herrin des Himmels“ bedeutet, diesen Aspekt von einer anderen Göttin, die auch als Gemahlin des Dumuzi genannt wird übernommen zu haben: Ninegal. Ihr Name „Herrin des großen Hauses“ erinnert sofort an ein Lagerhaus. Später erhielt sie auch die Bedeutung „Herrin des Palastes“. Datteln waren in Sumer eine sehr wichtige Nahrungsquelle. Im Oktober können diese geerntet werden und kommen in ein Lagerhaus. Möglich, dass hier im Oktober eine Art Heilige Hochzeit zur Ernte stattfand. Der Ursprung des Inanna-Dumuzi Zyklus ist demnach wahrscheinlich in einem Ninegal – Amauschumgalanna Zyklus zu finden, der später von Inanna und Dumuzi übernommen wurde. Eine weitere wichtige Gestalt ist Ninshubur, die „Königin des Ostens“ und Botin sowohl der Inanna, als auch der Ninegal. Ein zusätzlicher  Hinweis einer Übernahme bestimmter Aspekte der Göttin.
Der eigentlich berühmteste Text des Inanna-Zyklus, der „Abstieg der Inanna in die Unterwelt“, ist uns aus späterer Zeit bekannt, wird aber vom Ursprung her ungefähr ins 4. Jahrtausend vuZ datiert.

Im Text des Abstiegs der Inanna in die Unterwelt haben wir es mit drei sterbenden und wiederauferstehenden Gottheiten zu tun:
Dumuzi hier als Kraft der Gerste die zu Bier weiterverarbeitet wird. Sein Name bedeutet Dumu (Sohn) und Leben (Zi). Sein Name kann auch freier als „Same des Lebens“ oder „Sohn der Auferstehung“ übersetzt werden.
Geschtinanna als die Kraft der Rebe die zu Wein verarbeitet wird. Sie wird als Schwester des Dumuzi vorgestellt, was ihre mythologische Ähnlichkeit zeigt. Gerste wurde im Frühjahr geerntet während die Reben im Herbst geerntet wurden.
Als Bruder und Schwester wechseln sie sich in der Unterwelt ab. Ihr Schicksal wurde durch Inanna so bestimmt als Ersatz für sich selber. In diesem älteren Text ist es Inanna der nach der Unterwelt gelüstet. Der Grund dafür ist aus dem Text schwierig zu finden, da sie es dort aus einer Laune heraus zu tun scheint. Jacobsen macht einen vorsichtigen, doch meiner Meinung nach sehr schlüssigen Vorschlag, dass Inanna den „Tod“ des leeren Lagerhauses symbolisiert, wahrscheinlich die Zeit des Jahres in der die Nahrungsvorräte langsam knapp wurden. Ein Lagerhaus als großer leerer Raum erinnert nicht nur an eine Grabkammer, sondern auch an möglichen Nahrungsmangel und den Verhungerungstod. Die Kraft des Lagerhauses ist in dem Moment versiegt. Im Mythos geht Inanna in die Unterwelt und die Fruchtbarkeit des Landes kommt zu einem Halt. Enki, der Gott des Süßwassers, sorgt für ihre Wiederkehr indem er Wesen erschafft, die Verständnis für Ereshkigal, die Göttin der Unterwelt und Inannas Schwester (eigentlich genealogisch gesehen Großmutter) zeigen und die Wasser des Lebens bringen Inanna zurück. Möglich, dass Enki so die wiederkehrenden Regen im Frühjahr und die fruchtbaren Überflutungen durch den Euphrat und Tigris (die ungefähr zum Frühjahrsäquinoktium stattfanden) kennzeichnet. Die Wiederbelebung Inannas bedeutet aber auch den Tod Dumuzis, der als Gerste das Lagerhaus füllt.

Etwas Unklar ist die Verbindung zwischen Dumuzi und dem Hirtentum. In der Liebeslyrik zwischen Inanna und Dumuzi wird Dumuzi als der Hirte dargestellt und muss als solcher der jungen Göttin erst schmackhaft gemacht werden, denn sie favorisiert in einem anderen Text zunächst den Bauern. Tatsächlich wird Dumuzi als Kraft der Geste auch mehr mit dem Bauern in Verbindung gebracht. Evt. kam es hier durch eine kulturelle Veränderung zu einer Veränderung des Gottes, oder Übernahme zweier Aspekte. Dem Anschein nach fanden zur Gerstenernte auch Schlachtungen der Herden statt. In anderen Texten wird darauf hingewiesen, dass zu diesem Zeitpunkt auch die Geburt der ersten Lämmer stattfand. Dazu kommen wir in Bezug auf ein anderes Fest. Im 2. Teil der Artikelreihe wird noch einmal Bezug darauf genommen.
Jacobsen geht davon aus, dass verschiedene Formen des Gottes Dumuzi bekannt waren: Dumuzi als die Kraft der Datteln, Dumuzi der Gerstengott, Dumuzi der Hirtengott und er zählt noch einen evt. vorher unabhängigen Kult des Damu „göttliches Kind“ einer Gottheit die als Kind gesehen wurde und den Anstieg des Pflanzensaftes darstellt und eher ein Gott der Obstplantagen des unteren Euphrats war. Damu wurde als Dumuzi als Kind gesehen. Abschließend kann man sagen, dass Dumuzi in verschiedenen Formen die wachsende Vegetation in ihren vielen Formen darstellte und Inanna die Fruchtbarkeit an sich.

Weiterhin ist ein interessanter Brauch zu nennen, der in der Levante verbreitete war: Das Essen von Eiern während des Trauermahls zu ehren eines Verstorbenen. Hier steht das Ei symbolisch für die Auferstehung. Ich konnte leider keine genauen Quellen finden wann und wo dieser Brauch seinen Anfang fand, doch es könnte einen Hinweis darauf geben, dass auch bei den Feierlichkeiten um Tammuz / Dumuzi Eier rituell verzehrt wurden.

Wahrscheinlich handelt es sich bei diesen Feierlichkeiten um einen kompletten Festzyklus. Dabei ist nicht ganz klar, wann welches Fest stattfand. Einen Hinweis geben uns die Akiti-Neujahrsfeste

Die Akiti – Neujahrsfeste
Das Ursprüngliche Neujahrsfest war Akiti-schununum, das Fest der Gerstenaussaat. Es wurde im Monat Taschritu (September – Oktober) gefeiert. Akiti-Schekinku war dagegen ein paralleles Neujahrsfest, das im sumerischen Monat Nesag (akkadisch Nisannu) von März-April erfolgte. Dieses Fest wurde vor allem in Uruk, einer der ältesten sumerischen Städte und nicht weit von Ur entfernt gefeiert. Ich habe aus dieser Zeit wenige Informationen über den Hergang des Festes gefunden. Es gab Prozessionen. In den Texten wird vor allem die Rückkehr der Inanna gefeiert, da mit ihr die Fruchtbarkeit allgemein zurückkehrt. Da es sich dabei um ein Erstlingsgaben-Fest handelt gab es sicherlich auch Riten (Tanz, Prozession, Opferung, etc.) um die erste Garbe. Die beiden Akiti – Feste verbinden sehr schön die Äquinoktien. Durch die Dattelernte im Oktober, könnte hier der Verbindungspunkt zur Verschmelzung Amauschumgalanna mit Dumuzi sein.
Ab der babylonischen Zeit (2. Jahrtausend vuZ) wurde nur noch Nisannu-Akitu gefeiert.
Auch eine Heilige Hochzeit ist Teil der Feierlichkeiten. Zu sumerischen Zeiten fand dieses nach Frymer-Kensky mit realen Personen (Priestern und Priesterinnen wahrscheinlich) statt. Zu späteren Zeiten wurden nur noch Statuen benutzt. Anhand der Quellen konnte ich nicht herausfinden wann dieser Wechsel von realen Personen auf Statuen stattfand.

Ishtar und Tammuz zur akkadischen Zeit
Im späten 3. Jahrtausend wurde das Land unter Sargon von Akkad vereint (2371 – 2191 vuZ) und es wird vom akkadischen Reich gesprochen. 
In dieser Zeit wird das Universum immer männlicher. Im Übergang vom Gemeinschaftsrat als Regierungsgremium zum Königtum wurden Frauen um 2600 vuZ aus der regierenden Gruppe ausgeschlossen. Um 2400 – 2300 waren die Priesterinnen in ihren Rechten beschnitten worden und ein dominanter Gott hielt den religiösen Vorstand.
Inanna wird hier zur Ishtar und Dumuzi zu Tammuz (Damasi ausgesprochen). Tammuz erhält teilweise den Titel „Retter“, was aber unklar ist, ob dieser Titel nicht auch schon für Dumuzi in Gebrauch war.

Ishtar und Tammuz zur altbabylonischen Zeit
Im 2. Jahrtausend wurden die Götter vor allem als Eltern verstanden.
Hammurabi (1728 – 1686) entwickelte den Codex Hammurabi und brachte damit große religiöse und Gesellschaftliche Veränderungen mit sich. Vor allem beschnitt der Codex Hammurabi sehr stark die Rechte der Frauen. Um 1500 wurden die Priesterinnen durch Priester ersetzt. Babylon wurde die Hauptstadt des Reiches und mit ihr wurde Marduk, der babylonische Stadtgott, der allerdings nicht ursprünglich aus Mesopotamien stammt, immer mächtiger. Marduk ist der erste Drachentöter, der Tiamat, die große Göttermutter tötet. Ein neuer Schöpfungsmythos setzt sich durch und ist uns als Enuma Elish erhalten geblieben. Wahrscheinlich wird im Zuge dessen das Akitu-Fest geändert. Was Ishtar und Tammuz angeht ist der Mythos noch bekannt, allerdings ist es unklar wie er im Festzyklus eingebunden wurde. Aus dieser Zeit ist uns allerdings bekannt, dass auch ein Ritual mit Ishtars heiligem Himmelsstier stattfand (5. Tag). Am 10. Tag des Festes kommt es zur Heiligen Hochzeit zwischen dem König und der Statue (!) der Göttin Ishtar. Hier wird das Ritual bereits mehr als eine Bestätigung der Königswürde gesehen, als zur Erhaltung der Fruchtbarkeit.

Tammuz und Ishtar in der Bibel
Die Bibel liefert uns noch einen Hinweis auf die Festlichkeiten des Tammuz und der Ishtar. Unklar ist, ob diese in Kanaan durchgeführt wurden oder in Mesopotamien, oder ob es zum Akitu-Staatskult noch Parallele Feierlichkeiten gab. Andererseits ist durchaus möglich, dass der Festzyklus von anderen Reichen übernommen wurde.
In Ezechiel 8 Vers 14 wird auf Frauen Bezug genommen, die um Tammuz weinen und in Vers 16 wird auf die Verehrung in Richtung Osten hingewiesen. Es ist klar, dass es sich hier um eine Verehrung des Sonnenaufgangs handeln muss, denn genau dann befindet sich die Sonne im Osten. Ezechiel, der einer priesterlichen Familie entstammte, gehörte zu jenen, die 597 vuZ von König Nebukadnezar in die babylonische Verbannung geführt wurden. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind diese Riten bereits schon mindestens zur akkadischen Zeit befolgt worden. Den Hinweis auf Osten haben wir bereits aus Sumer durch die Botin Ninshubur (Königin des Ostens) erhalten

Fazit:
Ursprünglich handelte es sich bei den Feierlichkeiten von Inanna/Ishtar  und Dumuzi/Tammuz um einen Festzyklus, der an verschiedenen Punkten im Jahr gefeiert wurde. Die Gerstenernte und Heilige Hochzeit zwischen Inanna und Dumuzi fiel auf die Zeit um das Frühjahrsäquinoktium, das später als Jahresanfang gesehen wurde. Der genaue Ablauf des Zyklus wurde im Laufe der Zeit den kulturellen Veränderungen angepasst. Der Rückkehr der Fruchtbarkeit mit der Rückkehr Ishtar’s aus der Unterwelt kam eine große Bedeutung zu, da Ishtar die Kraft der Fruchtbarkeit selbst symbolisierte, ohne die es keine Fruchtbarkeit auf Erden gab. Auch handelt es sich hier um Auferstehende (vegetations-) Gottheiten, einige erleben ihre Wiederauferstehung sogar zum Frühjahrsäquinoktium. Der männliche „Hauptcharakter“ des Festzyklus kennt auch eine Verehrung als göttliches Kind.
Belegt ist die Bedeutung der Himmelsrichtung Osten, Verehrung des Sonnenaufgangs, Weinen um Tammuz, Heilige Hochzeit, Gerstenernte, Feier der Fruchtbarkeit, rituelle Tänze, Gesänge, Gebete, Prozessionen, Auferstehung, Eier als Trauermahl Symbol für Fruchtbarkeit.


Nanna’s Verwandlungen und das Neujahrsfest
Eine besondere Bedeutung kommt der sumerischen Mondgottheit Nanna zu. Interessanterweise handelt es sich hier um eine Gottheit die männlich und weiblich sein kann. Hinweise auf eine komplett weibliche Variante sind bisher nicht zu finden, was aber nicht bedeutet, dass diese Möglichkeit deshalb ausgeschlossen werden muss. Allerdings erging es Nanna im Zuge der Vermännlichung ähnlich wie der Sonnengöttin Shamash, die im 3. Jahrtausend  männlich wurde.  Nach der akkadischen Vereinigung unter Sargon (2371 – 2191 vuZ) wird Nana zu Sin und nur noch männlich gesehen. Im 2. Jahrtausend vuZ taucht die weibliche Nana als Tochter des Mondgottes Sin (der spätere Name Nannas) wieder auf und verbreitete sich erneut. Sie wurde gelegentlich sogar mit Nisaba, der Göttin der Schrift, die Nabu den Platz räumen musste, gleichgesetzt. Im Tempel Esagila, dem bekanntesten Tempel zu Ehren Marduks besaß sie einen eigenen Schrein. In Persien wurde sie mit Anahita gleichgesetzt und später mit Artemis. Als Mondgottheit handelt es sich hier um eine Gottheit, die ebenso Tod und Wiederauferstehung kennt.

Das Akitu-Neujahrsfest in Ur
In Ur war das Akitu-Neujahrsfest ein Fest zu Ehren von Nana, das zum Frühjahrsäquinoktium stattfand. Das Hauptthema war der Einzug der Mondgottheit Nanna in ihre Stadt. Der Einzug wurde auch durch den wachsenden Mond symbolisiert. Aufgrund der Verbindung des wachsenden Mondes mit dem Körper der Frau gehe ich persönlich davon aus, dass im Beginn hier vor allem die weibliche Form der Gottheit geehrt wurde und womöglich der Vollmond (die volle Kraft des Mondes) das Datum des Einzugs darstellte. Deshalb könnte ich mir auch vorstellen, dass dieses Fest zum ersten Vollmond nach dem Frühjahrsäquinoktium stattfand. Als Fest einer Mondgottheit wäre es logisch, dass der Mond einen besonderen Stand (Neumond oder Vollmond) haben sollte für das Fest.
Die Statue der Gottheit (die auch die Gottheit selbst verkörperte und ursprünglich evt. wie bei der Heiligen Hochzeit auch durch einen Priester dargestellt wurde) verließ in einer kleinen Prozession die Stadt um für eine gewisse Zeit im speziell gebauten Akitu-Haus zu leben. Dann kehrte sie mit einer sehr großen Prozession zurück in die Stadt, setzte die Administration der Stadt wieder ein beschloss durch Orakel das Schicksal der Stadt für das neue Jahr. Nanna erreichte die Stadt über Wasser in ihrem Mond-Rundboot. Da in Mesopotamien die Mondsichel waagrecht am Himmel zu sehen ist, wird der Mond auch mit den Hörner eines Stieres, einem Bogen und eben einem Rundboot in Verbindung gebracht.

Nana’s Reise nach Nippur
Später wurde das Fest von Nippur, dem religiösen Zentrum Sumers übernommen. Hier fanden in soweit Veränderungen statt, als dass Enlil, der Hauptgott von Nippur Einzug hielt. Schließlich übernahm fast jede Stadt dieses Fest als Anlass den Einzug der Hauptgottheit der Stadt szenisch zu wiederholen.  
Durch den Mythos „Nana’s Reise nach Nippur“ zeigt sich auch, dass das Akitu-Fest mit der Fruchtbarkeit in Verbindung steht. Jedes Jahr segelt Nana mit seinem Himmelsboot voller Tiere und Ernteerträge nach Nippur. Dabei hält er bei allen Städten und wird von den dortigen Königen gegrüßt, bis er schließlich Nippur, Stadt des Enlil, seines Vaters erreicht. Unklar ist, ob dies im Anschluss an das Akitu-Fest stattfand oder zu einem anderen Zeitpunkt. Es könnte auch als Erklärung dienen, warum andere Städte den Brauch des Einzugs ebenfalls übernommen haben. Es könnte aber auch einfach Nippur als religiöses Zentrum Sumers stärken. Ich gehe aber aufgrund der Verbindung hier mit der Fruchtbarkeit davon aus, dass im ursprünglichen Neujahrsfest ebenso Hinweise auf die Fruchtbarkeit die mit dem Einzug kommt Bezug genommen wird.

Nana und der Mondstier
Dass der Himmelsstier ein Symbol der Nana ist, wurde schon vorher berichtet. So wird Nana in die Näher einer sehr ursprünglichen Göttin gerückt, die der Beschreibung von Joseph Campbell mit der Kosmischen Mutter als Himmelskuh sehr nahe kommt. Meiner Meinung nach könnte dies ein Hinweis auf die oben diskutierte rein weibliche Form der Nana sein.  Interessanterweise wird die spätere Herrin des Himmelsstieres, die Göttin Inanna, Tochter des Nana (männlich) und der Ningal (Mondgöttin, Gattin der Nana). Aus der Zeit des 3. Jahrtausend stammt auch ein Terrakotta-Relief, das den Mondstier zeigt. Dieser erwacht immer wieder zum Leben und wird immer wieder von einem löwenköpfigen Sonnenadler verzehrt. Seine Vorderhufe ruhen auf einer auffallenden Form, die wie die späteren kretischen Weihehörner aussehen. Ähnliche Hörner werden auch auf Altären im Asherahkult gefunden. Die Vorderhufe des Stieres befinden sich auf einem Berg, der den Mystischen Urberg Ki – Die Erdgöttin – darstellt. Dies zeigt deutlich, dass der Mondkult zu dieser Zeit noch ein wichtiges Element war und trotz der stattfindenden Vermännlichung des Universums gewisse sehr ursprüngliche Elemente Parallel noch vorhanden waren. Es ist wichtig zu wissen, dass in diesen wärmeren Regionen die Sonne gefährlich war und der Mond das wichtige Tauwasser brachte und so mit der Fruchtbarkeit der Erde in Verbindung stand.

Der Mondkult in Kanaan
Das Land Kanaan war im fruchtbaren Halbmond das kleinste Gebiet und lag strategisch in der Mitte, indem es die beiden großen Nachbarn Ägypten und Mesopotamien miteinander verbindet. So wurde Kanaan häufig von unterschiedlichen Mächten erobert.
In der Mitte des 2. Jahrtausend vuZ ging die kanaanitische Kultur schließlich unter und es entwickelten sich neue Kulturen: Phönizier und Israeliten.
Jenny Kien konnte aufzeigen, dass 3000 – 2800 vuZ, als der Mondkult in Ur und Harran dominant war, Abraham und Sarah den Mondkult nach Kanaan brachten. Sie stellt auch die interessante Hypothese auf, dass Sarah und Abraham die Göttin und der Gott selbst seien. Tatsächlich ist die zu dieser Zeit in Ur und Harran dominante Mondgöttin die weibliche Nana. Die Autorin geht davon aus, dass Nana mit Asherah und Sin sich mit El verband. Wichtig dazu ist die Tatsache, dass sie somit wahrscheinlich auch das Fest der Nana nach Kanaan brachten. Auch der Ishtar-Kult war zu Salomos Zeiten und später verbreitet und der berühmte König Salomo hatte einen Asherah-Kultpfahl im Tempel aufstellen lassen.  


Fazit
Es zeigt sich ein Mondkult mit einem Fruchtbarkeitsfest zum Äquinoktium. Die Mondgottheit hält nach einer Zeit der Abwesenheit Einzug in die zu schützende Stadt und bringt die Fruchtbarkeit mit sich. Sie steht mit einem Mond-Himmelsstier in Verbindung. Ihr Ehrenfest ist eindeutig der Vorläufer des späteren Akitu-Festes in Babylonien zu Ehren des Gottes Marduk.



Das Akitu-Fest im assyrischen Reich
Im 8. Jahrhundert vuZ, in assyrischer Zeit finden wir Marduk wieder Hauptakteur des Fests des Anfang des Jahres. Der Name Marduk wurde so heilig, dass dieser nur unter seinem Beinamen Bel (Herr) genannt werden konnte. Klingt vertraut? Richtig, die Juden haben es später mit JHVH genauso gemacht, dieser Name Gottes wurde ebenso nicht ausgesprochen, sondern an seiner Stelle wurde Adonai gesagt, was gemeinhin mit „Herr“ übersetzt wird.

Das Akitu-Fest wurde vom 1. – 11. Nisannu abgehalten. Da das erste Akitu-Fest in Verbindung mit einer Mondgottheit abgehalten wurde, gehe ich persönlich davon aus, dass das ursprüngliche Fest 13 oder 15 Tage umfasste, wie es 13 Monde innerhalb eines Jahres gibt oder wie ein halber Mondmonat dauert. Quellen habe ich dazu keine gefunden. Zu Zeiten der Großherrschaft Marduks hat der Mondkult bereits stark an Bedeutung verloren und die Solaren Aspekte wurden stärker betont, so dass 12 Feiertage für die 12 Sonnenmonate logischer erscheinen. Die Zahl 11 erscheint mir einfach merkwürdig in diesem Zusammenhang. Sie wird auch nicht über Marduks heilige Zahl erklärt, welche die 50 ist.


Das Fest beginnt mit ein paar Tagen ritueller Reinigung, Gesänge und Gebete.
Am 4. Tag schließlich reist der König zuerst zum Nabu Tempel in Babylon und dann nach Borsippa, wo das Enuma Elish, der babylonische Schöpfungsmythos rezitiert wird.
Am nächsten Tag erhält der König die Nabustatue und macht sich mit ihr auf den Weg zurück. Vor der Statue des Marduks findet eine Erniedrigung des Königs statt, in der er auch gefragt wird, ob er gesündigt habe. Anschließend wird das Orakel befragt, dass eine glorreiche Zukunft für Babylon verheißt. Es folgt ein weiteres Ritual mit dem heiligen Himmelsstier der Göttin Ishtar.
Am 6. Tag kommt es zu einem Schaukampf im Tempel des Kriegsgottes. Zur Dämmerung erreichten weitere Götterstatuen Babylon, die alle mit großem Jubel empfangen wurden. Es folgte rituelle Reinigungen.
Am 8. Tag schließlich kommt es zum Höhepunkt: alle Statuen werden aus ihren Tempeln geholt und dem Volk präsentiert. Die Götter erweisen Marduk ihre Ehre und schwören ihm Treue. Prozessionen folgen. Der ältere Gott Enlin (als Vater des Marduk verstanden) wird lächerlich gemacht und es scheint, als würde er den Gott des alten Jahres darstellen.
Am nächsten Tag wird die Beute der Kriegszüge den Göttern dargeboten.
Am 10. Tag vollzieht der König die rituelle Heilige Hochzeit mit der Göttin Ishtar.
Am letzten Tag treten die Götter ihre Heimreise an.
Das ursprüngliche Fest der Gerstenernte mit Tammuz und Ishtar ist hier rein zu einem Ritual zur Verstärkung der Königswürde geworden zu sein.

Das Akitu-Fest wurde unter dem römischen Kaiser Heligabalus 218 – 222 uZ zu Ehren des Gottes Elagabal noch weitergeführt. Elagabal war eine Syrische Gottheit die kurzzeitig in Rom zur Staatsreligion erhoben wurde. Interessanterweise verbindet sich dieser in einer Heiligen Hochzeit mit der Kriegsgöttin Al-lat und der Venusgöttin Al-Uzza, die mit Aphrodite gleichgesetzt wurde.

Ein zusätzlicher Brauch, der nicht innerhalb des Staatsritus aufzutauchen scheint ist der des Nisannu-Brotes. Die erstgebackenen Brote werden als Dankopfer den Göttern dargebracht.
Unklar ist, in wie weit nebst der Staatsreligion und dem Königskult nicht doch ursprüngliche Feierlichkeiten mit Bezug auf die Gerstenernte stattfanden, im Sinne einer Volksreligion nebst dem Staatskult.



Fazit
Hier begegnen uns die Veränderungen die das Neujahrsfest durch die Jahrtausende durchgemacht hat. Am stärksten ist die Veränderung im babylonischen Akitufest deutlich, wo der Aspekt der Fruchtbarkeit gegenüber der Königswürde und Herrschaftsbekundungen eines einzelnen Gottes in den Hintergrund getreten ist. Das ursprüngliche Fruchtbarkeitsfest hat sich allerdings weit in der Levante und darüber hinaus verbreitete und Bräuche daraus waren, wie das Nisannu-Brot zeigt, nebst dem Staatskult Parallel vorhanden.


Das ägyptische Shemu
Dieses ägyptische Fest kann auf 2700 vuZ zurückverfolgt werden. Der Name stammt von Shemu, was Tag der Schöpfung bedeutet oder Erneuerung des Lebens und ein altes ägyptischen Erntefest darstellt. Allerdings kann Shemu einigen Quellen zufolge auch eine gesamte Zeit (März – Juni) darstellen, so dass meinerseits einige Unsicherheit besteht, in wie weit das Fest tatsächlich so hieß.

Dr. Mohamed Ibrahim Bakr bestätigt, dass das Fest mit dem Frühlingsäquinoktium  zusammenfiel, was früher als Beginn der Schöpfung betrachtet wurde. Hier gibt es unterschiedliche parallele Mythologien: In anderen ägyptischen Mythen beginnt die Schöpfung zur Nilflut ungefähr Mittsommer, wenn Sothis am Himmel sichtbar wird. Nach einer der ägyptischen Schöpfungsmythologien entstand die Welt aus einem Gänseei. Möglich, dass es auch hier eine Verschiebung gab, wie z.B. beim früheren sumerischen Akiti-Fest.

Laut Plutarchs Annalen brachten die Ägypter ihren Göttern an diesem Tag gesalzenen Fisch, Salat und Zwiebeln. Die Fische sollten eine fruchtbare Ernte sichern, da sie durch ihre Laiche als Symbol der Fruchtbarkeit gelten.

An diesem Fest wurden auch Eier bemalt und in die Tempel gehangen als Zeichen des sich erneuernden Lebens. Diese bemalten Eier aus pharaonischer Zeit könnten direkte Vorfahren unserer Ostereier sein.

Da sich die Juden zu diesem Zeitpunkt im ägyptischen Exil befanden, können wir mit Sicherheit sagen, dass sie dieses Fest mitgekriegt haben und ebenso die Symbolik des Ei in diesem Zusammenhang.
Ich konnte keine Quelle finden für die Farbe der Eier. Müsste ich raten würde ich auf Zinnoberrot oder rötliches Ocker tippen, da dies sehr früh genutzte Farben in der Tempelmalerei waren. Das Ei steht symbolisch für die Schöpfung des Lebens, als dessen Farbe früher Rot im Zusammenhang mit dem Menstruationsblut gesehen wurde. Ocker wird bereits von den Neandertalern bei kultischen Riten genutzt, was leicht zu beschaffen und sehr verbreitet war.
Interessanterweise wurde die Sphinx auf der Ebene von Giza so gebaut, dass sie zur Aufgehenden Sonne zur Frühjahrstagundnachtgleiche zeigt.


Fazit
Für unsere Betrachtung bezüglich des Osterfestes ist hier die Bedeutung des kosmischen Eis wichtig. Interessant, das auch hier ein Hinweis auf den Sonnenaufgang gegeben wird.

 


 

Quellen:
Campbell
, Joseph: Mythologie des Westens: Die Masken Gottes
Campbell, Joseph: Mythologie des Ostens: Die Masken Gottes
Campbell, Joseph: Mythlogie der Urvölker: Die Masken Gottes
Frymer-Kensky, Tikva: In the Wake of the Goddesses. Women, Culture and the Biblical transformation of Pagan Myth
Foster, Benjamin R.: Before the Muses. An Anthology of Akkadian Literature
Dever, William G.: Did God have a wife? Archaeology and Folk Religion in Ancient Israel
Jacovsen, Thorkild: The Treasures of darkness. a history of mesopotamina religion
Kien, Jenny: The battle between the moon and the sun. The separation of women's bodies from the cosmic dance Heba Bizzari,
Fatteen : Sham el Nessim Egypt Spring Festival
Parpola, Simo: The Assyrian tree of life
G. Azarpay Nana, the sumero-Akkadian Goddes of Transoxiana
wikipedia.de

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